GK0077 - Der Blutgraf
seinen Jahresurlaub beendet, dann war der unheimliche Fall mit den Skeletten dazwischengekommen – und nun dies.
Einfach unfaßbar.
John Sinclair hatte sich bei seinem Chef, Superintendent Powell, noch einmal genau erkundigt, ob das auch keine Ente war. Es war keine, wie Powell versicherte. Er hatte sogar von höchster Stelle die Anweisung bekommen, John diesen Sonderurlaub zu gewähren. Der Fall mit den Skeletten mußte wohl doch weite Kreise gezogen haben.
Ganz wohl war John Sinclair allerdings bei der Sache nicht. Aber anscheinend hatten Geister und Gespenster mal eine Ruhepause eingelegt.
Aber John sollte sich irren…
Gerade zur rechten Zeit waren Bill Conolly und seine Frau Sheila gekommen. Die beiden hatten drei Karten für eine Schiffsreise zu den Bahamas.
Selbstverständlich hatte John zugesagt. Die Koffer brauchte er gar nicht erst auszupacken.
An einem Freitagmorgen sollte die Fahrt losgehen. Allerdings von Amsterdam aus.
Diese Strecke wollten die drei Freunde mit dem Zug fahren.
John wollte gerade noch eine Dusche nehmen, als das Telefon klingelte.
Murrend hob der Inspektor ab.
»Na, alter Geister-Killer«, hörte er Bill Conollys Stimme. »Schon im Reisefieber?«
»Was willst du«, brummte John. »Denk daran, daß ich Junggeselle bin und packen muß. Bei dir erledigt das ja deine Frau. Aber unsereins…«
»Hör auf zu stöhnen. Du brauchst doch nicht zu packen. Ich habe übrigens einen Freund heißgemacht, der…«
»Du bist doch nicht etwa verkehrt herum geworden?«
»Wieso?«
John lachte. »Ich meine, Freund heißgemacht und so.«
Bills Knurren hörte sich an wie das Liebesgeflüster eines Pumas. »Wenn wir uns ja nicht so gut kennen würden, also dann…«
»… würdest du mir mitteilen, was du mir sagen wolltest.«
»Natürlich. Paß auf. Wir brauchen nicht mit dem Zug nach Amsterdam. Ein Freu… Bekannter fliegt uns mit seinem Privatjet rüber. Du kannst also noch an der Matratze horchen. Wir kommen morgen früh um vier Uhr bei dir vorbei. Das war’s. Schönen Gruß von Sheila. Sie freut sich besonders, daß mal keine Geister auf uns warten.«
Doch da sollte sich die hübsche Sheila Conolly gewaltig irren…
***
»Graf Tomaso«, flüsterte Dr. Fulmer. Noch immer lag der grelle Lichtschein der Lampe auf dem Gesicht des Vampirs.
Obwohl der unheimliche Graf schon seit über einem Jahrhundert tot war, war sein Gesicht weder verwest noch zersetzt. Das schlohweiße Haar lag eng am Schädel, und sein Gesicht wirkte wie aus Stein gehauen. Der Mund mit den beiden Vampirzähnen war leicht geöffnet.
Langsam wandte Dr. Fulmer den Kopf. Neben ihm stand Susan Miller. Sie hatte beide Hände vor den Mund gepreßt, als fürchte sie, noch einmal aufzuschreien.
Auch Seymour Destry war nervös. Er hatte den Blick gegen die Wand des Verlieses gerichtet, um nicht in den Sarkophag sehen zu müssen.
Dr. Fulmer faßte nach Susans Schulter.
»Kommen Sie, mein Kind.«
Die drei Amerikaner gingen nach draußen. Erst auf dem Schloßhof wurde ihnen die Tragweite ihrer Entdeckung bewußt.
»Es gibt also doch Vampire«, sagte Susan leise. Dabei wandte sie den Kopf und sah hinüber zu dem dichten Wald. Vielleicht hatte sie Angst, daß dort jemand auftauchen konnte.
»Ja, es gibt Vampire.« Dr. Fulmer vergrub sein Gesicht in beide Hände. Dann fragte er plötzlich: »Was machen wir nun?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Susan Miller.
»Und Sie, Seymour?«
Destry zuckte die Achseln. Er kickte mit der Fußspitze gegen einen kleinen Stein, der daraufhin ein Stück über den Schloßhof tanzte und erst von der Mauer abgebremst wurde. Seymour Destry hatte sich als erster wieder gefangen. Er war der Mann mit den besten Nerven.
»Ich meine, wir haben doch hier eine phantastische Entdeckung gemacht. Etwas, was noch nie geschehen ist. Wir haben die Existenz eines Vampirs nachgewiesen. Sämtliche Sagen und Legenden würden bestätigt. Gerade in unserer heutigen Zeit, wo sich die Leute nach Nervenkitzel sehnen, wo Exorzistenfilme Mode sind, wo…«
»Drücken Sie sich klarer aus, Seymour«, sagte Dr. Fulmer leicht verärgert.
»Okay, Doc. Wir sollten den Vampir mit in die Staaten nehmen.«
»Sie sind verrückt.«
Destry kreiselte herum. »Sagen Sie das nicht, Doc. Dieser Vampir bringt uns eine Menge Geld ein. Denken Sie nur an den Film über King-Kong. Der Riesenaffe wurde in New York ausgestellt. Wir könnten ebenfalls…«
»Nein, zum Teufel!« Dr. Fulmers Stimme klang endgültig.
»Ach, Sie
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