GK0042 - Das Rätsel der gläsernen Särge
klammerten sich um die rissige Mauerkrone. Hinter ihm keuchten die Ghouls heran.
Der Reporter mobilisierte alle Kräfte. In einer fast übermenschlichen Anstrengung zog er sich hoch und schwang das rechte Bein auf die Mauerkrone.
Im gleichen Augenblick waren auch die Ghouls an der Mauer. Doch ehe sie zupacken konnten, hatte Bill auch sein linkes Bein hochgeschwungen. Das Wutgeheul der Ghouls klang ihm noch in den Ohren, als er auf der anderen Seite zu Boden sprang.
Bill Conolly rannte sofort weiter. Taumelnd hetzte er durch die langen Grabreihen.
Bill wußte gar nicht, wie lange er auf dem Friedhof herumgeirrt war, auf jeden Fall stand er plötzlich vor dem großen Eingangstor. Innerhalb weniger Sekunden hatte Bill es überklettert. Von den Ghouls war nichts mehr zu sehen. Sie hatten die Verfolgung wohl aufgegeben.
Erst jetzt merkte Bill Conolly, wie fertig er war. Seine Beine schienen aus Pudding zu sein, und seine Hände zitterten wie Espenlaub. Siedend heiß fiel ihm Sheila ein. Bill machte sich die bittersten Vorwürfe, daß er seine Frau im Stich gelassen hatte. Aber wo war sie? Wer hatte sie entführt? Waren es auch Ghouls gewesen?
Bill wußte keine Antwort. Er wußte aber eins, wenn Sheila nicht so schnell wie möglich gefunden wurde, war ihr Leben keinen Pfifferling mehr wert. Allein dieser Gedanke ließ Bill Conolly in nie gekannte Panik fallen. Es dauerte Minuten, bis er sich wieder beruhigt hatte und klar denken konnte.
Und schließlich wurde ihm klar, was er zu tun hatte. Hier konnte nur einer helfen. Sein Freund John Sinclair!
***
»Das ist doch unmöglich«, sagte Oberinspektor Kilrain und schüttelte immer wieder den Kopf.
»Wo drückt denn der Schuh?« erkundigte sich John Sinclair grinsend. Inspektor Sinclair saß hinter seinem Schreibtisch und arbeitete an einem Bericht über seinen letzten Fall, in dem eine geheimnisvolle Gräfin die Hauptrolle gespielt hatte.
John Sinclair war sozusagen das As von Scotland Yard. Er wurde nur dort eingesetzt, wo normale Polizeimethoden versagten. Zum Beispiel bei Kriminalfällen, in denen übernatürliche Dinge eine Rolle spielten. John Sinclair hatte schon große Erfolge errungen und den Spitznamen der Geistertöter bekommen.
Oberinspektor Kilrain warf sich auf den Besucherstuhl, griff in die Tasche und holte ein Foto hervor. Er legte es vor John auf die Schreibtischunterlage mit den Worten: »Also, das ist mir in meiner 30jährigen Praxis noch nicht passiert. Und ich habe schon verdammt viel erlebt.«
Das Bild zeigte einen offenen Sarg, in dem ein Mann lag. Der Tote war grausam zugerichtet. Er sah so schrecklich aus, daß Johns Magen revoltierte.
Der Inspektor zog die Luft hörbar durch die Nase und legte die Aufnahme zur Seite.
Dann blickte er seinen Kollegen fragend an.
Oberinspektor Kilrain hatte sich inzwischen eine Pfeife gestopft und sog hastig an dem kunstvoll geschnitzten Mundstück, was sonst gar nicht seine Art war.
»Sie warten sicher auf eine Erklärung, John. Teilweise kann ich Sie Ihnen geben. Also, passen Sie auf. Wir hatten vor gut vier Wochen einen Mordfall. Der Mann dort in dem Sarg war erstochen worden. Es dauerte nur ein paar Tage, dann schnappten wir den Täter. Inzwischen lag der Tote aber schon unter der Erde. Und jetzt kommt das Tollste. Der Täter behauptete, in dem Sarg des Ermordeten hätte ein Bekannter von ihm Juwelen versteckt. Wir hielten das zwar für ein Hirngespinst, aber letzten Endes blieb uns nichts anderes übrig, als den Sarg noch mal zu öffnen. Wir fanden tatsächlich die Juwelen. Wie sie da hineingekommen sind, weiß der Teufel. Aber das werden wir auch noch klären. Was uns allerdings stutzig machte, war die grausam verstümmelte Leiche. Verdammt noch mal, John, der Mann lag erst ein paar Wochen unter der Erde. Der Tote kann nach menschlichem Ermessen noch gar nicht verwest sein. Hier muß etwas anderes vorgefallen sein. Und da Sie sich mit geheimnisvollen Fällen beschäftigen, John, will ich diese Sache gerne auf Sie abwälzen.«
Das war eine lange Rede, und Oberinspektor Kilrain lehnte sich aufatmend in seinen Stuhl zurück.
John Sinclair stand auf, steckte die Hände in die Hosentaschen, trat an das Fenster und blickte einige Minuten nach draußen.
»Wo ist dieser Mann denn begraben worden?« fragte er.
»Auf dem Welford Cemetery.«
»Was? Auf diesem alten Totenacker?« Oberinspektor Kilrain zuckte die Achseln.
»Warum nicht? Der Mann hat dort in der Nähe gewohnt. Er hieß übrigens Ben
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