GK0153 - Die Rache der roten Hexe
riechender Raum nahm ihn auf. An einer alten Theke hockten zwei Männer mit Schirmmützen auf den Köpfen und redeten mit dem Wirt.
Alle drei Gesichter wandten sich dem Oberinspektor bei seinem Eintritt zu.
John grüßte und bestellte sich ein Mineralwasser. Er sprach ein lupenreines Französisch. John nahm einen Schluck, und ehe sich der Wirt wieder wenden konnte, hielt ihn John mit einem Ruf zurück.
»Sagen Sie, Monsieur, wie komme ich am besten zum Maison Bayeus?«
Der Wirt erschrak und ging unwillkürlich einen Schritt zurück, bis er mit dem Rücken gegen den hinteren Tresenaufbau stieß. Auch die beiden anderen Männer waren still und ihre Gesichter blaß geworden, John lächelte. »Pardon, aber habe ich etwas Falsches gesagt?«
Der Wirt schüttelte den Kopf, so daß sein dunkler Schnäuzer wackelte. »Das nicht, Monsieur. Ich weiß, Sie sind nicht von hier, aber ich gebe Ihnen den guten Rat, nicht dorthin zu fahren.«
»Und warum nicht?«
»Dort…« Der Wirt knetete verlegen seine Finger. »Dort soll es spuken. Oder gehören Sie etwa zu den Leuten, die gestern angereist gekommen sind?«
»So in etwa.« John wich einer direkten Antwort aus.
»Fahren Sie trotzdem lieber wieder weg, Monsieur. Diese Männer sind verflucht, glauben Sie mir. Sie werden dort oben ihr Grab finden. In dem Haus spukt es.«
John hob die Schultern. »Ich glaube nicht an Geister«, erwiderte er leichthin, gegen seine Überzeugung. Dann gab er noch eine Runde Calvados aus, ließ sich den genauen Weg beschreiben und verließ das Gasthaus.
»Den sehen wir nicht wieder«, sagte der Wirt mit dumpfer Stimme, und die beiden Gäste nickten bestätigend.
John Sinclair saß schon wieder in seinem Bentley und ließ das kleine Dorf hinter sich.
Er mußte jetzt aufpassen, denn nach etwa drei Meilen zweigte ein schmaler Weg von der Straße ab. Der Weg führte in Serpentinen zwischen den Klippen hoch zum Haus hin. So war es John wenigstens gesagt worden.
Die Landschaft hatte sich verändert. Die felsige Steilküste der Halbinsel ragte vor John auf. Seevögel kreisten über den Klippen und stießen krächzende Schreie aus.
Dann kam die Abzweigung. John sah sie und tippte gleichzeitig auf die Bremse. Eine ältere Frau stand auf der Straße und sah dem Wagen entgegen John ließ die Seitenscheibe heruntersurren. »Wollen Sie mitgenommen werden?« fragte er. »Ich fahre leider nur zum Maison Bayeus.«
»Da wollte ich hin, Monsieur.«
»Dann steigen sie ein.« Die Frau setzte sich auf den Beifahrersitz. Ihre Haare waren grau und kurz geschnitten, erinnerten John an einen Helm. Der Oberinspektor wunderte sich, daß die Frau nur ein einfaches Kleid trug, schließlich war es recht kühl, und die Sonne wurde meistens von dicken Wolken verdeckt.
»Wohnen Sie auf Maison Bayeus?« fragte John Sinclair. Vorsichtig rangierte er seinen Bentley auf den schmalen, steil nach oben führenden Weg.
»Gewissermaßen«, lautete die Antwort.
»Dann haben Sie doch sicherlich von den Gästen gehört, die sich dort aufhalten sollen«, vermutete John.
»Das habe ich. Aber wieso? Gehören Sie etwa auch dazu, Monsieur?«
»Eigentlich nicht. Aber eine Bekannte von mir ist dort. Sie hatte mich kurz vor Ihrer Abreise angerufen, und da ich in Frankreich zu tun hatte, habe ich ihr versprochen, sie einmal zu besuchen.«
»Ist Ihre Bekannte blond?« fragte die ältere Frau.
»Ja. Sie kennen sie?«
»Natürlich, ich wohne ja schließlich dort. Ich bin quasi das Mädchen für alles, wissen Sie? Ich muß mich um das Wohl der Gäste kümmern.«
»Interessant«, sagte John. Er mußte sich jetzt konzentrieren, denn vor ihm lag eine scharfe Linkskurve.
Die Frau hockte unbeweglich auf dem Sitz und beobachtete den Oberinspektor von der Seite. Ein teuflisches Lächeln, hatte sich in ihre Mundwinkel gekerbt.
Sie hatte gewußt, daß John kommen würde. Sie hatte die Worte vernommen, die Jane Collins in der Nacht gesprochen hatte. Madame Millau hatte dann in aller Ruhe ihre Vorbereitungen treffen können.
Von der Polizei sollte dieser Mann sein. Er sah aus wie ein junger Managertyp, doch Madame Millau schätzte diesen jungenhaft wirkenden blondhaarigen großen Mann als ziemlich gefährlich ein. Er gehörte zu der Sorte von Männern, die genau wußten, was sie wollten.
»Noch zwei Kurven, dann haben Sie es geschafft, Monsieur«, sagte die Millau.
»Hoffentlich.« John lachte. »Ich heiße übrigens John Sinclair und bin Engländer. Wir werden uns ja wahrscheinlich jetzt
Weitere Kostenlose Bücher