GK0085 - Amoklauf der Mumie
Wissenschaftler namens Cornelius war es gelungen, die sagenumwitterte Mumie des Königs AnChor Amon zu finden, anschließend zu bergen und sie dann noch unversehrt nach London zu bringen. Die Fachwelt stand kopf. Es gab nur ein Thema: die Mumie. Selbst seriöse Zeitungen berichteten in Schlagzeilen auf der ersten Seite von diesem Ereignis. Und morgen, am Samstag, sollte die Mumie der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Man hatte den großen Vortragssaal des Natural History Museums dafür ausersehen. Es waren noch einige Stuhlreihen hingestellt worden, um den Besucherandrang zu fassen.
Selbstverständlich waren nur Experten geladen, dazu die Vertreter der großen Zeitungen und einiger bedeutender Fachblätter. Natürlich durfte die Politik auch nicht fehlen. Noch hatte niemand außer dem Professor und seiner Assistentin die Mumie gesehen. Erst morgen, nach einem Einführungsvortrag, wollte Cornelius den Deckel hochheben und der staunenden Welt dieses Relikt aus der Vergangenheit präsentieren. Das hatte er jedenfalls vor. Doch es sollte alles ganz anders kommen…
***
Es war die Nacht vor der Eröffnung. Totenstill war es in den großen Museumsräumen. Hinter den hohen Fenstern lag die Dunkelheit über dem Park. Ab und zu rieben die kahlen Äste der Büsche gegeneinander. Dann gab es schabende, unheimlich wirkende Geräusche. McGrath, dem alten Nachtwächter, war dies alles vertraut. Schon über zwanzig Jahre versah er seinen Dienst im Natural History Museum. Zu Zwischenfällen war es kaum gekommen. Es hatten zwar Leute versucht, einzubrechen, doch die modernen Warnanlagen hatten sofort reagiert, und McGrath selbst brauchte noch nicht einmal einzugreifen. Der alte McGrath fühlte sich zwischen den Zeugen der Vergangenheit pudelwohl. Seit seine Frau gestorben war, hatte er sich das Museum praktisch als zweite Heimat ausgesucht. Er kannte jedes Teil und manchem hatte er sogar einen Namen gegeben. Für McGrath waren die Ausstellungsstücke Freunde. Von jedem Stück konnte er eine Geschichte erzählen.
McGrath machte zweimal in der Nacht seinen Rundgang. Insgesamt war er dann vier Stunden unterwegs. Natürlich hätte er auch alles in kürzerer Zeit schaffen können, aber warum?
Die übrigen Stunden verbrachte McGrath in einem kleinen Raum, den er sich durch ein paar geschickte Handgriffe nach seinem eigenen Geschmack eingerichtet und umgebaut hatte. Sogar ein Sofa hatte er sich von zu Hause mitgebracht. In der Nacht vom Freitag auf den Samstag hatte McGrath bereits seinen ersten Rundgang hinter sich. Er kramte jetzt eine Zeitung aus der Aktentasche und begann zu lesen. Natürlich berichtete das Blatt in großer Aufmachung über die geheimnisvolle Mumie. McGrath schüttelte den Kopf und blätterte weiter. »So ein Unsinn«, knurrte er, »wegen solch einer Kiste soviel Theater zu machen. Na ja, mir ist es egal. Ich bin bei dem ganzen Rummel sowieso nicht anwesend.«
Er nahm einen langen Schluck aus seiner Thermosflasche und blickte auf die an der Wand hängende Uhr.
»Wird langsam Zeit für den zweiten Rundgang.«
McGrath stand ächzend auf. Sein Kreuz tat ihm weh. Wahrscheinlich lag es an diesem miesen Februarwetter. Außerdem war er nicht mehr der Jüngste. Die Lampe hängte McGrath sich um den Hals, löschte in seiner Kammer das Licht und machte sich auf den Weg. Tack, tack, tack. Hohl hallten seine Schritte an den Wänden wider. Der starke Lampenstrahl geisterte durch die breiten Gänge und fuhr wie ein huschender Finger über Gemälde und Skulpturen. In den großen Räumen, war es nicht besonders warm. McGrath fröstelte. Er hatte in seiner Bude einen kleinen Ofen. Riesige Skelette von Vorzeittieren türmten sich vor dem Nachtwächter auf. Einige waren auch aus Kunststoff nachgebildet worden und konnten einem ängstlichen Menschen das Fürchten beibringen. Doch darüber mußte McGrath nur lachen. Die ausgestopften Tiere waren harmlos, die Menschen jedoch nicht. Die einzelnen Säle hatten untereinander Verbindungstüren, die immer offenstanden. Nur eine Tür war verschlossen, Sie führte in den Raum, in dem seit heute morgen die Mumie aufbewahrt wurde. Es gab nur wenige, die dazu einen Schlüssel hatten. Zu den Auserwählten gehörte auch der alte McGrath. Umständlich kramte er sein Schlüsselbund aus der Jackentasche, suchte einen Moment herum und hatte dann den passenden Schlüssel gefunden. Das Schloß und auch der Schlüssel bildeten eine Spezialkonstruktion. Absolut einbruchssicher, wovon McGrath
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