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Girlfriend in a Coma

Girlfriend in a Coma

Titel: Girlfriend in a Coma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Elementares wie eine Geburt durchmachen, ohne etwas davon mitzubekommen? Kaum daß Mrs. McNeil ihre Nase gegen die Glasscheibe der Säuglingsstation preßte und dem Baby zugurrte, während ihre Beine einen unfreiwilligen Cha-Cha-Cha tanzten, war Karen für sie so gut wie vergessen. »So was Großes! So was Rosiges! Und guck mal, wie sie strampelt ... Hallo, meine kleine Schnuckelballerina. So was Hübsches. Es geht doch nichts über einen Kaiserschnitt, wenn das Baby einen schönen runden Kopf haben soll.« Mom und ich standen daneben und sahen gebannt zu, wie Lois einen ganzen Schwall solch zuckriger Rührseligkeiten in Richtung Baby posaunte. Aber schließlich war unsere Kleine ohne jeden Zweifel ein ganz bezauberndes Baby - bezaubernd und mein. Vielleicht würde sie sogar das Jahr 2100 erleben.
    Vielleicht würde sie die Welt retten. Ich klopfte ans Fenster und sagte: »Gu.« Sie sah mich an, und schon gehörte ich ihr. So schnell ging das.
     
    Hinterher beschloß Lois, wir sollten die Geburt feiern, und durch irgendeine makabre Kapriole des Schicksals wählte sie dafür das Restaurant auf dem Gipfel des Grouse Mountain, nur einen Schneeballwurf entfernt von der Stelle, an der meine Tochter gezeugt worden war.
    »Sind das wirklich nur neun Monate gewesen?« fragte ich meine Mutter mit gedämpfter Stimme, als die Gondel über die Mittelstütze schaukelte. Ich war zum erstenmal seit Dezember wieder auf dem Berg. »Ja.«
    »Es kommt mir vor wie neun Jahre.“
    »Du bist noch jung.«
    »Ist das nicht unglaublich?« fragte ich. Ich blickte auf die kleinen Lichter hinunter, die unsere Häuser darstellten. »Wundervoll, nicht wahr? Wir werden sehr viel Spaß haben«, sagte meine Mom.
    Wir betrachteten den Cleveland Dam und den kühlen schwarzen Stausee dahinter. Wieder suchte ich in dem Fischernetz aus bernsteinfarbenem Gefunkel unter uns unser Haus. Mom fragte mich so leise, daß die anderen es nicht hören konnten: »Vermißt du Karen manchmal, Richard?“
    »Ja. Ständig.«
    »Das hab' ich mir gedacht. Oh, guck mal, da ist unser Haus.« Ein blechernes Knarzen in der Lautsprecheranlage setzte uns darüber in Kenntnis, daß wir gleich an der Bergstation anlegen würden. Im Restaurant wurde mir von der Höhenluft und einem Glas Weißwein etwas duselig. Während des Essens fühlte ich mich eher als Fruchtbarkeitssymbol denn als Vater; meine Vaterrolle schien nichts weiter als eine Fußnote zu sein. Man stieß auf das Baby an, aber nicht auf mich; wenn man zuviel Aufhebens um mich gemacht hätte,. hätte man damit gleichzeitig zuviel Aufhebens, um Tabuthemen wie Sex unter Minderjährigen und uneheliche Kinder gemacht. Dad fragte: »Hat schon jemand über einen Namen nachgedacht?«
    Ich platzte heraus: »Megan. Ich meine, ich finde, Megan ist ein guter Name.«
    Lois sah mich freundlich an und sagte: »Ja, ich glaube, Megan ist genau der richtige Name«, und dann schenkte sie mir das erste aufrichtig warme Lächeln, das ich je von ihr bekommen hatte. Später, als sie zur Toilette gegangen war, erzählte uns George: »Wir hatten vor etwa zehn Jahren eine Fehlgeburt. Es war ein Mädchen, Lois hatte sich bereits für den Namen Megan entschieden. Wußtest du das, Richard?“
    »Nein. Der Name ist mir gestern in einem ... Traum eingefallen.« Lieber nicht das Wort »Vision« benutzen. »Na, wenn das kein glücklicher Zufall ist. Was für ein schöner walisischer Name. Darauf stoßen wir an!« Und so bekam unsere Tochter den Namen Megan Karen McNeil.
     
    Die ersten paar Monate mit Megan vergingen für mich wie im Fluge, nicht jedoch für Lois, die fast ununterbrochenes Schreien, Kreischen, Heulen und Plärren ohne jede Klage, wie man ihr zugute halten muß, ertrug. Mom sagte, Megan muß für eine derart analfixierte Frau wie Lois, die kaum etwas anderes zu tun hatte, als Eulen-Schnickschnack zu sammeln und wenig anspruchsvolle Psychospielchen mit ihrem Schoßhund zu spielen, ein Geschenk Gottes gewesen sein. Obwohl ich nur als Samenspender fungiert hatte, so war ich doch ebenso ein stolzer Papa, auch wenn ich diesem Stolz nicht gebührend Ausdruck verleihen konnte. Ich widerstand dem Drang, mit der zweifelsohne unendlichen Wunderbarkeit meiner Tochter hausieren zu gehen, bevor eine mindestens einjährige »Nachrichtensperre« verstrichen war. Sooft sie konnte, schob Lois Megan zu uns herauf, wo Megan dann gurgelte, schnalzte, gluckste und kiekste wie jedes andere Baby auch. Auf diese Weise hatte meine Mutter die Gelegenheit, das

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