GK0168 - Die Nacht des Schwarzen Drachen
Tse Fengs weiteren Weg.
Li Tse Feng wurde von den beiden anderen Chinesen in die Mitte genommen. Mit zielstrebigen Schritten gingen sie am Waschsalon vorbei, passierten auch die sich daran anschließende Hausfront und blieben für wenige Sekunden vor einer Hofeinfahrt stehen.
»Das sind Rattennester«, flüsterte Suko. »Die Häuser sind alle miteinander verbunden. Es gibt unheimlich viele Schlupfwinkel und geheime Gänge. Wir müssen Li Tse Feng schon auf den Fersen bleiben, John.«
Der Geisterjäger nickte. »Warte hier«, sagte er, setzte sich noch mal in den Bentley und rief Superintendent Powell an.
Detailliert beschrieb er die Gegend, in der sie sich befanden, und sagte zum Schluß: »Wenn Sie in zwei Stunden von mir nichts gehört haben, Sir, veranlassen Sie bitte eine Großrazzia und räumen den Keller aus. Ich hoffe aber, daß es ohne Blutvergießen geht. Ich muß nur an diesen verdammten Drachengott herankommen.«
Powell war mit Johns Aktion einverstanden. Der Superintendent wußte, daß sein bester Mann nicht unnötig sein Leben aufs Spiel setzte. Wenn John einmal einen Plan hatte, dann war auch sicher, daß er ihn nach allen Richtungen hin durchdacht hatte.
Suko wartete schon ungeduldig.
»Es wird Zeit, John. Die Menschen sind schon fast alle von der Straße verschwunden. Sie haben sich in Gruppen aufgeteilt, und jede Gruppe hat einen Führer.«
»… der ein Diener des Schwarzen Drachen ist«, ergänzte John Sinclair.
John warf einen raschen Blick über die Straße, stieß Suko an und lief anschließend geduckt über die Fahrbahn.
Niemand beachtete sie, und das machte den Geisterjäger mißtrauisch.
Fühlten sich die Diener des Drachen so sicher, oder sollte John in eine Falle gelockt werden? Er hatte den Anruf vom Nachmittag nicht vergessen.
Die Straße war jetzt leergefegt. Dunkel gähnte die Einfahrt John Sinclair und Suko entgegen. Vorn hörten sie noch die Schritte der letzten Ankömmlinge.
John zog seine Beretta.
Suko trug keine Waffe. Er verließ sich auf seine stahlharten Karatefäuste.
Der Geisterjäger tauchte als erster in die Einfahrt. Suko folgte ihm mit einem Schritt Abstand.
Dicht an der linken Wand entlang schlichen sie weiter. Dort wo die Einfahrt in einem Hof mündete, hob sich ein etwas hellerer Schimmer ab. Schemenhaft konnte John die Umrisse eines Menschen erkennen.
Alles war still.
Dann – John und Suko hatten etwa die Hälfte der Strecke hinter sich gebracht – flammten plötzlich Fackeln auf.
Rotgelbes Licht erhellte das Geviert des großen Hinterhofes und tanzte über die bleichen angespannten Gesichter der Menschenmenge.
John blieb stehen.
Er spürte Sukos Atem in seinem Nacken. Der hünenhafte Leibwächter hatte sich leicht geduckt und schob John Sinclair vor, als er sah, wie sich die Menschen in Bewegung setzten. Er und Sinclair mußten sich beeilen, wenn sie den Anschluß nicht verlieren wollten.
Rasch hatten sie das Ende der Einfahrt erreicht, fanden sich in dem von Fackelschein erhellten Hinterhof wieder und sahen, wie die Drachendiener durch eine Tür verschwanden.
Und plötzlich spürte John die Gefahr.
Es war wie ein tödlicher Hauch, der ihn streifte. Der Geisterjäger wollte herumwirbeln, Suko eine Warnung zurufen, doch es war zu spät.
Zwei Gestalten hatten sich aus dem Schatten der Mauer gelöst. Pfeilschnell wischten die gefährlichen Seidenschlingen durch die Luft und legten sich mit tödlicher Präzision um die Kehle des Yard-Beamten…
***
Es hatte alles wunderbar geklappt.
Die beiden Chinesen hatten keinen Verdacht gehegt. Für sie war Li Tse Feng bereits ein Diener des Drachen.
Der dunkle Mercedes rollte an der Wäscherei vorbei und hielt wenig später an. Die drei Insassen stiegen aus.
Li Tse Feng wurde in die Mitte genommen. Er sah nicht, daß er von John Sinclair und Suko beobachtet wurde, sondern steuerte zielstrebig den dunklen Schlund der Einfahrt an.
Dann gelangte er auf einen Hof, wo sich die meisten Diener des Drachengottes schon versammelt hatten.
Fackeln wurden angezündet.
Geisterhaft tanzte das Licht über die Häusermauern, zuckte über blinde Fensterscheiben und strich über die Gesichter der versammelten Menschen.
Li Tse Feng kannte diesen Hinterhof nicht. Er war zwar oft in der Gegend gewesen, hatte auch schon mit Wang in dessen Büro über die Wäscherei verhandelt, doch den Hof betrat er heute zum erstenmal.
Li Tse Feng fühlte sich unwohl. Die Geruchsmischung aus Schweiß und Mülltonnengestank bereitete
Weitere Kostenlose Bücher