GK0144 - Die Todesgondel
Vorläufig wenigstens. Schließlich schmolzen die Piraten einen Teil des geraubten Goldes, Übergossen den Dogen damit und brachten ihn als Siegestrophäe nach Venedig. Im Triumphzug wurde der Doge durch die Straßen geführt, um anschließend in einer der Bleikammern für immer zu verschwinden.
Doch der Doge hatte innerhalb den Stadtmauern noch zahlreiche Anhänger.
Sie holten den Goldenen Löwen aus dem Gefängnis und versteckten ihn so, daß er nicht mehr gefunden wurde.
Gleichzeitig mit der Befreiung war der Geheimbund der goldenen Masken ins Leben gerufen worden, der im Namen des Dogen weiter mordete und anfing, die Stadt zu terrorisieren. Hin und wieder wurden Mitglieder des Geheimbundes gefaßt, die aber auch unter schwerster Folter nicht aussagten, wo sich das Versteck des Goldenen Löwen befand.
Jahrhunderte vergingen, und es wurde ruhig um den Clan der goldenen Masken, obwohl er nie aufgehört hatte zu existieren. Immer wieder fand man blutige Beweise, doch erst in den siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts wurde der Bund der goldenen Masken wieder aktiv.
Professor Mandra hatte die Nachfolge des Dogen angetreten!
Er hatte den Goldenen Löwen aus seinem Versteck geholt und ihn in die Halle des Patrizierhauses gebracht, um von ihm die Befehle für das blutige Erbe entgegenzunehmen.
Der Goldene Löwe verlangte nach Blut. Nach dem Blut junger Frauen und Mädchen.
Und daran mußte auch Professor Mandra denken, als er vor der Statue stand und in das goldene Gesicht sah.
Der Löwe war nicht tot!
Er lebte sein unseliges Dasein weiter unter dem harten goldenen Metall.
Dunkel, tiefschwarze Augen lagen in den Höhlen. Sie wirkten auf den Betrachter wie Schächte des Grauens. Die Augen lebten, schienen in jeden Winkel des Raumes und in die Tiefen der menschlichen Seele zu sehen.
Tief verneigte sich Professor Mandra vor der Statue, so daß seine Stirn bald den Boden berührte. Mandras Gesicht war wieder mit einer kalkigen Kreideschicht überzogen, und sein Körper wurde von einem dunklen, bis zum Boden reichenden Mantel verhüllt, der vor der Brust von einer goldenen Spange zusammengehalten wurde.
»Ich werde dir noch in dieser Nacht die blonde Frau besorgen«, sagte Mandra. »Sie hat es verdient, dein Opfer zu werden.« Der Professor trat einen Schritt vor und hob eine flache, ovale Schale vom Boden auf. »Diese Schale wird mit ihrem Blut getränkt, das dir, o großer Doge, die Kraft gibt, am Leben zu bleiben.«
Der Goldene Löwe antwortete nicht. Aus seiner Mundhöhle drang kein Laut, nur in seinen Augen glühte mörderischer Fanatismus.
Er wartete auf das Opfer!
Mit der blonden Frau war Sheila Conolly gemeint. Der Professor hatte sie zufällig gesehen und war sofort von ihr ›begeistert‹ gewesen. Diese Frau mußte der Löwe besitzen. Koste es, was es wolle.
Mandra hatte sofort zwei seiner Leute auf die Blondine angesetzt. Daß sie einen Begleiter hatte, kümmerte Mandra nicht. Der Mann würde noch vor ihr sterben, wenn er nicht schon tot war, denn die beiden Männer hatten die Anweisung, auch tagsüber zuzuschlagen, falls sich die Gelegenheit ergab.
Der Professor stellte die Schale wieder auf den Boden, verneigte sich nochmals und ging mit gemessenen Schritten davon. Er verließ die Halle durch eine kleine Tür und gelangte in einen Raum, in dem er seine Untertanen empfing.
Professor Mandra hatte sich jahrelang mit dem Phänomen des Goldenen Löwen beschäftigt. Er hatte an der Universität Mailand Kunstgeschichte gelehrt und war so von der Vergangenheit dieses Geheimbundes fasziniert worden, daß er seine Stelle aufgegeben hatte. Unter seiner Hand war der Clan neu und straff organisiert worden. Er hatte den Terror verbreitet und durch die schwarze Todesgondel Angst und Schrecken nach Venedig gebracht. Wieder zitterten die Bewohner dieser traditionsreichen Stadt um ihr Leben. Besonders die jungen Frauen und Mädchen. Es gab sogar Familien, die ihre Töchter freiwillig dem Goldenen Löwen anboten, nur, um von ihm nicht unterdrückt zu werden.
Ja, die Macht des Goldenen Löwen war weiterhin ungebrochen und festigte sich von Tag zu Tag mehr.
Bisher hatte die Polizei vergebens nach dem Hauptquartier des Geheimbundes geforscht, und die Menschen, die den Platz kannten, hüteten sich, auch nur ein Wort zu sagen, denn die Rache des Goldenen Löwen war grausam.
Professor Mandra blieb an dem kleinen Fenster stehen und blickte nach draußen auf das schmutzige Wasser eines Kanals. Die Öffnung
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