GK0120 - Die Geisterhöhle
und einfach zu verschwinden. In irgendeinen Wald gehen und dort den Rest der Nacht verbringen. Das Wetter war dafür ideal. Es hatte lange keinen so schönen Sommer gegeben.
Gedankenverloren blies Dave Lipton den würzigen Rauch in den Himmel. Er hatte sich einige Schritte vom Zelt entfernt, paßte nicht auf und stolperte über eines der Halteseile.
Dave konnte sich im letzten Augenblick noch an der Zeltplane festhalten. Die Zigarette fiel zu Boden. Der Polizist trat sie mit dem Absatz aus. Er hob den Kopf und wollte sich gerade wieder umdrehen, da sah er die beiden Gestalten.
Es waren ein Mann und eine Frau. Sie hatten sich beide mit dem Rücken gegen die Zeltwand gepreßt und beobachteten Dave aus schmalen Augen.
Dave Lipton kannte sie nicht. Aber das hatte nichts zu bedeuten, schließlich lebte er die meiste Zeit des Jahres in London und kam nur zu Besuch nach Scalford.
»Wollt ihr nicht ins Zelt kommen?« rief er.
»Ich weiß nicht, ob wir eingeladen sind«, erwiderte der Mann und kam näher.
Jetzt erkannte Dave, daß er in seinem Alter war, wenn nicht noch jünger. Und Dave kannte auch die Lederkleidung. Er wußte haarscharf, wo er den Kerl einzustufen hatte.
Sofort stellte sich der Polizist auf Abwehr ein. »Was wollt ihr hier?«
Tarras grinste schmal. Er ließ Ginny los und stand plötzlich mit zwei Sprüngen vor Dave Lipton.
»Wir brauchen ein Versteck, Kumpel, verstehst du? Nur für diese eine Nacht. Du brauchst es auch nicht umsonst zu tun. Ich bezahle es dir.«
Lipton lachte spöttisch. »Ein Rocker, der für etwas bezahlt? Sehr merkwürdig.«
In Tarras schoß wieder die Wut hoch. Aber er mußte sich beherrschen. »Okay, Kumpel, ich habe jetzt keine Lust mehr, mit dir darüber zu diskutieren, aber uns sitzt die Angst im Nacken, und wenn du nicht aufpaßt, wird es dir ebenso ergehen. Glaub mir das.«
Tarras’ Stimme klang beschwörend, und Dave war Menschenkenner genug, um zu wissen, daß dieser Rocker nicht bluffte.
»Was ist geschehen?«
»Wenn ich dir das erzähle, glaubst du es mir doch nicht. Wir werden verfolgt. Von so genannten Rockern. Aber es sind keine normalen Menschen, sondern…« Tarras’ Gesicht wurde plötzlich zur Maske. »Verdammt, da kommen sie schon!«
Dave Lipton riß den Kopf herum.
Zuerst hörte er das Dröhnen der Motoren, dann sah er die drei hellen Lichtbahnen, die von den Scheinwerfern in die Dunkelheit gestochen wurden, und den Platz vor dem Zelt taghell erleuchteten.
»Was soll das? Was…«
»Weg hier!« Tarras packte den jungen Polizisten an der rechten Schulter und zog ihn gegen die Zeltwand.
Doch da waren die Rocker schon heran.
Wie Monster aus einer anderen Welt tauchten sie auf und rasten genau auf den Zelteingang zu…
***
Die Monster-Rocker entfesselten die Hölle!
Drei mörderische Todesboten jagten in einem halsbrecherischen Tempo auf den Zelteingang zu. Der infernalische Krach der Motoren übertönte sogar den Lärm, der aus dem Zelt drang.
Auch die beiden freiwilligen Kassierer hatten den Lärm gehört. Wie aufgescheuchte Hühner sprangen sie nach draußen.
In der nächsten Sekunde schon blendeten sie grelle Scheinwerferstrahlen. Schützend rissen die Männer ihre Arme vor die Gesichter.
Die Monster-Rocker jagten auf die Kassierer zu. Staub und Dreck wurde von den durchdrehenden Rädern in dicken Wolken aufgewirbelt.
Die Männer hatten keine Chance.
Zwei grämliche Schreie mischten sich in den Lärm der fahrenden Maschinen. Wie Puppen flogen die Männer zur Seite und blieben bewegungslos liegen.
Die Rocker rasten in das Zelt.
Die schweren Maschinen fegten die kleine Holzkasse zur Seite, als wäre sie eine Streichholzschachtel. Geldmünzen klirrten über den Boden.
Dann waren die Rocker auf der Tanzfläche. Alles ging rasend schnell, und kaum einer der Festgäste begriff, was geschah.
Die Monster-Rocker jagten über die leere Tanzfläche und fuhren genau auf die Reihen zwischen den langen Tischen zu.
Vorn am Podium hatten die Musiker noch nicht mitbekommen, was geschehen war. Sie spielten weiter, bis der Motorenkrach ihre Musik übertönte.
Jenny Sheer saß am Ende der Tischreihe. Sie war genau wie die anderen aufgesprungen. Ein Rocker – es war Stiletto – fegte auf das schreckensstarre Girl zu.
Jenny kam nicht mehr dazu, auszuweichen. Sie sah den grellen Lichtkegel und einen kompakten Schatten dahinter, der ihr so groß wie ein urweltliches Ungeheuer vorkam.
Dann traf ein mörderischer Schlag ihre linke Hüfte.
Von der Wucht
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