GK0137 - Das Todeskabinett
warteten manche Menschen auf neue Sensationen.
John steuerte aus der für Polizeifahrzeuge reservierten Parktasche und fädelte sich in den Verkehr ein.
Der Bentley fuhr durch eine typische englische Kleinstadt. Die Häuser waren aus hellen Ziegelsteinen erbaut worden, und die Fensterscheiben der Häuser und Geschäfte blitzten vor Sauberkeit.
Der Verkehr war ziemlich stark und einer Kreisstadt wie Tonbridge würdig.
Als John vor einer Ampel stoppen mußte, erkundigte er sich bei einer Frau noch einmal nach dem Weg, bekam eine präzise Auskunft, bedankte sich und fuhr weiter.
Schon bald wurde es ländlicher. Die Häuser lagen weiter auseinander, oft getrennt durch Gärten und Wiesen. Ein Überlandbus hielt an einer Haltestelle und spie einige Fahrgäste aus.
Das Haus, in dem Larry Harker wohnte, lag in einer Seitenstraße. Es war praktisch das letzte Gebäude, das noch zu Tonbridge zählte. Dahinter begannen Wiesen, Wälder und eine unwirtliche Moorgegend, die aber schon bald industriell erschlossen werden sollte.
John stoppte seinen Bentley einige Yard vor dem Haus und hatte kaum den Motor ausgeschaltet, als sich aus der Deckung eines Baumes eine Mädchengestalt löste, über die Straße gelaufen kam und John zuwinkte.
Der Oberinspektor ließ die Seitenscheibe des Bentley heruntersummen.
Etwas atemlos blieb das Girl stehen. Es hatte lockiges, pechschwarzes Haar und grüne Augen.
»Sie sind von der Polizei, nicht wahr?« Diese Frage war mehr eine Feststellung.
John lächelte. »Ja. Sieht man mir das an?«
Das Girl schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich habe an Ihrem Nummernschild gesehen, daß Sie aus London kommen…«
»… und da haben Sie angenommen, daß ich ein Polizist bin«, vollendete John den Satz.
»Genau.«
»Sie haben wirklich eine bestechende Logik. Und was kann ich für Sie tun?«
Das Gesicht des Mädchens nahm einen verschwörerischen Ausdruck an. »Sie wollen doch da rein«, sagte sie und deutete mit dem Daumen über die Schulter in Richtung des Hauses.
»Das hatte ich vor. Ich verstehe nur nicht, warum Sie sich dafür interessieren?«
»Das will ich Ihnen sagen. Milly Day ist doch ermordet worden.«
Als John keine Antwort gab, sprach das Girl weiter: »Und ich, wissen Sie, ich habe mit Milly auf einem Zimmer gelebt.«
»Dann sind Sie Janet Sturgess«, sagte John.
»Stimmt. Haben Sie meine Aussagen schon gelesen und auch den Verdacht, den ich habe, Inspektor…«
»Oberinspektor Sinclair«, stellte John sich vor.
Janet bekam große Augen. »Der Geister-Jäger?«
»Bin ich schon so bekannt?« fragte John.
»Bei mir schon. Ich interessiere mich unwahrscheinlich für Kriminalistik und habe auch zahlreiche Fachzeitschriften gelesen. Ihr Name ist oft erwähnt worden.«
»Na ja, lassen wir das«, sagte John, dem das Ganze peinlich war und der es nach Möglichkeit vermeiden wollte, daß er zu bekannt wurde. »Was wollen Sie also von mir, Miss Sturgess?«
»Sie müssen Larry Harker verhaften, Herr Oberinspektor. Er ist der Mörder. Ganz bestimmt.«
»Nun mal langsam, liebes Kind. Wenn Sie so sicher sind, dann haben Sie bestimmt auch Beweise.«
»Beweise? Aber ich bitte Sie. Larry Harker war doch in der Mordnacht mit Milly zusammen.«
»Wissen Sie das genau?«
»Wenn Sie mich so fragen, nicht. Milly hat wenigstens am Abend vorher davon gesprochen.«
»Sehen Sie.« John ließ die Scheibe wieder hochfahren und stieg aus. »Nur auf einen reinen Verdacht hin kann man einen Menschen doch nicht einsperren, Miss Sturgess. Das müßten Sie doch wissen, wo Sie schließlich so viele Zeitschriften lesen.«
Janet senkte den Kopf. »Na ja, so habe ich es ja nicht gemeint.«
»Trotzdem, vielen Dank für Ihre Hilfe. Ich werde nachher noch mit Ihnen reden. Sie können solange auf mich warten, falls es Ihnen nichts ausmacht.«
»Wo denken Sie hin, Herr Oberinspektor? Schließlich beobachte ich das Haus schon seit einigen Stunden.«
»Na, dann passen Sie mal auf, daß Ihnen nichts entgeht.«
»Ich glaube, Sie nehmen mich nicht ernst Herr Oberinspektor.«
»Doch, doch«, sagte John lächelnd. »Ihnen kommt das nur so vor. Bis später dann.«
John Sinclair ging mit langen Schritten auf das Tor des kleinen Vorgartens zu.
Janet Sturgess blickte ihm nachdenklich hinterher. »Und dieser Harker ist doch der Mörder«, flüsterte sie. »Davon lasse ich mich einfach nicht abbringen.«
***
Lydia und Emily Bradford standen hinter der Gardine. Aus schmalen Augenschlitzen starrten sie auf die
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