GK0061 - Der Gnom mit den Krallenhänden
in den Tod.«
John lächelte schmal. »So schnell stirbt man nicht.«
Der Gendarm versuchte noch eine Viertelstunde lang, John von seinem Vorhaben abzubringen. Ohne Erfolg. Was sich der Inspektor einmal in den Kopf gesetzt hatte, das führte er auch durch.
Dann verabschiedete er sich von dem ängstlichen Mann und ging nach draußen.
Inzwischen war es dunkel geworden. Auf der Dorfstraße brannten vereinzelt ein paar Gaslaternen.
Die Menschen hatten sich in ihre Häuser verzogen. Es schien wirklich so, als hätten sie Angst vor dem grausamen Fluch des Magiers.
Gemächlich schlenderte John den Weg zurück. Er wollte erst zu Abend essen und sich dann auf den Weg zur Mühle machen.
Nach einigen Minuten erreichte John den Gasthof. Rechts und links neben der Tür brannten zwei Sturmlaternen.
John betrat die Gaststube und stellte sich sofort an den Tresen. Pierre, der Wirt, saß mit einigen Männern am Tisch. Sie hatten die Köpfe zusammengesteckt und flüsterten.
»He, Pierre«, rief John, »einen Calvados.«
Der Wirt drehte den Kopf. »Ah, Monsieur Sinclair. Einen Augenblick, ich komme sofort.«
Er sagte noch etwas zu seinem Nachbarn, sprang dann auf und eilte zum Tresen.
»Wir haben gerade über Sie gesprochen, Monsieur, und über Ihren Mut, den Sie an den Tag legen. Also, ich könnte das nicht.«
Pierre reichte John das schmale zylinderförmige Glas. John trank es mit einem Zug leer.
»Was ich noch sagen wollte, Pierre, meine Assistentin, war sie inzwischen schon wieder hier unten?«
»Sie meinen Mademoiselle Jones?«
»Ja, wen sonst.«
»Aber… die ist doch weggegangen.«
»Was sagen Sie da?«
»Meine Frau, Monsieur Sinclair, sie hat Mademoiselle Jones gesehen. Sie hat auch mit ihr gesprochen.«
»Was hat meine Assistentin gesagt?«
»Sie – sie wollte nur spazierengehen. Wir haben uns auch gewundert. Bei dem Wetter.«
John hatte auf einmal das Gefühl, einen Tiefschlag bekommen zu haben. Wo wollte Kitty hin? Sollte man sie zu der Mühle gelockt haben? Allein der Gedanke daran jagte John Angstschauer über den Rücken.
Der Wirt hatte kaum ausgesprochen, als die Tür der Gaststube aufgerissen wurde und ein älterer Mann mit allen Anzeichen von Aufregung im Gesicht hereingestürzt kam.
»Pierre, ich brauche einen Calvados. Ich glaube, ich habe den Teufel gesehen.«
John wurde sofort hellhörig. »Wen haben Sie gesehen?«
»Den Teufel, Monsieur. Er hatte einen Buckel und ein gräßliches Gesicht. Ich bin gelaufen, ich…«
»Wo war das?«
»Hinten im Dorf. Nicht weit von der Gendarmerie.«
Der Gendarm! Auch dessen Vorfahren waren damals bei der Hinrichtung dabeigewesen. Sollte ihn jetzt die Rache des Magiers treffen?
John verlor keine Sekunde. Mit Riesenschritten hetzte er aus dem Gasthaus, warf sich in seinen Bentley und startete.
Hoffentlich konnte er noch etwas retten…
***
Wie ein Schatten huschte der Bucklige durch den Ort!
In der rechten Hand hielt er das Beil. Seine Finger hatten sich fest um den Griff gekrallt, so als wollten sie ihn nie mehr loslassen.
Ein Fuhrwerk kam die Dorfstraße herab. Der Bucklige sah es und ging hinter einem brüchigen Gartenzaun in Deckung. Aus funkelnden Augen beobachtete er, wie das Fuhrwerk in einer Seitengasse verschwand.
Cascabel bleckte die Zähne.
Bald war es wieder soweit. Ein neues Opfer stand auf der Todesliste. Ein Mensch, dessen Vorfahren sich bei Sourettes Tod mitschuldig gemacht hatten.
Der Gnom kicherte leise.
Noch war das Opfer ahnungslos.
Die Fingerkuppen des Verwachsenen strichen über die scharfe Schneide des Beils. In Gedanken malte sich Cascabel aus, wie er sein Opfer töten würde.
Der Verwachsene löste sich aus dem Schatten des Gartenzaunes. Schnell huschte er über die Straße und schlich eng an die Häuserwände gepreßt weiter.
Eine kleine Querstraße tauchte auf. Cascabel wollte sie gerade überqueren, da stand plötzlich der Mann neben ihm.
Sekundenlang starrten sich die beiden ins Gesicht. Und plötzlich machte der Mann auf dem Absatz kehrt und rannte wie von Furien gehetzt davon.
Der Bucklige fletschte die Zähne. Ja, sie hatten alle Angst vor ihm.
Er lief weiter. Sah sich immer nach allen Seiten um.
Nach kurzer Zeit erreichte er die Gendarmerie. Im Büro des Dorfpolizisten brannte noch Licht.
Das Opfer war da!
Der Bucklige wußte, daß die Haustür immer verriegelt war. Die Hintertür war ebenfalls abgeschlossen.
Der Bucklige sprang die drei Stufen hoch und schellte. Im Innern des Hauses hörte er die
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