GK0077 - Der Blutgraf
war dabei sehr ernst. »Es ist ihnen etwas zugestoßen, Doktor. Aber das kann Ihnen Mr. Conolly besser erzählen.«
Noch einmal berichtete Bill über seine Erlebnisse. Die Augen des Wissenschaftlers wurden hinter den Brillengläsern immer größer. Schweiß trat auf seine Stirn. Seine Hände begannen zu zittern. Er krampfte die Finger so fest um das Glas, daß es zerbrach. Bill gab ihm sein Taschentuch, damit er sich das Blut abwischen konnte.
»Und ich bin an allem schuld«, flüsterte Dr. Fulmer erstickt. »Der Tod dieser beiden Menschen geht auf meine Kappe.«
»Unsinn«, sagte Bill. »Sie haben doch am wenigsten mit der Sache zu tun gehabt.«
Der Wissenschaftler lachte bitter.
»Das sagen Sie. Aber ohne mich wäre der Vampir doch gar nicht auf das Schiff gekommen.«
»Das verstehe ich nicht. Sie, Käpt’n?«
Titus van Heeren schüttelte den Kopf. »Nein, ist mir auch unbegreiflich.«
»Dann will ich Ihnen die Geschichte erzählen, die uns vor etwas über einer Woche in Ungarn passiert ist. Es klingt zwar unwahrscheinlich, was ich sage, aber es ist tatsächlich so geschehen.«
Zehn Minuten hörten Bill Conolly und der Kapitän schweigend zu. Schließlich starrten sie den Wissenschaftler fassungslos an.
»Verstehen Sie nun, weshalb ich mir die Schuld gebe?« fragte Dr. Fulmer.
»Zum Glück gibt es jemanden, der noch schlauer ist als dieser Untote. John Sinclair, der Geister-Töter. Ich habe ja vorhin von ihm gesprochen. Mr. Sinclair ist dem Vampir bereits auf den Fersen. Aber daß wir hier nur rumsitzen sollen, das sehe ich auch nicht ein. Was meinen Sie, Käpt’n?«
»Da kennen Sie mich schlecht, Mr. Conolly. Beteiligen wir uns an der Jagd.«
»Ich glaube, ich kann Ihnen eine große Hilfe sein. Schließlich weiß ich, wo der Sarkophag steht.«
»Der Doc hat recht«, sagte van Heeren. »Wir hätten sonst erst die Frachtpapiere durchwühlen oder die falschen Lagerräume durchstöbern müssen. Kommen Sie mit uns, Dr. Fulmer.«
Bill war auch einverstanden. »Aber wir gehen nicht waffenlos«, schränkte er ein.
»Sie meinen wir sollen uns Holzpfähle mitnehmen, Mr. Conolly.«
»Genau, Käpt’n.« Bill stand auf. »Kommen Sie mit in meine Kabine. Wir schrauben die Beine von dem Duschhocker ab und spitzen sie an, so lächerlich sich dieses auch anhört.«
Sie standen auf und eilten durch die Gänge. Ein scharfes Messer führte der Reporter immer mit sich. Die Waffen herzustellen, war kein Problem.
»So«, sagte Bill, als sie jeder einen Pfahl in der Hand hielten. »Wir wollen doch mal sehen, ob wir nicht stärker sind, als diese verdammte Teufelsbrut.«
Sie verließen die Kabine. Der Kapitän ging als erster. Er kannte sich schließlich auf dem Schiff aus.
Doch es sollte alles ganz anders kommen.
Ein Matrose rannte plötzlich auf die Männer zu.
»Käpt’n!« schrie er schon von weitem. »Käpt’n, Sie müssen sofort kommen!«
»Was ist denn los, zum Teufel?«
Schwer atmend blieb der Matrose stehen. In seinen Augen flackerte die Angst. Er zitterte am gesamten Körper.
»Käpt’n, auf der Brücke – es ist… der Lademeister. Er wütet wie ein Irrer. Wir haben geschossen, doch die Kugeln… sie… sie töten ihn nicht!«
***
Minuten später kam Johnson, der Lademeisters zu sich. Im ersten Augenblick wußte er nicht, wo er sich befand. Doch dann sah er eine brennende Lampe am Boden liegen und konnte seine Umgebung erkennen.
Er war im Lagerraum.
Johnson stand auf. Eine nie gekannte Kälte hatte sich in seinem Körper breit gemacht, aber gleichzeitig spürte er auch die Sucht, die in ihm aufstieg.
Die Sucht nach Blut.
Johnson leckte sich die Lippen. Seine Zungenspitze stieß gegen die beiden Vampirzähne.
Seltsam, ihm machte es nichts aus, zum Vampir geworden zu sein. Im Gegenteil, er freute sich darüber.
Johnsons Blick glitt über den Sarkophag. Irgendwie kam er ihm vor wie ein alter Freund.
Dann sah er die Tür. Dort war der Ausgang.
Die Augen des Vampirs blitzten, als er die Tür ansteuerte. Sie ließ sich leicht aufziehen.
Ein dunkler Gang nahm ihn auf. In einer kleinen Nische befand sich die Notbeleuchtung.
Johnson drückte den Kippschalter.
Trübes Licht erhellte daraufhin den Gang.
Der Lademeister erreichte die Treppe, stieg sie Stufe für Stufe nach oben.
Männer kamen ihm entgegen. Sie gehörten zur Besatzung des Maschinenraumes.
Abermals überfiel ihn die Sucht nach Blut. Aber ein Instinkt hielt ihn davon ab, diese Männer anzufallen. Es waren zu viele.
Der Vampir
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