GK0153 - Die Rache der roten Hexe
Lassalle wieder.
Jane Collins roch die Fahne des Mannes. Lassalle hatte getrunken. Sein schwarzes Haar war nicht gekämmt, lag wirr am Kopf, und in seinen Augen glühte ein Funke, den Jane bei Männern schon mehr als einmal gesehen hatte.
»Reden Sie nur nicht weiter«, flüsterte Jane. »Ich warne Sie jetzt zum letztenmal, Lassalle. Gehen Sie wieder auf Ihr Zimmer, und lassen Sie mich…«
Jane Collins sprach nicht weiter. Aus dem ihr gegenüberliegenden Zimmer hörte sie seltsame Geräusche und dann einen dumpfen Fall.
Augenblicklich hatte sie Lassalle vergessen.
»Wer schläft dort?«, herrschte sie den Franzosen an.
Lassalle, der die Geräusche ebenfalls vernommen hatte, sagte mit schwacher Stimme. »Fontaine. Aber Sie glauben doch nicht…«
»Was ich glaube, spielt keine Rolle.« Jane war mit drei schnellen Schritten an der bewußten Tür und schlug gegen das Holz.
»Monsieur Fontaine, machen Sie auf! öffnen Sie, Monsieur Fontaine. Schnell!«
Fontaine gab keine Antwort. Jane rüttelte an der Klinke, doch die Tür war verschlossen. Aber ihre Astra hielt die Detektivin noch immer in der Hand.
Sie zielte kurz und zog zweimal den Stecher durch. Die Schüsse krachten ohrenbetäubend in dem schmalen Flur. Dort, wo das Schloß saß, splitterten Holzfetzen.
Die anderen unfreiwilligen Gäste kamen aufgeschreckt aus ihren Zimmern.
Jane Collins trat wuchtig gegen die Tür. Krachend flog sie auf und knallte im Innern des Zimmers gegen die Wand.
Jane Collins sprang in den Raum. Im Flur schrien jetzt alle durcheinander. Saccu fuchtelte sogar mit einer Maschinenpistole herum. Doch das sah und hörte Jane Collins nicht. Sie hatte nur Augen für Marcel Fontaine, der auf dem Boden lag. Sein Gesicht war verzerrt. Gebrochen starrten die Augen gegen die Decke.
Jane Collins sah mit einem Blick, daß dem Mann nicht mehr zu helfen war.
Sie hetzte in das kleine Bad, knipste das Licht an.
Der Raum war leer. Der oder die Mörderin war bereits verschwunden. Aber wo?
Jane ging wieder zurück in den Livingroom.
Ratlos standen die übrigen Männer um die Leiche herum. Alle blickten Jane Collins an, die nur mit den Schultern zucken konnte.
»Tut mir leid«, sagte sie mit schwacher Stimme. »Wir sind zu spät gekommen.«
Domingo fuhr sich mit seinem Zeigefinger unter den Hemdkragen. »Jetzt hat es also den ersten erwischt«, sagte er mit kratziger Stimme. Und plötzlich schrie er los: »Aber verdammt noch mal, wer wird der nächste sein? Ich etwa – oder du, Saccu?«
Niemand gab eine Antwort. Domingo wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. »Noch einen Tag in diesem Haus, und ich werde irre.« Doch plötzlich hellte sich sein Gesicht auf. »Ach, was sind wir doch Idioten. Wofür gibt es denn eine Polizei? Die Bullen müssen uns hier herausholen.«
Jane Collins lachte spöttisch. »Das sagen ausgerechnet Sie. Aber wie wollen Sie die Polizei denn benachrichtigen?«
»Es gibt doch Telefon.«
»Haben Sie hier eins gesehen?«
»Nein – aber…«
»Sehen Sie, Monsieur Domingo. So einfach ist das nicht. Ich habe mich auch schon nach einem Apparat umgesehen und keinen gefunden. Wir müssen schon ohne auskommen.«
»Wir könnten ja noch mal versuchen zu fliehen. Oder einer von uns übernimmt die Aufgabe.«
»Und wer, bitte?« fragte George Plummer. »Vielleicht melden Sie sich freiwillig.«
Domingo schüttelte den Kopf. »Wieso ich? Ich habe nur den Vorschlag gemacht. Am besten, wir losen es aus.«
»Nein«, sagte Jane Collins. »Gar nichts wird gemacht. Wir warten den nächsten Tag ab.«
»Und Sie glauben, dann erginge es uns besser? Außerdem haben wir schon den nächsten Tag«, höhnte Domingo, »Ich glaube tatsächlich, daß es uns dann bessergeht, Monsieur. Ich habe nämlich von der Fähre aus mit einem Bekannten telefoniert, der sich in gewissen Sachen besser auskennt als wir. Er wird heute hier eintreffen.«
Die Männer blickten Jane ungläubig an. Auch auf Ray Dantons und George Plummers Gesichtern zeigte sich Überraschung.
»Wer soll denn dieser Wunderknabe sein?« fragte Pierre Lassalle.
»Ein gewisser John Sinclair. Er ist übrigens Oberinspektor bei Scotland Yard.«
»Ein Bulle!« kreischte Domingo und schlug sich mit der flachen Hand auf den Schenkel. »Ausgerechnet.«
Jane Collins lachte spöttisch. »Vor wenigen Minuten waren Sie noch dafür, die Polizei zu holen. Aber keine Angst, Oberinspektor Sinclair wird sich schon nicht um Ihre Geschäfte kümmern. Er hat ganz andere
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