GK0120 - Die Geisterhöhle
ihrem Mann gemeinsam bestandenen Abenteuern hatte sie dies auch bewiesen.
In Bächen lief ihr der Schweiß von der Stirn. Ein paar Käfer krochen gemütlich über ihre Hosenbeine oder hatten es sich dort bequem gemacht.
Sheila war es endgültig leid. Sie hatte schon seit geraumer Zeit die Stimmen der Rocker nicht mehr vernommen, und deshalb hoffte sie, daß ihre Entführer eingeschlafen waren oder zumindest ihre Aufmerksamkeit nachgelassen hatte.
Kurz entschlossen rollte sich Sheila von dem stinkenden Strohlager. Der Boden war schmutzig, und schon bald klebte der Dreck wie eine zweite Schicht an ihrem Körper.
Sheila blieb ein paar Minuten unbeweglich liegen und lauschte. Doch draußen rührte sich nichts. Die Monster-Rocker hatten wohl nichts gehört.
Bills Frau atmete keuchend und durch den geöffneten Mund. Sie zog die Beine an, richtete ihren Oberkörper auf und rutschte mit abgehackten Bewegungen nach hinten, auf die Hüttenwand zu.
Sie brauchte diese als Stütze, um sich aufraffen zu können. Ihre Hände waren gefesselt, und Sheila hatte nicht genügend Kraft, sich durch eigenen Körperschwung in die Senkrechte zu bringen.
Darin spürte sie die Wand.
Jetzt kam es darauf an, daß die Wand hielt!
Sheila machte den Versuch. Sie sammelte alle Kräfte, konzentrierte sich und schob sich langsam höher.
Es klappte. Sogar beim erstenmal.
Sheila fiel ein Stein vom Herzen. Stück für Stück kam sie höher.
Und mit der Zeit ging es immer besser.
Schließlich hatte sie es geschafft.
Sheila Conolly stand.
Ein befreiender Atemzug drang aus ihrem Mund. Den ersten Teil hatte sie glücklich hinter sich gebracht.
Zum Glück hatten die Monster-Rocker Sheilas Beine nicht gefesselt. Diesen Vorteil konnte Bills Frau jetzt ausnutzen.
Vorsichtig schlich sie in Richtung Tür.
Die Tür ließ sich nicht ganz schließen. Ein schmaler Lichtbalken fiel von draußen her in die Hütte.
Vor der Tür blieb Sheila stehen.
Noch einmal atmete sie tief durch. Wenn sie jetzt etwas verkehrt machte oder überstürzte, war alles verloren.
Die Tür hatte eine verrostete Klinke. Sheilas Finger schlossen sich um das Metall.
Gewaltsam zwang sich Sheila Conolly zur Ruhe. Sie hörte, wie ihr Herz gegen die Rippen hämmerte.
Es war ein Spiel auf Leben und Tod, was Sheila vorhatte. Wenn die Rocker sie erwischten, war sie geliefert. Sie ahnte aber auch, daß man sie – falls Bill auf die Bedingungen einging – ebenfalls töten würde.
Behutsam zog Sheila Conolly die Tür auf. Das war gar nicht so einfach, denn mit gefesselten Händen hatte man nicht das gleiche Gefühl wie bei einer normalen Haltung.
Millimeter für Millimeter glitt die Tür nach innen.
Noch quietschte sie nicht…
Sheila hielt inne. Durch den größer gewordenen Spalt blickte sie nach draußen.
Von den Monster-Rockern war nichts zu sehen. Verständlich, denn der Platz vor der Hütte war der prallen Sonne ausgesetzt. Wahrscheinlich hielten sich die Ungeheuer im Schatten auf, und daß Sheila einen Befreiungsversuch unternehmen würde, damit rechnete niemand.
Also weiter.
Wieder zog Sheila Conolly.
Totenstill war es, und in der Stille hörte sich das plötzliche Knarren der Tür doppelt so laut an.
Ein heißer Schreck durchfuhr die Frau. Sie ließ die Klinke los wie ein glühendes Stück Eisen.
Die Sekunden vertropften. Nichts geschah.
Die Monster-Rocker hatten tatsächlich nichts gehört.
Ein riesiger Stein fiel Sheila Conolly vom Herzen.
Sie machte weiter. Noch war der Durchlaß zu klein, noch konnte sie nicht nach draußen schlüpfen.
Doch Sekunden später hatte sie es geschafft. Wie eine Schlange zwängte sie sich durch den entstandenen Türspalt.
***
Ihr Blick flog hin und her. Keine Spur von den Monster-Rockern.
Das freudige Gefühl durchschoß Sheila Conolly wie ein Blitzstrahl. Sie machte zwei schnelle Schritte.
Obwohl die Luft hier draußen auch warm war, kam es ihr doch so kühl vor wie in einem Keller.
Sheila Conolly kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Die Blech- und Schrotthügel, von denen die Hütte eingerahmt war, erinnerten sie an unheimliche Gebilde aus einem Science-Fiction-Film.
Sheila begann zu laufen. Wankend, torkelnd. Sie hatte Mühe, das Gleichgewicht zu behalten. Plötzlich hörte sie das Lachen.
Es klang so siegessicher, schadenfroh und triumphierend, daß Sheila ein eisiger Angstschauer über den Rücken lief.
Abrupt blieb sie stehen.
Und dann sah sie die beiden Rocker. Sie kamen hinter der Hütte hervor. Sie
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