GK0061 - Der Gnom mit den Krallenhänden
was Sie interessieren könnte, Madam. So, und nun gehen Sie am besten wieder ins Bett.«
John drehte den Gaffern den Rücken zu und ging zurück in die Wohnung. Als er das Schlafzimmer betrat, saß Kitty auf der Bettkante. Sie hatte das Gesicht in den Händen vergraben.
»Es ist alles vorbei, Kitty«, sagte John leise und strich ihr über das dunkle Haar.
Kitty hob den Kopf. John sah, daß sie verweinte Augen hatte.
»Mr. Sinclair«, flüsterte sie. »Was – was… war das. Die Erscheinung. Zuerst sah sie aus wie Marion. Dann kam dieser gräßliche Totenschädel… und das Messer. Sie wollte mich ermorden.«
»Niemand wollte Sie ermorden, Miss Jones.«
»O doch, Mr. Sinclair. Ich habe es genau gesehen. Wenn Sie nicht gekommen wären, dann… Mr. Sinclair, da!«
Kitty Jones schrie erstickt auf.
John wandte den Kopf.
Auf der Türschwelle stand Marion Nelson.
Neben sich hörte der Inspektor einen langgezogenen Seufzer. Kitty Jones war in Ohnmacht gefallen.
»O Gott, Mr. Sinclair«, stöhnte Marion Nelson. »Was ist passiert? Was machen Sie hier? Wie komme ich denn in unsere Wohnung?«
Das Mädchen kam mit ungläubigem Gesichtsausdruck auf den Inspektor zu.
John faßte Marion an der Schulter und drückte die völlig Verstörte auf das Bett.
»Ruhen Sie sich erst einmal aus«, sagte er lächelnd.
Marion schüttelte den Kopf. Sie blickte an sich herab und dann hin zu der ohnmächtigen Kitty Jones.
»Weshalb ist mein Kleid naß, Mr. Sinclair, und mein Haar? Was ist überhaupt geschehen?«
»Immer der Reihe nach«, sagte John leise. »Ehe ich Ihnen etwas erkläre, sind Sie an der Reihe. Erzählen Sie mir bitte, wie es Ihnen ergangen ist. Und damit Sie sehen, daß ich Ihre Lage nicht ausnutzen will, hier ist mein Ausweis.«
Staunend betrachtete Marion Nelson das Dokument. »Scotland Yard? Sie sind von…«
»Ja, ich bin.«
»Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Also, Inspektor. Alles, was ich Ihnen sagen kann, ist, daß ich nichts weiß. Mein Gehirn ist wie leergepumpt.«
John Sinclair gab so leicht nicht auf. »Miss Nelson, ich will Ihnen helfen, und Sie wollen mir helfen. Wir werden gemeinsam versuchen, Ihre Erinnerung wieder zurückzugewinnen.«
»Wenn Sie meinen Inspektor.«
»Sie sind mit Ihrer Freundin Kitty im Theater gewesen und haben sich die Vorstellung des Magiers Sourette angesehen. Stimmt das?«
Marion nickte.
»Ihre Freundin und Sie haben dort meine Bekanntschaft gemacht. Wir haben in der Pause zusammen etwas getrunken und sind dann wieder in den Zuschauerraum zurückgegangen.«
»Natürlich, Inspektor, das weiß ich ja alles noch.«
»Wunderbar«, lächelte John, »dann wird Ihnen das andere auch noch einfallen. Der Magier hatte jemanden aus dem Publikum gebeten, auf die Bühne zu kommen und ihm zu assistieren. Sie haben sich gemeldet, Miss Nelson.«
Das blonde Mädchen fürchte die Augenbrauen. Eine steile senkrechte Falte bildete sich auf ihrer Stirn.
»Ja, jetzt erinnere ich mich«, sagte sie leise. »Ich ging auf die Bühne, und…«
»Weiter, Miss Nelson. Was geschah dann?«
»Der Magier sah mich an. Er hatte so komische Augen. Man konnte sich seinem Blick einfach nicht entziehen. Er sagte, ich solle in den Kasten steigen. Ich wollte gar nicht, doch irgend etwas zwang mich dazu. Dann schloß der Magier den Kasten. Das letzte, was ich sah, war sein triumphierendes Gesicht. Mehr weiß ich nicht.«
John Sinclair war enttäuscht. »Bitte, Miss Nelson, versuchen Sie sich zu erinnern. Jede Kleinigkeit ist wichtig.«
»Es geht nicht, Inspektor.« Marion schüttelte den Kopf. »Ich – ich weiß nichts. Ich glaubte nur in einen unendlich tiefen Schacht zu fallen, und dann war… Sendepause. Ich kam erst zu mir, als ich hier in dem Badezimmer stand, Inspektor.« Marion Nelson blickte John Sinclair an. »Jetzt sind Sie mir aber eine Erklärung schuldig.«
»Ja, Miss Nelson, das bin ich.«
Mit möglichst behutsamen Worten berichtete John, was vorgefallen war.
Trotzdem wirkte sein Bericht bei Marion wie ein unsichtbarer Faustschlag. Ihre Augen öffneten sich ungläubig, und sie stammelte nur immer die Worte: »Das ist doch nicht möglich.« Marion warf einen scheuen Blick auf die ohnmächtige Kitty Jones. »Ich sollte sie ermorden. Aber das gibt’s doch nicht.«
Es dauerte lange, bis sich Marion beruhigt hatte. John schärfte beiden Mädchen noch einmal ein, ihre Wohnung nicht zu verlassen und falls etwas geschehen sollte, ihn sofort anzurufen.
Dann heftete der Inspektor vor die
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