GK0148 - Der Voodoo-Mörder
es in ihrem Hirn. Ich muß einen Arzt anrufen.
Es war schon zu spät. Als Karin Klinger einen Blick auf ihre Freundin warf, sah sie, wie sie sich ein letztes Mal aufbäumte und dann mit einem Ächzlaut zusammensank. Ihr linker Arm fiel herab, die Finger wühlten sich in den flauschigen Teppich.
Marion Baumann war tot!
***
Das nackte Entsetzen war in Karin Klingers Gesicht gemeißelt.
Sie konnte nicht fassen, was ihre Augen sahen. Mit leerem Blick stierte sie auf die Tote.
»Marion«, flüsterte sie. »Marion, um Himmels willen, so sag doch etwas!«
Doch Marion Baumann gab keine Antwort.
»Marion!« Plötzlich brüllte Karin Klinger los. Ihre Nerven spielten nicht mehr mit. Sie warf sich auf dem Absatz herum, rannte durch die kleine Diele und riß die Wohnungstür auf.
»Sie ist tot!« schrie sie. »Sie ist tot!«
... tot... tot...
Schaurig hallte die Stimme im Treppenhaus wider. Türen wurden aufgerissen. Menschen liefen zusammen. Ein Mann packte die Tobende an den Schultern, rüttelte sie durch, und als das auch nichts half, versetzte er ihr eine Ohrfeige.
Karin Klingers Schreien verstummte. Verwirrt blickte sie den Mann an.
»Also, was ist geschehen, Fräulein Klinger?«
Karin begann zu weinen. »Sie ist tot«, schluchzte sie.
»Wer ist tot?«
»Marion, meine Freundin. Sie liegt – sie liegt in meinem Zimmer. Plötzlich, ich weiß auch nicht wie…«
Der Mann hörte gar nicht mehr zu, sondern rannte in die Wohnung. Betroffen blieb er auf der Schwelle zum Wohnraum stehen.
»Au, verdammt«, keuchte er und lief zurück. »Wir müssen die Polizei benachrichtigen. Kümmere dich um das Mädchen«, sagte er zu seiner Frau die ebenfalls aus der Wohnung gekommen war.
Mit zitternden Fingern wählte der Mann den Notruf der Polizei. Mit ein paar Worten erklärte er die Lage, und der Beamte versprach, einen Wagen vorbeizuschicken.
Der Mann ging wieder zurück in den Flur. Karin Klinger lehnte an der Wand und weinte. Andere Hausbewohner standen ratlos herum. Manche tuschelten miteinander, doch keiner wußte so recht, wie er sich verhalten sollte.
»Sie war doch noch so jung«, flüsterte Karin Klinger unter Tränen. »Warum mußte gerade sie sterben? Alles kam so plötzlich. Wir hatten noch miteinander gesprochen – und dann…«
Die gleichen Worte erzählte Karin auch eine Stunde später der Polizei. Sie saß im Präsidium Oberkommissar Hartmann gegenüber. Hartmann war ein alter Praktiker, schon über zwanzig Jahre im Dienst und hätte sich eigentlich gar nicht weiter um diesen Fall gekümmert, wenn er nicht das Fernschreiben von Interpol gelesen hätte. Darin hieß es, daß sämtliche angeblich normalen Todesfälle, vor allen Dingen bei jungen Mädchen, sofort gemeldet werden müßten. Und dies war solch ein Todesfall.
Hartmann begann zu kombinieren und rief – nachdem Karin Klinger nach Hause gebracht worden war – das Bundeskriminalamt in Wiesbaden an. Die Beamten dort hatten einen direkten Draht zur Interpol-Zentrale in Paris.
Ein Computer begann zu arbeiten, stellte Parallelen zu den anderen Todesfällen fest, und über Fernschreiber gelangte auch die Meldung nach London auf Superintendent Powells Schreibtisch.
Der Beamte schlug mit der Faust auf den Schreibtisch. »Das ist der zehnte Fall«, sagte er leise. »Es wird verdammt Zeit, daß wir etwas unternehmen.«
Lange konnte Powell die Sache nicht mehr geheim halten, und wenn sich erst mal die Presse darauf stürzte, war ein effizientes Arbeiten unmöglich. Hoffentlich schaffte John Sinclair es, dieses Rätsel zu lösen.
***
Der ganze Fall paßte John Sinclair von Beginn an nicht. Er hatte zu wenig in der Hand. Vieles beruhte auf Vermutungen, Hypothesen, doch einen handfesten Anhaltspunkt, den gab es nicht.
John war nicht der Typ eines Grüblers. Er gehörte zu den Praktikern, die auch mal richtig hinlangten. Das hieß allerdings nicht, daß er arbeitete, ohne seinen Verstand einzusetzen. Im Gegenteil, John Sinclair war schon mit Fällen konfrontiert worden, bei denen andere verzweifelt wären. Er hatte die unglaublichsten Dinge erlebt, hatte sich mit der Dämonenwelt angelegt und bisher immer gesiegt. Langsam war sein Name zu einer Drohung für Geister und Dämonen geworden, und gewisse Kräfte hatten alles darangesetzt, um John Sinclair zu töten. Bisher ohne Erfolg. Dabei half dem Oberinspektor, daß ihn die Schattenwesen nicht ohne weiteres erschießen wollten, nein, das war ihnen zu billig. Sie wollten John Sinclair fangen, um ihn
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