Girlfriend in a Coma
Hochgefühl der. Großmutterschaft beunruhigend früh zu erleben, und sie wirkte immer ein wenig erleichtert, wenn Megans Kinderwagen sich wieder entfernte.
In jenem September schrieb ich mich für einen Wirtschaftslehrekurs am Capilano College ein. Ich war wegen Megan und Karen immer noch ziemlich durcheinander und froh, meine Zeit auf produktive Weise verbringen zu können. Unser Erwachsenendasein, wie gut oder schlecht es auch sein mochte, nahm mit voller Fahrt seinen Lauf. Keine Spaziergänge in der freien Natur mehr, wann immer wir Lust darauf hatten. Keine Schule mehr, die man schwänzen konnte. Statt dessen Miete, Stromrechnungen und Steuern. An die Stelle pubertärer Wunschvorstellungen von einem Job auf Hawaii oder einer Zukunft als Ski-Profi traten jetzt Hochglanzbilder von wildem, tabulosem Sex und dem abenteuerlichen Leben in der Großstadt. Wendy war, wie nicht anders zu erwarten, fest entschlossen, Ärztin zu werden, und wechselte daher auf die andere Seite der Stadt zur University of British Columbia. Pam arbeitete weiterhin als Model. Linus spielte am liebsten mit Funken, Gasen und Flüssigkeiten herum, und das tat er an der University of Toronto.
Hamilton und ich waren die einzigen, die kein Ziel hatten »Stell dir mal vor, du bist vierzig, Richard«, sagte Hamilton, der zu der Zeit als Verkäufer bei einem Radio-Shack-Laden in Lynn Valley arbeitete, damals zu mir, »und plötzlich kommt jemand an und sagt: ›Hi, ich möchte Ihnen Kevin vorstellen. Kevin ist achtzehn, und er wird von jetzt an alle beruflichen Entscheidungen für Sie treffen.‹ Also, ich würde ausflippen. Du nicht? Aber so läuft das eben - irgendein Achtzehnjähriger trifft die großen Entscheidungen für dich, an denen du ein Leben lang zu knabbern hast.« Er schüttelte sich. Kurz vor Weihnachten zogen wir fünf uns regenfeste Wanderkleidung an und machten uns auf zu einer Erkundungstour durch das Gebiet an der Bahnstrecke oberhalb des Eagle Harbour. Gleiswandern war eine Beschäftigung, die uns allen Spaß machte, denn sie verband den Reiz des Illegalen mit der Schönheit des unverbauten Meerblicks. Hinzu kam der Pulp-Fiction-mäßige Kitzel, möglicherweise im Gebüsch auf eine Leiche zu stoßen.
Der Kies des Bahndamms knirschte unter unseren Füßen. Linus trödelte herum und unterhielt sich mit Wendy über Kreosotmoleküle. Hamilton trieb sie lautstark zur Eile an: »Kommt schon, Kinder, Pammie hat heute extra Schuhe mit flachen Absätzen angezogen. Wir wollen doch nicht, daß sie diese Entscheidung bereut.« Gleich würden wir einen zwei Meilen langen Tunnel durchwandern, eine Aussicht, die uns stets mit einem verführerischen Angstgefühl erfüllte, selbst wenn wir Neun-Volt-Taschenlampen dabeihatten. Im Tunnel begann uns sogleich die Stille in den Ohren zu dröhnen; ich frage mich manchmal, warum Stille einem so laut vorkommt. Als wir etwa eine Meile weit waren, sagte Hamilton: »Bleibt stehen und macht die Lampen aus.« Gesagt, getan. Wir standen da und sogen die Dunkelheit ein. Unsere einzige Lichtquelle war ein Bic-Feuerzeug in Pams Hand, und dann sagte Hamilton: »Eins, zwei, drei ... Attacke!« Augenblicklich bildeten die vier einen Halbkreis um mich. Aus ihren verschränkten Armen, der schiefen Körperhaltung und den geschürzten Lippen sprach eine gewisse Frostigkeit. Nur Wendy schaute etwas unsicher drein; sie hatte die ganze Zeit Bescheid gewußt.
»Okay, Paps«, sagte Pam. »Was geht hier vor? Uns hättest du's doch wenigstens sagen können. Wir sind ganz schön sauer auf dich, Richard Dad.«
Hamilton sagte: »Versuch nicht, dich rauszureden, Dickie.«
Selbst Linus war verärgert: »Wir ... ahm ... haben die Kleine gesehen, Richard. Megan, mein' ich. Wir haben Lois im Park Royal getroffen. Es war einfach nicht zu übersehen. Das heißt - außer, du hast es mit Lois getrieben, was ich bezweifeln möchte. Also, was ist passiert?«
Ich saß in der Falle. Na schön. »Okay, Leute. Ich geb's zu, okay? Ja, das Kind ist von Karen und mir.« (»Wir haben's ja gewußt, wir haben's ja gewußt!«) »Megan ist am 2. September geboren - genau wie Karen. Sie ist vollkommen gesund, aber Karens Zustand ist unverändert. Sie ist nicht etwa während der Geburt aufgewacht oder so. Vermutlich wacht sie gar nicht wieder auf.«
Unsere Atemgeräusche klangen so, als säßen wir Tausende von Metern unter der Meeresoberfläche in einem Bathyscaph und suchten nach dem Schmuck, den Karen einst vom Deck des
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