GK0120 - Die Geisterhöhle
Ortes, eine Tanzgruppe und natürlich die Einwohner.
Dafür hatte man das große Zelt aufgebaut. Es stand am östlichen Rand des Dorfes und faßte einige hundert Personen. Zwei Musikkapellen waren engagiert worden, die schon am frühen Nachmittag damit angefangen hatten, die Leute durch ihre Marschrhythmen in Stimmung zu bringen.
Doch das richtige Programm begann erst am Abend. Der Nachmittag gehörte den Kindern, die sich um die zwei Karussells geschart hatten und für einige Pennys damit ihre Runden drehen konnten.
Pünktlich um neunzehn Uhr begann das Fest. Jeder Platz in dem großen Zelt war besetzt. Die gestaute Hitze trieb den Gästen den Schweiß auf die Stirn, und je mehr die Leute tranken, um so größer wurde ihr Durst und um so stärker gerieten sie ins Schwitzen. Doch das alles tat der Stimmung keinen Abbruch. Im Gegenteil, es ging erst richtig los.
Es war wie beim Aufmarsch der Gladiatoren. Hintereinander zogen die Mitglieder der zwei Kapellen ein. Stolz hielten sie ihre Musikinstrumente in den Händen. Blinkende Blechorden prangten auf den Uniformröcken, und man sah es den Gesichtern der Männer an, wie ergriffen die Musiker waren.
Kaum hatte der erste das Zelt betreten, als jemand einen Klatschmarsch anstimmte. Schon bald hallte das rhythmische Händeklatschen durch das Dorf.
Militärisch zackig marschierten die Musiker durch die engen Tischreihen bis zu ihrem Podium an der langen Querseite des Zeltes.
Ein Tusch dröhnte durch den Saal.
Und dann trat der erste Redner an das Mikrophon. Es war der Leiter der Freiwilligen Feuerwehr.
Seine Ansprache war weitschweifig und beinhaltete letzten Endes nichts. Die Menschen begannen sich zu langweilen, und einige jüngere Gäste stießen schon die ersten Pfiffe aus.
Auch Dave Lipton gefiel die Selbstbeweihräucherung nicht. Er saß mit Jenny Sheer ziemlich am Ende der langen Tischreihe.
Dave kam aus London, war aber hier in Scalford geboren. Nach der Schule war er in die Hauptstadt gegangen, da dort die Chancen wesentlich besser für ihn waren. Und Dave hatte es geschafft. Er war zur Polizei gekommen und schon mit achtundzwanzig Jahren stellvertretender Leiter eines kleinen Vorstadtreviers. Sein Verdienst war nicht schlecht, und so konnte Dave Lipton auch ans Heiraten denken.
Befreundet war der gut aussehende, schlanke Dave schon seit einiger Zeit mit Jenny Sheer, der Tochter eines Tierarztes. Sie kannten sich seit ihrem Kindesalter, und daraus hatte sich dann im Laufe der Jahre eine Freundschaft entwickelt, die schließlich mit einer Verlobung geendet hatte. Heiraten wollte man erst im nächsten Jahr, denn dann war es Dave erst möglich, an eine geeignete Wohnung zu kommen.
Obwohl Jenny – wie man im Volksmund sagt – auf dem flachen Land aufgewachsen war, sah sie wahrhaftig nicht aus wie die Hauptfigur aus einem Heimatroman. Jenny war aufgeschlossen und stets nach der neuesten Mode gekleidet. Sie trug ihr dunkelbraunes Haar in kunstvolle Locken gelegt und hatte eine Figur zum Anbeißen. Jedenfalls pflegte das Dave immer zu sagen, und der mußte es wissen.
Natürlich langweilte sich Jenny ebenfalls. Dave sah es an ihrem Gesichtsausdruck, aber da Jennys Vater zugleich einer der führenden Bürger der Stadt war, konnte Sie es sich nicht leisten, einfach wegzugehen.
Im Gegensatz zu Dave Lipton. Er beugte sich nach rechts und brachte seinen Mund dicht an Jennys Ohr. »Ich werde mal für ein paar Minuten verschwinden. Halt mir solange den Platz warm. Das Geschwafel ist ja nicht zum Aushalten.«
Jenny nickte. »Ist gut.«
Dave erhob sich behutsam und schlich über die dicken Holzbohlen des Zeltbodens nach draußen. Seinen Eintritt hatte er bezahlt und als äußeres Zeichen dafür blinkte eine kleine Plakette an seinem Hemd.
Die Zeltwächter, die auch das Eintrittsgeld kassiert hatten, hockten auf ihren Stühlen und zählten die Einnahme.
»Laßt sie euch nur nicht stehlen«, meinte Dave und grinste.
»Keine Angst. Wir wissen ja, daß du Polizist bist und auf uns achtgibst.«
Dave lachte. »Ich bin außer Dienst.«
»Ein Polizist ist immer im Dienst.«
»Wenn ihr das meint«, sagte Dave und schlenderte weiter.
Die Luft draußen war eine richtige Wohltat gegen den stickigen Mief im Zelt. Dave Lipton reckte sich, als wolle er damit seine Müdigkeit aus den Knochen schütteln. Dann fischte er nach seinen Zigaretten.
Vorhin im Zelt hatte er nicht geraucht. Die Luft war sowieso schon schlecht genug. Dave kam der Gedanke, sich Jenny zu schnappen
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