GK0094 - Doktor Tod
gab es nicht.
Der Inspektor faßte sich in Geduld. Irgend etwas mußte ja geschehen. Er wollte seinen Gegenspieler, Dr. Tod, aus der Reserve locken.
Minuten vergingen. Nichts passierte. John kam sich vor wie eine Katze, die vor dem Mauseloch lauerte und darauf hoffte, daß sich das Opfer hervorwagen würde.
John hatte die Lampe ausgeschaltet. Er wollte die Batterie schonen.
John wußte nicht, wie lange er so in der Dunkelheit gesessen hatte, als er plötzlich über sich ein kratzendes Geräusch hörte.
Sekundenbruchteile später erhellte ein Lichtstrahl die Dunkelheit.
Der Kegel knallte förmlich auf John Sinclair.
Der Inspektor senkte den Kopf, um nicht geblendet zu werden.
Von oben her erklang ein teuflisches Kichern. »Damit hatten Sie wohl nicht gerechnet, was, Inspektor?«
John zuckte ergeben mit den Schultern. Obwohl er sich über diese unangenehme Überraschung ärgerte, behielt er wenigstens nach außen hin die Ruhe.
»Wenn ich mich nicht irre, spreche ich mit Dr. Tod«, erwiderte John Sinclair.
»Sie irren sich nicht, Inspektor. Und diesmal, mein Lieber, haben Sie keine Chance. Sie sind mein Gefangener. Ich kann Sie von hier oben mit ein paar Kugeln abknallen, und Sie könnten gar nichts dagegen tun. Aber ich habe feinere Methoden, um mich meiner Gegner zu entledigen. Ich werde ein Experiment an Ihnen durchführen, das seinesgleichen sucht. Die Hölle wird mir dankbar sein.«
Dr. Tod hatte eine lange Rede gehalten, und John Sinclair war klar, daß dieser Mann nicht bluffte. Aber noch hatte er eine Chance. So geschockt, wie Dr. Tod annahm, war er nun doch nicht.
Blitzschnell warf sich John Sinclair zur Seite, wollte aus dem grellen Lichtkegel raus. Gleichzeitig riß er den Arm mit der Pistole hoch.
Er ahnte das pfeifende Geräusch mehr, als er es wahrnahm.
Etwas flog auf ihn zu, erwischte ihn am Kopf. Ein höllischer Schmerz zuckte durch Johns Schädel, dann sackte der Geisterjäger bewußtlos zusammen.
Triumphierend blickte Carlo auf den leblosen Körper. Er war es gewesen, der sich durch die Geheimtür geschlichen hatte. Sein Totschläger hatte ganze Arbeit geleistet.
»Gut gemacht, Carlo!« dröhnte Dr. Tods Stimme. »Und jetzt bring den Kerl in unser Labor…«
***
Das Wachs in dem großen Bottich war kochendheiß. Die Oberfläche glänzte ölig. Winzige Bläschen stiegen vom Grund des Gefäßes auf und zerplatzten.
Dr. Tod hatte seine Hände auf den Rand des Bottichs gelegt.
Der weiße Totenkopf in seinem Ring sandte ein ungewöhnliches Licht aus.
Dr. Tod spürte die fieberhafte Spannung, die ihn ergriffen hatte.
Jetzt, in wenigen Minuten würde es sich entscheiden, wer stärker war.
John Sinclair oder Asmodis.
Aber eigentlich hatte der Inspektor keine Chance mehr.
Gefesselt lag er in der Ecke. Dr. Tod hatte darauf verzichtet, ihm auch noch die Beine zu binden. Er würde sich sowieso nicht mehr wehren können.
Dr. Tod wandte den Kopf. Neben dem bewußtlosen John Sinclair standen seine beiden Diener. Carlo, der Gesichtslose, und die einzige noch existierende Wachsfigur.
Unter der glänzenden Schicht verbarg sich ein Mann, der einmal zu Dr. Tods Helfern gehört hatte.
Jeff Turpin!
Vier Messerstiche hatten ihn getötet und ihn so zu einem Dämonenopfer gemacht.
John Sinclair war anscheinend noch immer bewußtlos. Der Schlag mußte verflixt hart gewesen sein.
Dr. Tod sah ungeduldig auf seine Uhr. Ihm dauerte das alles zulange.
»Bring ihn wieder zu sich!« herrschte er Carlo an.
Carlo verschwand. Als er wieder zurückkehrte, hatte er einen Eimer mit Wasser in der Hand.
Mit einer schnellen Bewegung kippte er die Flüssigkeit über Johns Kopf.
Der Inspektor, der schon seit einigen Minuten wieder klar war und sich nur verstellt hatte, prustete. Die Schmerzen in seinem Schädel wurden durch den Wasserguß wenigstens ein wenig gelindert.
Verbissen hatte John in der ihm zur Verfügung gebliebenen Zeit an seinen Handfesseln gearbeitet. Er hatte versucht, sie ein wenig zu lockern.
Eine Hand tauchte in Johns Gesichtsfeld auf.
Der Inspektor sah die weiße Wachsschicht und schauderte unwillkürlich zusammen.
Die Finger packten zu. Fast spielerisch leicht wurde John Sinclair angehoben.
Die Wachsfigur stieß ihn vor sich her. Johns Knie waren noch weich. Er konnte sich kaum selbst auf den Beinen halten.
Dicht vor Dr. Tod blieben sie stehen. Zum erstenmal sah John das Gesicht des Verbrechers genauer. Er sah den kahlen Schädel, die eng zusammenstehenden Augen und die glatte, fast
Weitere Kostenlose Bücher