GK0157 - Zirkus Luzifer
nie Eigeninitiative entwickelt.
Im Gegensatz zu Andrax. Er zögerte noch, wollte das Blatt wohl bis zur letzten Karte ausreizen.
»Das ist kein Spaß, Mister«, erklang wieder Bill Conollys Stimme. »Ich schieße tatsächlich. Und bisher habe ich – immer getroffen.«
Jetzt erst reagierte Andrax. Zähneknirschend ließ er das Schwert fallen. Dann hob er beide Hände in Schulterhöhe und produzierte gleichzeitig ein verständnisloses Lächeln.
»Was versprechen Sie sich eigentlich davon, Mister?« fragte er.
»Wollen Sie die Vorstellung stören?«
»Nein! Nur einen Mord verhindern.«
»Ich bitte Sie.« Andrax fing an zu lachen. »Jetzt machen Sie sich aber lächerlich. Ich meine, wir spielen hier zwar mit magischen Tricks. Aber einen Mord…? Was meinen Sie, Ladys and Gentlemen?« Andrax wandte sich direkt an das Publikum. »Halten Sie es im Ernst für möglich, daß hier ein Mord geschehen soll, wie dieser Irre sagt. Tut mir leid, Mister, ich kann Sie nur als Irren bezeichnen. Oder als Störenfried, von dem ich mir nicht die Vorstellung schmeißen lassen werde.«
»Seien Sie ruhig!« Bill mußte gegen Andrax Lautsprecherstimme anschreien. Er wußte, wenn der Kerl es schaffte, das Publikum auf seine Seite zu bringen, sanken seine Chancen auf Null. Der blondhaarige Kerl war ein perfekter Agitator.
»Dieser Mann!« schrie Bill, »ist ein Verbrecher und hat sich mitschuldig am Mord einer jungen Frau gemacht. Die Schwester dieser Lady, die dort in der Manege steht, ist eiskalt umgebracht worden. Und Miß Bendix war Zeugin.«
»Beweisen Sie es!« brüllten einige Leute aus dem Publikum.
»Das kann er nicht!« schrie Andrax.
»Terry!« Bills Stimme klang messerscharf, »öffnen Sie den Sarg. Aber geben Sie acht, daß Sie nicht in die Schußlinie laufen. Denn der Mann, der dort in der Totenkiste liegt, ist niemand anderes als Oberinspektor Sinclair, der den Verbrechern schon auf den Fersen war und der jetzt auf eine teuflische Art und Weise umgebracht werden sollte.«
Andrax sah seine Felle langsam wegschwimmen. Er wollte zur Seite springen, doch Bills scharfer Ruf stoppte ihn.
Terry stieg auf das Podest. Mit zitternden Fingern machte sie sich an den Schlössern zu schaffen. Sie sprangen auf. Gleichzeitig stemmte sich John Sinclair von innen her gegen den Deckel, der nach oben schwang.
Und dann tauchte der Geisterjäger auf. Er hatte mit den Schulterblättern den Deckel hochhieven müssen, da seine Hände noch immer gefesselt waren.
John war blaß wie ein Leichentuch und ziemlich wacklig auf den Beinen. Lange hätte er es in dem Sarg nicht mehr ausgehalten.
Er sprang vom Podest, während Terry eines der Schwerter aufhob und Johns Fesseln durchtrennte.
»In meiner Handtasche ist eine Pistole«, flüsterte sie. John lief auf die Tasche zu und nahm die Waffe heraus. Es war ein zweiläufiger Derringer, den manche für ein besseres Spielzeug hielten, dessen Kugeln aber auf kurze Distanz durchaus tödlich sein konnten.
John stellte sich so auf, daß er alle im Blickfeld hatte. Der Derringer verschwand fast in seiner Hand.
»Ladys and Gentlemen«, begann Oberinspektor Sinclair. »Was eben gesagt wurde, stimmt. Es tut mir leid, daß die Vorstellung für Sie nun beendet sein wird, aber der Mann – sein Name ist Andrax –, der angeblich seine Tricks vorführen wollte, hatte nichts anderes als eiskalten Mord im Sinn. Er ist ein Mensch wie Sie und ich, aber er hat einen Pakt mit einem Dämon geschlossen, und hätten Sie heute abend eine normale Vorstellung erlebt, wäre es zu einer Massenhypnose gekommen, und Sie alle wären zu Dienern eines grausamen Teufels geworden. Ich weiß, das alles klingt unverständlich und unglaublich vor allen Dingen, aber ich muß Sie dringend bitten, mir zu glauben, und weiterhin möchte ich, daß Sie auf jeden Fall die Arena verlassen. Sie können dies auch als eine Art dienstlichen Befehl auffassen, denn ich bin tatsächlich Oberinspektor Sinclair von Scotland Yard und in diesem Zirkus gefangen gehalten worden.«
John hatte kaum geendet, da redete alles wild durcheinander. Die Menschen sprangen diskutierend von ihren Sitzen, aber niemand lief zu einem der Ausgänge.
Ein Tumult bahnte sich an. Einige angeblich mutige Männer sprangen in die Manege.
»Zurück!« brüllte John, aber da war es schon zu spät.
Pfeilschnell war Andrax zu Boden gehechtet, hatte sich ein paarmal um die eigene Achse gedreht und sich zwei Schwerter gepackt. Von der anderen Seite her stürmten die beiden
Weitere Kostenlose Bücher