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Giselles Geheimnis

Giselles Geheimnis

Titel: Giselles Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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Selbstbeherrschung.

4. KAPITEL
    Die Leuchtanzeige des kleinen Weckers neben ihrem Bett zeigte Giselle, dass es halb drei Uhr morgens war, doch sie fand keinen Schlaf. Wie hätte sie schlafen können, nach dem, was passiert war? Sie hatte nicht die geringste Ahnung, warum Stefano sie geküsst hatte, sie konnte nur annehmen, dass es eine Art Bestrafung hatte sein sollen. Weil er wütend über ihre Unterstellung gewesen war, er hätte sie austricksen wollen.
    Was hatte er denn erwartet? Er hatte doch von Anfang an klargemacht, dass er nicht mit ihr zusammenarbeiten wollte. Er hatte sogar deutlich gesagt, er würde nur darauf warten, dass sie einen Fehler machte, damit er sie rauswerfen konnte. Unter solchen Umständen wurde jeder misstrauisch sein.
    So wie sie es sah, war ihr Misstrauen völlig berechtigt. Er war nur so wütend geworden, weil sie nicht in die Falle getappt war, die er für sie aufgestellt hatte. Sollte dieser Kuss seine Art gewesen sein, sie zum Gehen zu bewegen? Könnte sie doch nur! Könnte sie ihren Arbeitsgeber doch nur bitten, Stefano einen anderen Planungsleiter zur Seite zu stellen.
    Auf dem Nachhauseweg hatte sie sich eine Zeitung besorgt, in der verzweifelten Hoffnung, wie durch ein Wunder einen anderen Job in den Stellenanzeigen zu finden, der ihr einen Ausweg bieten würde. Sie hatte auch im Internet in den Jobbörsen gesucht, doch die Wahrheit war, dass im momentanen Wirtschaftsklima niemand neue Leute einstellte. Sosehr sie es auch hasste, es zugeben zu müssen – mit der Gehaltserhöhung von Stefano Parenti würde es ihr praktisch unmöglich sein, in ganz London einen ebenso gut bezahlten Arbeitsplatz zu finden.
    Auch wenn sie ihren Stolz jeden Tag würde überwinden müssen, um den Fuß über die Schwelle der Parenti-Organisation zu setzen, und trotz ihres Verdachts, dass Stefano alles tat, um sie zum Aufgeben zu bringen … sie würde durchhalten müssen, das war sie ihrer Großtante schuldig. Ohne Tante Maude … Giselle wagte nicht einmal, daran zu denken, was mit ihr geschehen wäre, hätte die Tante sie nicht zu sich genommen und ihr einen sicheren Hafen geboten.
    Großtante Maude war so herzlich und liebevoll gewesen, hatte sie behütet und beschützt. Dennoch hatte Giselle die Gesprächsfetzen der Erwachsenen aufgefangen, hatte die wissenden Blicke und das Kopfschütteln gesehen, sobald man merkte, dass sie anwesend war. Und dann hatte sie gewusst, dass man über sie redete und dass der Verdacht immer da war. Als Kind hatte sie Albträume gehabt, gespenstische Stimmen hatten sie angeklagt, und Geisterhände hatten sie in die Dunkelheit gezerrt.
    Es war nie offen ausgesprochen worden, doch Giselle wusste, dass die Großtante ihr Geheimnis kannte. Wie hätte sie es nicht kennen sollen, war Giselle doch der direkte Grund für den Tod ihrer Mutter und ihres kleinen Bruders und der indirekte für den ihres Vaters, auch wenn die Tante die Details vielleicht nicht kannte – dass Giselle ihrer Mutter absichtlich nicht gehorcht hatte, dass sie den Kinderwagen losgelassen hatte, um vom Bürgersteig aus zuzusehen, wie er auf die Straße rollte und umfiel. Und dann ihre Mutter, die verzweifelt versucht hatte, den Wagen wieder aufzurichten, bis der Lastwagen herangedonnert war …
    Jetzt würde sie auf keinen Fall mehr Schlaf finden. Sie hatte Angst vor den Erinnerungen, die sie dann heimsuchen würden. Sie durfte diese dunkle Straße nicht hinuntergehen, sie wusste, welches Entsetzen am anderen Ende auf sie wartete.
    Könnte ihr Leben doch nur anders sein. Gäbe es doch nur die starken Arme eines liebenden Mannes, von dem sie sich trösten lassen konnte. Eines Mannes, der verstand und vergab und sie trotz allem, was geschehen war, liebte.
    Gäbe es doch nur einen Mann, einen Liebhaber, dessen Verlangen sie vor der quälenden Sehnsucht ihres Körpers beschützen konnte, vor der Sehnsucht, die sie in Stefanos Armen überfallen hatte, die sie in Flammen gesetzt und nahezu verbrannt hatte.
    Aber einen solchen Mann gab es nicht. Es würde ihn niemals geben. Denn ein solcher Mann, den sie lieben und mit dem sie eine so große Intimität teilen wollte, wäre ein Mann, in dem der Wunsch nach den traditionellen Dingen des Lebens wohnte – nach einer Beziehung, nach festen Versprechen, nach Kindern.
    Kinder! Ein Schauer erfasste Giselle. Sie durfte niemals Kinder haben. Daher durfte sie auch niemals eine feste Beziehung mit einem Mann eingehen. Denn das hieße, den Mann, den sie liebte, in die

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