Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Girlfriend in a Coma

Girlfriend in a Coma

Titel: Girlfriend in a Coma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
Vom Netzwerk:
mußte der Notarzt kommen. Meine Eltern und meine Schwestern waren völlig verängstigt. Es war wirklich schlimm.«
    Richard steht im Eingangsbereich und wartet, während ich durch das Haus schwebe. Ein neuer Fernseher hier, eine Mikrowelle da, ein paar Kühlschrankmagneten, aber ansonsten ist das Haus noch genauso, wie ich es verlassen habe. Ich nähere mich der Treppe, aber Richard sieht mich an. »Bist du sicher, daß du das durchstehst, Jared?“
    »Mir geht's gut. Hauptsache, du bist hier. Laß uns raufgehen.«
    Er bleibt hinter mir, und wir betreten mein altes Zimmer, jetzt ein Nähzimmer. Dann schaue ich in das alte Badezimmer, das Zimmer meiner Schwester und schließlich in das Zimmer meiner Eltern. »Laß mich zuerst reinsehen«, sagt Richard. Ich erwidere, das sei nicht nötig, aber er bleibt hart. Er stößt die braune Tür auf, wirft einen Blick hinein, erbleicht und geht dann auf Zehenspitzen wieder raus. »Matscher. Ich fürchte, ich muß dir sagen, daß es da drin ziemlich gruselig ist.«
    »Ich muß es sehen.« Ich gehe hinein, Richard hinter mir, und ich sehe die mumifizierten Überreste meiner Eltern, die mit dem Bettzeug und der Matratze verschmolzen sind. »Tut mir leid, Mann«, sagt Richard.
    »Schon gut. Das ist der Lauf der Natur.« Ich gehe durch das Zimmer - Fotos von mir hängen an der Wand, sie haben sie nie abgenommen - und ich sehe den Handabguß, den ich im Kindergarten fabriziert habe. »Wo sind denn deine Eltern, Richard?«
    »Sie sind in ihrem Camry am Douglas-Grenzübergang. Linus und ich sind letzten Sommer einmal über Nacht dort hingefahren und haben ihr Auto gefunden. Wir wollten ihre Überreste beerdigen, aber es war einfach nicht ... ahm ... möglich. « Ich schaue mich noch etwas im Zimmer um. »Es wird draußen dunkel«, sagt Richard. »Ich muß jetzt los - um den Mount Baker noch zu sehen. Willst du mitkommen?“
    »Ich möchte noch ein bißchen hier bei meinen Eltern bleiben. Ich wünschte, es gäbe etwas, das ich dir zum Abschied geben könnte«, sage ich, »ein Geschenk - ein kleines Wunder, das ich für dich geschehen lassen kann. Gibt es irgend etwas, das du dir wünschst oder was du brauchst?« Richard, der jetzt in der Auffahrt steht, sagt: »Nein. Es klingt lächerlich, aber ich habe alles, was ich brauche. Bist du sicher, daß du hierbleiben willst?«
    »Ich bin sicher. Auf Wiedersehen, Richard. Danke, daß du mit zu meinen Eltern gekommen bist.«
    »Schon gut. Dank dir, daß du Karens Beine geheilt hast.
    Wann kommst du wieder?«
    »In zwei Wochen.«
    »Also bis dann, Kumpel.«
    »Wiedersehen, Alter.«

  31
Eine Idee wird siegen
    Ich war nie ein »Konversationsgenie«, als ich jung und lebendig war. Meistens konnte ich mich in Gesellschaft mit einem Achselzucken und einem Lächeln durchmogeln. Und um ein Mädchen kennenzulernen, brauchte ich nur es nur so lange anzustarren, bis es den Blick abwandte, und darauf achten, daß ich selber nicht mit der Wimper zuckte. Das klappte immer. Doch jetzt habe ich die Gabe der Klarheit und Direktheit. Was ist Klarheit?
    Versuch dich an das komische Gefühl im Kopf zu erinnern, wenn du eine allzu schwere Matheaufgabe lösen mußtest: dieses leise Summen in den Ohren, eine Schwere zu beiden Seiten des Kopfes und die Empfindung, als würde dein Gehirn in deinem Schädel zucken wie ein Fisch auf dem Trockenen. Dieses Gefühl ist das Gegenteil von Klarheit. Doch für viele Menschen meiner Zeit wurde es, als sie älter wurden, zum vorherrschenden Gefühl ihres Lebens. Es war, als wäre der Alltag im zwanzigsten Jahrhundert zu einer unlösbaren Algebragleichung geworden. Deshalb hat Richard getrunken. Deshalb haben meine alten Freunde ihr Leben damit verbracht, sich mit allem möglichen, von Hustensaft bis Crystal Meth, zuzuknallen. Alles, um dieses entnervende Summen einzulullen.
    Seit meinem letzten Besuch sind zwei Wochen vergangen. Der Himmel ist klar, aber es riecht nach Rauch, und eine feine Asche unidentifizierbarer Herkunft regnet herab. In der Küche des Hauses spielen Wendy und Pam Solitaire auf PCs, die von einem Honda-Generator mit Strom versorgt werden. Ihre Haare sind schmutzig - Linus, immer noch halb blind, bekommt die Wasserpumpe nicht wieder in Gang. Ihre Stimmen sind kratzig von dem wechselhaften Wetter und den Erkältungen, die offenbar immer noch auftauchen, obwohl es gar keine Bevölkerung mehr gibt, die sie verbreiten kann. Ihre Körper sind in mit Hunderten von Bulgari-Edelsteinbroschen geschmückte

Weitere Kostenlose Bücher