GK0077 - Der Blutgraf
Sheila tot?
John nahm ihren Arm, fühlte nach dem Pulsschlag.
Ganz schwach kam die Reaktion. Für John war es der schönste Augenblick seit langem.
Ein tiefer Atemzug entrang sich seiner Brust. Wahrscheinlich stand Sheila nur unter einer Art Hypnose, aber das konnte man wieder hinbekommen.
John Sinclair steckte sich die Taschenlampe wieder zwischen die Zähne und faßte nach den Schultern der jungen Frau. Vorsichtig zog John Sheila Conolly hoch. Er wollte sie erst in Sicherheit bringen, ehe er weiter nach dem Vampir suchte.
Sheila war schwer. John hatte Mühe, sie aus dem Sarkophag zu bekommen.
Doch schließlich hatte er es geschafft. Wie ein Kind lag Sheila auf seinen ausgebreiteten Armen.
Im gleichen Augenblick schwang die Tür zurück. Von draußen aus dem Gang fiel ein trüber Lichtstreifen in den Lagerraum.
John wandte den Kopf.
Auf der Türschwelle stand eine Gestalt. Groß, wuchtig, dunkel.
John hatte den Vampir noch nie gesehen, trotzdem wußte er, daß kein anderer dort in der Tür stand.
Die Tür schlug zu. Das Geräusch war dumpf, klang irgendwie endgültig.
Wieder wurde es dunkel. Der dünne Strahl der Bleistiftlampe leuchtete in eine andere Richtung.
John hörte den Vampir näherkommen und wußte, daß ihm der alles entscheidende Kampf bevorstand…
***
Kapitän van Heeren, Dr. Fulmer und Bill Conolly kamen zu spät. Viel zu spät.
Auf der Brücke herrschte das Chaos.
Sekundenlang blieben die drei Männer an der Tür stehen, nahmen das gräßliche Bild, das sich ihren Augen bot, auf.
Johnson, der Lademeister, mußte gewütet haben wie ein Tier. Zwei Offiziere lagen auf dem Boden. Der Funker hing mit seltsam verrenkten Gliedern auf seinem Stuhl.
Nur der Steuermann war noch bei Sinnen. Er hielt eine Pistole in der Hand, deren Mündung jedoch auf den Boden zeigte. Das nackte Grauen stand in seinem Blick. Die Angst hatte ihn auf seinem Platz festgenagelt.
Der Vampir kam auf ihn zu. Ein heiseres Fauchen drang aus seinem Mund. Er wollte auch noch das letzte Opfer.
In diesem Moment griff Bill ein.
Er sprang vor. Seine Stimme gellte auf.
»Halt!«
Der Vampir zuckte zusammen und kreiselte gedankenschnell herum, um sich augenblicklich auf seinen Gegner einzustellen.
Bill hob den angespitzten Pfahl.
Aus vollem Lauf rammte er ihn dem Vampir in die Brust. Der Schlag war mit solch einer Wucht geführt worden, daß der Holzpflock bis zur Hälfte im Körper des Untoten stecken blieb.
Ein tierisches Brüllen drang aus dem Mund des Blutsaugers. Die Spitze des Pfahls hatte haargenau sein Herz durchbohrt.
Der Vampir wankte zurück, fiel gegen den wie immer noch erstarrt dastehenden Steuermann. Beide krachten zu Boden.
Wie ein Wurm wand sich der Untote. Er hatte beide Hände um den Pfahl geklammert, versuchte, ihn aus seiner Brust zu reißen.
Ohne Erfolg. Es fehlte ihm einfach die Kraft.
Die jahrhundertealten Methoden bewährten sich auch hier.
Plötzlich lag der Vampir still. Sein Gesicht, vor Sekunden noch eine Fratze, hatte einen zufriedenen Ausdruck angenommen. Johnson war erlöst.
»Mein Gott«, flüsterte der Steuermann und kam ächzend wieder auf die Füße. Er schüttelte in panischem Schrecken den Kopf, konnte nicht fassen, was er soeben erlebt und gesehen hatte.
»Mr. Conolly!«
Van Heerens Schrei ließ Bill herumfahren.
Der Funker, der vorher wie leblos dagelegen hatte, war aufgesprungen. An ihm hatte sich als erster das grauenvolle Erbe des Vampirs erfüllt.
Kreischend drang er auf den entsetzten Dr. Fulmer ein.
»Stoßen Sie zu!« schrie Bill. »Himmel, nehmen Sie den Pfahl!«
Dr. Fulmer reagierte nicht. Der Schrecken hatte ihn paralysiert.
Da griff van Heeren ein.
Der Kapitän umklammerte mit beiden Fäusten den Pflock, riß ihn hoch und rammte ihn dem Funker in den Rücken, gerade als dieser seine Zähne in die Halsschlagader des Wissenschaftlers hacken wollte.
Der wuchtige Stoß riß den Vampir um die eigene Achse. Er taumelte von Dr. Fulmer weg. Die Waffe hatte ein großes Loch in seinen Körper gerissen, doch kein Blut quoll aus der Wunde.
Der Vampir war angeschlagen, aber nicht erledigt.
»Sie müssen ihn ins Herz treffen!« brüllte Bill und lief auf den Untoten zu.
Der Vampir bemerkte die Gefahr, wollte sich seinem Gegner entgegenwerfen, doch da war Bill schon heran.
Er ließ sich sogar die Zeit und zielte genau.
Das Schreien des Vampirs endete wie abgeschnitten, als der Pfahl sein Herz durchbohrte.
Keuchend warf sich Bill herum. Noch immer lagen zwei
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