GK0125 - Der Hexenclub
vor dem Haus zwischen zwei Bäumen. Er hatte schon ein komisches Gefühl, als er einen Blick auf die Villa warf.
Hinter keinem der Fenster brannte Licht.
John Sinclair stieg aus. Eine Mauer umrandete das Grundstück. Dahinter stieg das Gelände leicht an. Das Haus lag erhöht und wirkte in der Dunkelheit wie eine Burg. Zum Haus führte eine breite Steintreppe, die sich harmonisch in den Gesamteindruck des Gartens einfügte.
John entdeckte auch eine Schelle.
Er drückte den Messingknopf und wartete ab.
Es geschah nichts. Niemand öffnete.
John schellte zum zweitenmal, und wieder reagierte niemand. Paul Robinson schien tatsächlich nicht zu Hause zu sein.
Ein älteres Ehepaar kam den Bürgersteig entlang. Der Mann warf John einen mißtrauischen Blick zu, löste sich dann von seiner Frau und blieb stehen.
»Wollen Sie zu Mister Robinson?«
John lächelte gewinnend. »Ja, Sir.«
»Da werden Sie wohl kein Glück haben. Mister Robinson ist abends fast nie zu Hause.«
»Sie wissen nicht zufällig, wo er zu finden ist?« hakte der Oberinspektor nach.
»James, komm endlich!« rief die bessere Hälfte des Mannes. »Du kannst doch nicht mit einem Wildfremden über die Nachbarn sprechen.«
Der Mann zuckte die Achseln. »Sie hören selbst, Sir. Wer vierzig Jahre verheiratet ist, hat gelernt zu gehorchen. Auch wenn er früher mal Offizier war.«
John bedankte sich noch einmal für die Auskunft und setzte sich wieder in seinen Wagen. Er gönnte sich eine Zigarette. Während er den Rauchwolken nachsah, die langsam durch das spaltbreit geöffnete Seitenfenster abzogen, dachte er an Paul Robinson.
Der Mann hatte eine Bilderbuch-Karriere hinter sich. Studiert in Oxford und anschließend promoviert zum Doktor der Wirtschaftswissenschaften. Noch während seines Studiums war er in eine Partei eingetreten, hatte sich jedoch politisch nicht groß betätigt. Dafür war seine Karriere im Ministerium um so steiler nach oben gegangen. Durch Können und Glück hatte er es bis zum Abteilungsleiter gebracht, und Robinson war, wie John aus zuverlässigen Quellen erfahren hatte, auch für größere Aufgaben vorgesehen.
Über das Privatleben des Mannes wußte man wenig. John mußte sich schon auf das stützen, was ihm sein Freund Bill Conolly erzählt hatte. Und demnach sollte Paul Robinson gewisse Nebeneinkünfte haben. Was das genau war, wußte niemand zu sagen. Man schrieb diese Nebeneinkünfte nur seinem Lebensstil zu.
Der Oberinspektor lehnte sich in seinem Sitz zurück. Diese Aufgabe schmeckte ihm überhaupt nicht. Seine Laune war schon am Vormittag auf den Nullpunkt gesunken. John Sinclair – von seinen Freunden auch Geister-Jäger genannt – hatte sonst andere Fälle zu bewältigen. Er kämpfte gegen die Mächte der Finsternis und des Bösen, und die Erfolgsquote, die der jüngste Oberinspektor von Scotland Yard erreicht hatte, gab ihm recht.
Schon manches Mal war John Sinclair nur haarscharf dem Tode entronnen. Von einem seiner schwersten Kämpfe zeugte auch die Narbe an seiner Wange. Sie war ein Andenken an Doktor Tod, einen Gegner, wie er nur alle hundert Jahre auftauchte.
John Sinclair war vom äußeren her beileibe nicht der Typ eines finsteren Dämonenkillers. Er war genau das Gegenteil. Groß, schlank, blondhaarig. Mit einem offenen Gesicht. John Sinclair war der Typ Mensch, zu dem man sofort Vertrauen bekam.
John drückte seine Zigarette im Ascher aus. Er wollte gerade wieder starten, als er die Gestalt sah, die über die Straße huschte und hinter einem Baum in Deckung ging.
Mißtrauen keimte in dem Oberinspektor auf.
John duckte sich. Er behielt nur gerade soviel an Sichtfeld, daß er eben über das Amaturenbrett hinweg durch die Scheibe sehen konnte.
Sinclair peilte den Baum an, hinter dem die Gestalt in Deckung gegangen war.
Einige Minuten lang geschah nichts. Die Person sondierte wohl erst noch das Terrain.
John machte sich jetzt Vorwürfe, daß er seinen Wagen direkt vor Robinsons Haus geparkt hatte. Er hätte ihn lieber ein Stück weiterfahren sollen, der Unbekannte konnte zu leicht mißtrauisch werden.
Doch jetzt war nichts mehr zu ändern. Plötzlich löste sich die Gestalt aus dem Schatten des Baumstamms. Mit schnellen Schritten lief sie auf Paul Robinsons Haus zu. John konnte nun erkennen, daß er einen Mann vor sich hatte.
Der Unbekannte blieb vor dem Eingang stehen. Er trug einen Hut, dessen Krempe das Gesicht beschattete. Der Mann griff in die Tasche und holte einen hellen Briefumschlag
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