Girlfriend in a Coma
wenn zwei... Drogensüchtige hier im Zimmer liegen. Sie sind der denkbar schlechteste Einfluß für Karen, und schau dir Hamilton doch bloß an. Was für ein grauenhafter Anblick, wenn man gerade nach siebzehn Jahren Schlaf erwacht, ist. Für so was muß es doch irgendeine Anordnung geben.«
»Lois«, sagt Wendy, »ich mußte all meine Beziehungen spielen lassen, um sie hier hereinzubekommen. Glauben Sie vielleicht, das war einfach?«
»Aber sie sind so ... igitt .«
»Ich sag's noch mal, Lois - es wird ihnen guttun, zusammenzusein. Sie alle brauchen etwas, das sie wieder aufrichtet.“
»O Gott. Das ist doch eine Halluzination«, sagt Hamilton. »Hi, Hamilton«, antwortet Karen. »Mit wem bist du eigentlich zum Abschlußball gegangen?«
Pam, die immer noch nicht wieder ganz im Bilde ist, zuckt hoch, als sie die Stimme hört - Karen ist von McDonald's zurück. »Karen? Du bist hier! «
»Hi, Kinder«, sagt Karen. »Wie war der Abschlußball? Ich hab' ihn verpaßt. Wie ihr wißt.«
»O-oh ..., du wirst es nicht glauben; Hamilton ist mit Cindy Webber gegangen. Ein Computer-Date. Ich bin mit Raymond Merlis gegangen.“
»Nein!“
»Doch, und -«
»Ich hatte kein Computer-Date«, wirft Hamilton ein. »Ach, halt die Klappe. Dich wollte doch keine haben.“
»Hat Raymond für den Abend Keith abgeschnitten?« Keith nannten sie die einzelne Strähne drahtiger Haare, die aus einem Leberfleck in Raymond Merlis' Gesicht wächst. Sogleich fallen Pam und Karen wieder in ihr älteres, jüngeres Ich zurück und schnattern wie exotische Vögel auf einem Mangobaum. Pam steigt mühsam aus dem Bett und stolpert auf Karen zu, aber ihr ganzer Körper schmerzt, und sie kann sich nicht aufrecht halten. Ihre Knie geben nach. Das Aktivkohlegranulat, daß sie vorhin bekommen hat, scheint wie ein Haufen Stahlkugeln in ihren Dickdarm gesackt zu sein. Hamilton ist derweil übel geworden. Er fühlt sich, als läge er bei kabbeliger See auf einem Pier. Er erbricht Halloween-Schokolade und tote Martinis in einen Spuckeimer, während seine Muskeln sich anfallartig verkrampfen, und er spürt, wie ein verheerender Durchfall naht.
»Nur damit du's weißt, Kare«, sagt Pam. »Keith war auch mit.«
»Wendy«; Hellt Lois. »Das ist ja widerlich. Die beiden sind krank. Ich muß wirklich protestieren.“
»Krankheit gehört zum Leben, Lois.«
» Mi scusa, Herrschaften -« Pam beginnt zu schwitzen und bekommt Schüttelfrost, sie fühlt sich immer schlechter. Hamilton braucht schon wieder dringend einen Schuß, bei Pam ist es nicht ganz so schlimm, aber bald wird auch sie soweit sein. »Ihr könnt nicht behaupten, wir seien langweilig.« Im Hintergrund sagt Lois: »Also gut, Frau Doktor Chernin. Ich rufe meinen Anwalt an. George? Ruf meinen Anwalt an.«
»Lois, sei still«, sagt George.
Karen ist seit mehreren Tagen wach und hat nur selten Gelegenheit gehabt, mit ihren Gedanken allein zu sein. An den ersten beiden Tagen herrschte solch ein Trubel, daß sie Wendy bitten mußte, alle außer Mom, Dad, Richard und Megan aus dem Zimmer auszusperren. Pam und Ham sind jetzt fort; sie hat den Raum ganz für sich. Sie schaut auf ihren Körper hinunter - in Flüssigkeit marinierte Knochen, die nur ansatzweise ihrem Willen gehorchen. Sie hat bereits drei Pfund zugenommen, und sie findet, das ist ein schlechter Scherz. Sie hebt die Hand dorthin, wo einmal ihre Brüste waren, doch sie stößt nur auf Pergament und Knochen. Sie stößt ein quiekendes Geräusch aus und seufzt.
Sie mustert ihr Krankenhauszimmer, ihre Welt, fast identisch mit dem Zimmer, in dem sie bei ihrer Blinddarmoperation in der dritten Klasse lag. Wo ist sie nur siebzehn Jahre lang gewesen? Welche andere Welt hat sie besucht? Sie ist wütend auf sich, weil sie sich nicht erinnert. Ihr Koma war traumlos, aber sie weiß; daß sie an einem realen Ort war. Nicht dort, wo man hingeht, wenn man stirbt - an irgendeinem anderen Ort. Sie denkt zurück an die vorige Woche, die Woche vor dem Koma, und sie erinnert sich, daß sie von Dunkelheit verfolgt wurde. Dunkelheit? Was? Bruchstücke fallen ihr wieder ein. Sie hat versucht, einen Weg zu finden, die Dunkelheit zu überlisten. Und am Ende hat sie den kürzeren gezogen. Mist.
Sie versucht den Arm zu heben, aber es kommt ihr vor, als versuche sie, einen Telefonmast zu stemmen. Megan, ihre »Überraschungstochter«, wird bald dasein, um ihr bei den Stretch-Übungen zu helfen. Megan, Lois und Richard wechseln sich ab. Offenbar müssen ihre
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