Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Girl

Girl

Titel: Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Thomas
Vom Netzwerk:
mit diesen weißen Stöckeln, die bei dir Beine heißen, quer durch London latschen. Ganz egal, ob du zu spät zum Lunch erscheinst, ich besorg dir jetzt erst einmal ein Paar Strümpfe.«
    Mit der Rolltreppe ging es ein Stockwerk tiefer. Zuerst steuerten wir die Strumpfabteilung an, wo Lol mir ein Paar Fogal-Strümpfe in Zartrosa andrehte. Sie heißen Provokation* und sind schlichtweg himmlisch, aber sie haben auch fünfundzwanzig Pfund gekostet. Das muss man sich einmal vorstellen. Fünfundzwanzig Mäuse nur für ein Paar Seidenstrümpfe! Ich wurde in den Aufenthaltsraum für das Personal geschoben, um sie anzuziehen, dann raus aus dem Laden und über die Straße zu Charles Jourdan.
    Lorraine, die offenbar sämtliche Verkäuferinnen im Stadtzentrum Londons mit Namen kennt, brüllte gleich durch den Laden: »Hey, Maggie! Hast du was in Größe 41, das zum neuen Jasper-Conran-Kostüm meiner Freundin passt?«
    Maggie hatte genau das Richtige. Und ungefähr drei Minuten später tippelte ich in bezaubernden Riemchen-Sandaletten aus Wildleder die Old Brompton Road entlang, dankte Gott für meinen Gehunterricht und betete um ein Taxi.
    Ich stand am Straßenrand und streckte den Arm aus. Ehe ich mich versah, hatte sich ein halbes Dutzend Taxis um mich versammelt. Ich stieg in das erstbeste, schenkte den anderen ein freundliches Lächeln und kam gerade mal fünfzehn Minuten zu spät zum Lunch.
    Man sieht nicht alle Tage, wie ein ganzes Restaurant zum Stillstand kommt. Auch wenn es ziemlich nach Angabe klingt, aber genau das passierte, als ich bei Daphne’s durch die Tür trat. Mein Haar saß perfekt, mein Kleid war das eleganteste in ganz London, und während der Oberkellner mich quer durch den Speisesaal an den Tisch mit den drei wartenden Herren im Anzug führte, kam ich mir vor wie ein Filmstar.
    Ich gab Clive einen kleinen Begrüßungskuss auf die Wange und warf den anderen beiden Luftküsse zu. »Sauberer Auftritt, Jackie«, sagte Clive, »stimmt’s nicht, Gentlemen?«
    Sie stimmten bereitwillig zu. Der Mensch von der ›Mail‹ war Charlie, der gleiche, der damals nach meinem Selbstmordversuch bei mir im Krankenhaus gewesen war. »Ich möchte Sie innerhalb der nächsten zwei Wochen im Foto Studio haben. Egal bei wem, Bailey, Snowdon, Demarchelier, Sie haben die freie Wahl. Hauptsache, ich bekomme rechtzeitig zum Ascot-Rennen eine farbige Modeseite für unsere Zeitung.«
    »Modeling geht natürlich extra«, sagte Clive.
    »Davon gehe ich aus«, sagte der Reporter. »Aber solange uns kein anderer in die Quere kommt, soll mich das überhaupt nicht stören.«
    »Da ist noch was«, sagte Clive plötzlich ernst. »Ich nehme an, bis jetzt hat noch keiner daran gedacht, aber der Zeitpunkt rückt näher, wo wir uns mit St. Swithin’s handelseinig werden müssen. Wir wissen alle, dass sie ohne jede Chance sind, aber das heißt nicht, dass wir nicht vorsichtig sein müssten.
    Jacquelines Image ist ungemein wichtig. Also, keine schlüpfrigen Aufnahmen und keine vieldeutigen Hinweise, worum es in dem Buch gehen wird. Was auch immer wir unternehmen, Gentlemen, es darf nichts sein, was unsere kleine Dame um ihren gerechten Lohn bringen könnte.«
    Erstaunlich. Ein elegantes Kleid, und schon ist man nur eine ›kleine Dame«. Ich beugte mich über den Tisch, tunkte die Spitze meiner Serviette in sein Mineralwasser und sagte: »Clive, Sie ungezogener Junge, Sie haben sich ja Ihre schöne neue Krawatte total mit Suppe bekleckert.«
    19. Mai
    Heute Abend saßen Mike und ich vor dem Fernseher und sahen uns ein Länderspiel an. Ich habe allerdings kaum auf das Spiel geachtet. Ich hatte einen fantastischen neuen Nagellack passend zu meinem Jasper Conran gekauft, den ich gleich ausprobieren wollte. Aber Mike war wie immer ganz bei der Sache: eine Dose Bier in der einen, während die andere Hand Richtung Bildschirm zeigte.
    »Erschieß dich, Schiri«, brüllte er, »das deutsche Sack Gesicht war meilenweit im Abseits. Das war niemals ein Tor.«
    Er drehte sich zu mir. »Sieh dir das an«, sagte er. »Für sämtliche Spieler war es eine eindeutige Fehlentscheidung. Sogar Platt meckert rum, was er sonst nie macht.«
    Ich hatte gerade meine linke Hand fertig und blies über die feuchtglänzenden, pinkfarbenen Nägel. Ich blickte zum Fernseher hoch, sah den englischen Kapitän und sagte: »Weißt du, ich finde David Platt echt knackig.«
    Mike sah mich an, als hätte ich ihm eine runtergehauen. Wir haben uns zusammen Fußballspiele im Stadion

Weitere Kostenlose Bücher