GK0098 - Bruderschaft des Satans
zusammen.
Pierre Saval trug eine leichte Windjacke und darunter ein kariertes Hemd. Seine langen Beine steckten in Jeans. Wer den Dreiunddreißigjährigen so sah, hätte in ihm nie den Bürgermeister von Billon vermutet.
Pierre Saval drückte die Zigarette aus und verzog das Gesicht.
Er hatte einen schlechten Geschmack im Mund und hätte lieber nicht rauchen sollen.
Langsam fuhr Pierre seinen R 16 an. Der Wagen war erst ein Jahr alt und wirklich Klasse. Die Sonnenstrahlen spiegelten sich auf dem dunkelgrünen Lack.
Die schmale Straße war leer. In diesen frühen Morgenstunden fuhr kaum jemand hinaus. Außerdem war es Samstag. Der Touristenstrom würde erst in einigen Stunden einsetzen.
Die Gegend war herrlich. Hohe, bewaldete Berge wechselten ab mit verträumten Tälern und malerischen Orten. Pierre genoß die Fahrt durch seine engere Heimat. Wenn er einmal Karriere gemacht hatte, war das nicht mehr so ohne weiteres möglich.
Drei Kilometer waren es noch bis Billon.
Pierre warf einen Blick aus dem Fenster.
Für einen Augenblick konnte er das verlassene Kloster dort oben auf den Felsen sehen. Selbst im Sonnenschein sah es noch düster und drohend aus.
Pierre schauderte unwillkürlich zusammen. Er kannte die Sagen und Legenden, die sich um dieses Kloster rankten, und im Gegensatz zu vielen anderen jüngeren Leuten glaubte er daran.
Noch eine große Kurve, und Pierre sah das kleine Städtchen Billon auftauchen. Malerisch lagen die schmucken Häuser im Schein der Morgensonne.
Pierre schaltete zurück, ließ den Wagen langsam rollen. Die Straße wurde breiter, der Wald trat zurück. Ein paar Scheunen tauchten auf, dann das kleine Sägewerk, und schon fuhr Pierre nach Billon hinein.
Das erste Haus in diesem Ort gehörte einem Mann namens Roger Moulin.
Pierre hatte mit ihm schon manches Gläschen getrunken, und deshalb fuhr er auch langsamer und warf einen Blick nach draußen.
Die zerstörte Fensterscheibe sprang ihm förmlich ins Auge.
Pierre bremste. Er stieg aus dem Wagen.
»Roger!« rief er. »Roger Moulin!«
Keine Antwort.
Seltsam, dachte Pierre, sonst ist er doch immer zu Hause. Er öffnete das kleine dunkelbraun gestrichene Gartentor. Ein mit Steinplatten belegter Weg führte direkt zu dem kleinen Fachwerkhaus.
Ein unbehagliches Gefühl beschlich den jungen Bürgermeister.
Auf einmal kam ihm die Gegend gar nicht mehr so nett und freundlich vor, im Gegenteil, irgend etwas war geschehen. Pierre spürte es mit jeder Faser seines Körpers.
Die Blätter der Bäume waren noch naß von dem nächtlichen Regen, während die Sonnenstrahlen die Steine schon getrocknet hatten.
Pierre verließ den Weg, schob sich an einem Gebüsch vorbei. Er wollte geradewegs zu dem zerbrochenen Fenster gehen.
Plötzlich blieb der Bürgermeister, wie vom Donner gerührt, stehen. Seine Nackenhaare sträubten sich. Die Augen weiteten sich in ungläubigem Staunen.
Vor ihm auf dem Boden lag Roger Moulin. Er lag auf dem Bauch, mit ausgestreckten Armen. Die Finger waren in das Erdreich verkrallt.
Saval ging neben Moulin in die Knie. Er streckte seine Hand aus, wollte den Mann auf den Rücken drehen.
Pierre stockte mitten in der Bewegung. Seine Augen saugten sich an dem Hals des Mannes fest.
Er sah den dunkelroten Streifen, der schon mehr einem tiefen Abdruck glich, und wußte mit einemmal, daß Roger Moulin nicht mehr zu helfen war.
Der Mann war umgebracht worden.
Pierre Saval richtete sich auf. Tausend Gedanken stürzten auf ihn ein, und in den folgenden Minuten wurde ihm einiges klar, erschreckend klar.
Roger Moulin war nicht von einem Menschen ermordet worden. Nein, für seinen Tod waren die anderen Wesen verantwortlich. Wesen, die es eigentlich nicht geben durfte und die trotzdem existent waren.
Die Teufelsmönche!
Wie kein zweiter hatte sich Pierre für die Geschichte des Klosters interessiert, kannte die schrecklichen Legenden, die sich um dieses Gemäuer rankten. Er wußte, daß längst nicht alles erfunden war, und er hatte den Beweis.
Die Würgemale!
In den alten Chroniken hatte er darüber gelesen. Die Mönche, die damals mit dem Satan einen Bund geschlossen hatten, brachten ihre Opfer auf diese Weise um.
Das war allerdings schon Hunderte von Jahren her, doch ein alter Fluch besagte, daß die Mönche niemals wieder Ruhe finden würden. Sie waren verdammt bis in alle Ewigkeiten.
Pierre wandte sich ab. Sein Atem ging gepreßt, als er sich seinem Wagen näherte.
Es war also doch wahr geworden. Die Mönche
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