GK0077 - Der Blutgraf
halberwachsenen Töchtern.
Und da geschah es!
Wie ein Tier stürzte sich der Uniformierte plötzlich auf eines der Mädchen. Er krallte den Arm um seine Schulter und riß das Mädchen mitsamt Stuhl zu Boden.
Alles hatte nur Sekunden gedauert. Eine Zeitspanne, in der die Umhersitzenden wie gelähmt waren.
Dann erst gellte der Schrei der Unglücklichen auf.
Blitzschnell sprang der Vater auf, wollte sich auf den Unhold stürzen.
Ein Faustschlag fegte ihn zurück.
Noch immer lag das Mädchen schreiend auf dem Boden.
Brutal riß ihr der Unbekannte das Oberteil des Kleides herunter und stürzte sich mit einem Fauchen auf das Opfer.
Ober und beherzte Männer rannten zu dem Tisch.
Doch noch schneller war John Sinclair.
Wie eine Rakete fegte er durch die Luft und krachte dem Uniformierten in den Nacken, riß ihn damit von dem Mädchen weg.
Für Sekundenbruchteile sah John den Hals des Opfers und die beiden Bißstellen.
Damit wußte er endgültig Bescheid. Es waren Vampire auf dem Schiff.
Die beiden Kämpfenden prallten gegen den nächsten Tisch, rissen ihn um und wurden unter Schüsseln und Tellern begraben.
Normalerweise hätte das komisch gewirkt, doch diese Situation war verdammt ernst.
Die Männer waren gleichzeitig wieder auf den Beinen.
Der Uniformierte hatte den Mund aufgerissen. John sah die beiden Vampirzähne, von deren Spitzen Blut tropfte.
Der Vampir sprang auf John zu, wollte auch sein Blut haben.
Doch Inspektor Sinclair war mit allen Wassern gewaschen. Mitten in der Luft schmetterte er dem Unhold die Faust gegen den ungeschützten Kopf.
Der Schlag war mit solcher Wucht geführt worden, daß normalerweise die Schädeldecke zertrümmert sein mußte.
Nicht bei dem Vampir. Der Hieb stoppte ihn zwar, warf ihn auch zu Boden, aber aufhalten konnte er ihn nicht.
Mit zwei, drei Bewegungen hatte sich der Untote um die eigene Achse gedreht und schleuderte noch im Liegen einen Stuhl gegen John Sinclairs Brust.
Der Inspektor kippte zurück. Er hatte das Gefühl, sein Brustkorb wäre in einen Fleischwolf geraten. Pfeifend zog er die Luft ein.
Irgend jemand fing John auf. Die Menschen hatten einen Kreis gebildet, der jetzt von dem davonrennenden Vampir durchbrochen wurde.
Zwei, drei Frauen stieß er brutal zur Seite. Männer, die sich ihm entgegenstellen wollten, wurden ebenfalls weggefegt.
John rannte hinter dem Untoten her.
»Halt!« gellte plötzlich eine sonore Stimme. »Mensch, Parkinson, sind Sie verrückt?«
John sah einen etwas kleineren Mann in der Uniform eines Kapitäns in den Saal gestürmt kommen. Es war der gleiche, den er auch am Hafen gesehen hatte.
Parkinson, der Vampir, hörte nicht. Er warf noch einen Mann zur Seite und war dann verschwunden.
Jetzt war die Verwirrung erst vollkommen. Ein paar Frauen fielen in Ohnmacht, alles schrie durcheinander, und John Sinclair mußte sich förmlich durch die Menschenleiber hindurchwühlen.
Der Vampir gewann Vorsprung.
Irgendwann erreichte auch John den Ausgang. Aber wohin jetzt?
Mehrere Gänge zweigten ab. Besatzungsmitglieder kamen wild diskutierend angelaufen. Die Szene mußte sich im Nu herumgesprochen haben.
Promenadendeck, las John auf einem Schild, an dem ein Pfeil angebracht worden war.
Da sollte er es mal versuchen. Vielleicht hatte er Glück.
Eine ziemlich breite Treppe führte hinauf. Sie endete vor einer Glastür.
Die beiden Doppeltüren waren noch in leichter Bewegung. Das konnte vom Wind kommen, oder aber…
John zog die eine Hälfte der Tür auf, schlüpfte hindurch auf das Deck.
Der Wind fegte über die freie Fläche und rüttelte an den vier Rettungsbooten, die in den Ecken standen.
Das Deck war menschenleer. Ein paar Lampen brannten. Ihr Schein reichte gerade aus, um einigermaßen etwas erkennen zu können.
Mit angespannten Sinnen ging John Sinclair weiter. Das Rauschen des Windes übertönte jedes Geräusch. Er hörte nicht einmal, wie die Wellen unten gegen die Bordwand klatschten.
Natürlich hatte der Inspektor keine Waffe bei sich, mit der er den Vampir hätte bekämpfen können. Wer denkt bei einer Urlaubsreise schon an solche Überraschungen.
Johns Blick kreiste.
Die Rettungsboote! Wenn sich jemand hier verstecken konnte, dann da.
Die Boote waren mit einer graugrünen Persenning bedeckt. Regenwasser hatte sich bei dem ersten Boot, das John in Augenschein nahm, in einer kleinen Mulde gesammelt.
Der Inspektor prüfte die Verschnürung. Sie war unversehrt.
Das nächste Boot.
Zeit genug hatte der Vampir
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