Girl
in Hookham Grange von meiner gesichtschirurgischen Operation erholte.«
Es war offensichtlich, dass Pinkney kurz vor dem Herzinfarkt stand. Also versuchte ich ihn zu beruhigen. »Seien Sie unbesorgt. Sollte die Geschichte jemals vor Gericht kommen, was nicht der Fall sein wird, weil die Beteiligte nie auch nur ein Wort darüber verlieren wird, so wird meine Psychiaterin, Dr. Jenny Fielden, dem hohen Gericht genau das erzählen, was sie auch mir erzählt hat.
Sie sieht meine Situation als vergleichbar mit der eines jungen Mädchens, das in die Adoleszenz eintritt und zum ersten Mal mit ihrer Sexualität konfrontiert wird. Sie ist davon überzeugt, dass die ganze Begebenheit typisch für die Art des Experimentierens ist, wie man sie von pubertierenden Jugendlichen erwartet, und dass es in absolut keinem Bezug zu meiner eigentlichen Sexualität steht. Aber, wie gesagt, das ist alles ohne Bedeutung, weil ich hundertprozentig sicher bin, dass Jan – so heißt meine Freundin – nie darüber reden wird.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher«, sagte Pinkney. »Ihr Vertrauen in ihre Diskretion ist bewundernswert. Aber die Erfahrung lehrt, dass Vertrauen bei Gerichtsprozessen ein sehr unsicherer Faktor ist. Gleichwohl schließe ich mich Dr. Fieldens Sichtweise an, und dem Gericht wird es sicher nicht entgehen, dass Sie bis vor kurzem ein gesunder junger Mann mit konventionellen Vorlieben waren. Es besteht, meiner Meinung nach, kein Grund, warum diese Vorlieben sich von einem Tag auf den nächsten geändert haben sollten. Was also könnte es noch geben…?«
»Vielleicht denken sie, dass ich schon genügend Geld kassiert habe und auf das Schmerzensgeld verzichten kann.«
»Nein, das kann es nicht sein. Die Tatsache, dass Sie Ihre Verdienstmöglichkeiten auf günstigste Weise wahrgenommen haben, schwächt das Gewicht der Klage nicht im geringsten. Sie haben Ihren Arbeitsplatz verloren, der Ihre hauptsächliche Erwerbsquelle bedeutete, und Sie hatten immense Kosten zu tragen, die Ihnen als unmittelbare Folge der Operation entstanden sind. Was die Finanzen betrifft, habe ich keinerlei Vorbehalte.«
»Könnte es wegen Dr. Mandelson sein?« überlegte ich laut. »Er sagte, seine Anwälte seien besorgt, weil er die zweite Operation unentgeltlich an mir vornehmen wollte.«
»Und? Hat er das?«
»Nein, ich habe die Rechnung bezahlt. Obwohl mein Scheck an ihn bislang noch nicht eingelöst wurde.«
Pinkney überlegte einen Moment. »Es ist sicherlich nicht ganz einleuchtend, warum Sie ausgerechnet von dem Mann operiert werden wollten, der am Anfang des Prozesses steht. Wenn er denn so ein Kurpfuscher ist, werden die Leute fragen, warum sich da noch einmal in seine Hände begeben?«
»Aber er ist kein Kurpfuscher. Die Qualität seiner Arbeit ist unbestritten. Wenn Sie eine Geschlechtsumwandlung vornehmen lassen wollen, sind Sie bei ihm an der besten Adresse. Nur hatte ich nicht darum gebeten. Nachdem mir keine andere Möglichkeit blieb, und ich wusste, dass ich um eine zweite Operation nicht herumkam, war es nur vernünftig, zu dem zu gehen, der mich bereits kannte.«
»Nicht schlecht, Miss Barrett, meine uneingeschränkte Anerkennung, vielleicht sollten Sie zum Anwaltsberuf wechseln. Sie scheinen Talent auf diesem Gebiet zu haben.«
»Sie vergessen da was. Ich habe früher Anzeigenflächen verkauft. Ich verstehe was von Verarschung.«
»Wie wahr, wie wahr. Nur sind wir der Lösung noch keinen Schritt nähergekommen. Ich fürchte, wir müssen uns auf einen Gerichtsprozess einlassen. Wir können beim gegenwärtigen Stand der Dinge unmöglich alles fallenlassen, obwohl ich Sie fairerweise gleich davor warnen möchte, dass im Gerichtssaal mit harten Bandagen und ohne jede Rücksichtnahme gekämpft wird. Sie müssen sich also darauf einstellen, dass jeder Aspekt Ihres Lebens ans Licht gezerrt und einer überaus strengen und peinlichen Befragung unterzogen wird.
Bevor ich also die Anwaltschaft beantrage und in den Fall selbst einsteige, erscheint es mir nur fair, Ihnen die Möglichkeit zu geben, es sich anders zu überlegen. Sie haben bis zum jetzigen Zeitpunkt erhebliche Kosten auf sich genommen, aber die sind bei weitem nicht vergleichbar mit dem, was bei einem Prozess vor dem High Court auf Sie zukommt.«
Pinkney erhob sich von seinem Stuhl und kam um den Schreibtisch herum. Er setzte sich mir gegenüber auf die Tischkante und legte mir väterlich seine Hand aufs Knie. »Mein liebes Mädchen… Sie haben in den vergangenen
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