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Girl

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Titel: Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Thomas
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Punkt angelangt, ist der Selbstmord nur noch eine Formalität. Zu zerstören ist da nicht mehr viel.
    Ich habe noch eine Packung Schlaftabletten aus dem Krankenhaus. Das Fläschchen enthält etwa zwanzig Tabletten. Ich denke, mit einer Flasche Wodka runtergespült, sollte das reichen. Und von wegen, ade, du grausame Welt. Dann schon eher: Verpiss dich.

17. Dezember
    Nicht schon wieder. Ich erwachte gestern auf der gleichen Station des gleichen Krankenhauses, in dem meine Leidensgeschichte begonnen hat. Wie es scheint, hatten Mike und Caroline sich im Club gestritten. Sie kamen früh nach Hause und fanden mich bewusstlos und schon blau im Gesicht auf dem Fußboden im Badezimmer.
    Als ich wieder zu mir kam, hatte ich solche Halsschmerzen, dass ich kaum schlucken konnte, und mein Bauch brannte höllisch. Sie mussten mir den Magen ausgepumpt haben.
    Ich blickte mich um. Eine meiner früheren Bettnachbarinnen winkte verstohlen zu mir herüber. Demnächst würden sie wohl eine Wiedersehensparty für mich geben. Und wo wir gerade bei Dejä-vu-Erlebnissen sind – sogar Jackie hatte heute Dienst.
    »Nicht Sie schon wieder hier.« Sie lächelte, als ich aufwachte.
    Ich rang mir ein gequältes Grinsen ab. »Manche Typen gehen bis zum Äußersten, um an ein Date zu kommen.«
    Sie sah mich traurig an und schüttelte den Kopf. »Sie haben es immer noch nicht verstanden…?«
    Ich hatte nicht genügend Zeit herauszufinden, was sie damit meinte, denn im nächsten Moment kamen eine uniformierte Polizistin, die eine dunkle Jacke in der Hand hielt, und ein Typ in einem billig aussehenden Anzug und einem dünnen Mantel darüber herein. »Er ist also wieder bei sich?« fragte der Mann.
    »Das ist hier die Frauenstation«, sagte Jackie. »Hier gibt’s keine männlichen Patienten.«
    »Hören Sie«, sagte der Mann, »er hat ein männliches Geburtszeugnis, einen Männernamen, und wenn er eingebuchtet wird, wandert er in einen Männerknast. In meinen Augen ist er damit eindeutig ein Mann … richtig?«
    Er trat an mein Bett. »Sind Sie Bradley Barrett?« fragte er.
    »Ja.«
    »Mein Name ist Inspektor Gordon Alliss. Ich leite die Ermittlungen im Fall der Anzeige eines Mr. Jonathan Petersham, wohnhaft in London SW3, der zu Protokoll gegeben hat, Sie hätten ihn gestern gegen Mitternacht auf der Battersea Bridge überfallen.«
    Bevor ich darauf antworten konnte, hatte Jackie sich eingeschaltet. »Ich denke, das dürfte kaum möglich gewesen sein, Inspektor. Bradley wurde heute Nacht um ein Uhr von seinem Mitbewohner mit einer beinahe tödlichen Dosis Schlaftabletten im Magen auf dem Badezimmerboden gefunden. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, sich selbst umzubringen, als dass er anderen Leuten etwas angetan haben könnte. Und wenn Sie jetzt bitte …«
    Der Inspektor schenkte ihr keine Beachtung. Er schnippte nur mit dem Finger in Richtung der Polizistin, die ihm die Jacke reichte.
    »Gehört die Ihnen?« fragte er.
    »Sieht ganz so aus«, sagte ich.
    »Und dieses Portemonnaie mit diversen Kreditkarten, Führerschein, Mitgliederausweisen für Videoclub und Fitnessstudio … gehört das auch Ihnen?«
    »Ja.«
    »Nun, vielleicht können Sie uns dann auch erklären, wie das alles in den Besitz von Mr. Petersham gekommen ist, der behauptet, die Jacke an einem Lampenmast auf der Battersea Bridge gefunden zu haben, kurz nachdem ein unbekannter Attentäter mit anscheinend weiblicher Figur, aber männlichen Gesichtszügen ihn mit der Faust ins Gesicht geschlagen und ihm das Knie in die Leistengegend gestoßen hat?«
    »O Gott…«, stöhnte ich.
    »Kommt Ihnen bekannt vor, stimmt’s?« fragte der Inspektor sarkastisch. »Langsam dämmert’s Ihnen… wie?«
    »Hören Sie«, sagte ich. »Ich kann das alles erklären.«
    »Nur zu«, sagte Alliss. »Ich bin ganz Ohr …«
    Also erzählte ich ihm die ganze Geschichte, angefangen von der Fahrt zum Spiel in Stamford Bridge, über das traumatische Erlebnis auf der Herrentoilette, das Besäufnis im Pub, bis hin zum kleinen Disput auf der Battersea Bridge. Wem das zu dick aufgetragen scheint, der hätte nur mal einen Blick in die ›Sun‹ von heute Morgen werfen sollen.
    Und das kam so. Die Polizei hatte auf meinen Bericht hin von einer weiteren Strafverfolgung abgesehen. Sie wiesen Mr. Petersham – der sich als Mitglied der Konservativen im Stadtparlament entpuppte – darauf hin, dass es seiner politischen Zukunft nur abträglich sein könne, wenn er vor Gericht aussagen müsse und zu erklären

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