GK0172 - Die Killerpuppen
getrunken. Erst der Mord und dann meine eigene Alte, das hält ja kein Mensch aus. Und ich bin ein Mensch.« Den letzten Satz begleitete er mit einem Schlag auf den Tresen.
Der Nachtportier hatte bisher noch kein Wort gesagt, doch sein abweisender Gesichtsausdruck sprach Bände. Er stand dicht davor, Torkano wieder hinauszufeuern, aber da hatte John Sinclair noch ein Wörtchen mitzureden.
Er verlangte von dem Portier den Zimmerschlüssel.
»Sir, das kann ich nicht…«
»Sie können, Mister. Es geht hier um eine polizeiliche Angelegenheit. Für mich zählt jede Minute. Ich werde Mister Torkano schon wieder nüchtern bekommen. Und dann schicken Sie uns noch eine Kanne Mokka auf das Zimmer!«
»Wie Sie wünschen, Sir.«
Der Nachtportier holte unter dem Tresen einen Schlüssel hervor. »Zimmer neunundzwanzig, im zweiten Stock. Sie können den Fahrstuhl nehmen, Gentlemen.«
»Danke.« John nahm den Schlüssel in Empfang und schnappte sich den betrunkenen Rick Torkano.
»Ist aber sehr freundlich von Ihnen, Oberinspektor, daß Sie mich auf mein Zimmer bringen. Allein hätte ich das bestimmt nicht gefunden.«
John lachte hart. »Glauben sie nur nicht, daß ich das zu meinem Vergnügen mache.«
Er zog die Fahrstuhltür auf, da kein Page in der Nähe war. Der Fahrstuhl hatte gepolsterte Sitzbänke, und Torkano wäre bald eingeschlafen, hätte John ihn nicht durch leichte Schläge gegen die Wange wachgehalten.
Auf dem Gang zur zweiten Etage brannte nur die Notbeleuchtung. Teppiche bedeckten den Boden. Die einzelnen Zimmertüren waren aus stabilem Holz gefertigt worden.
Mit der linken Hand hielt John Rick Torkano fest und schloß mit der rechten die Tür auf. Er schleifte den Betrunkenen ins Zimmer und machte Licht.
Die Einrichtung war gediegen. Eine Mischung aus modern und antik. Es gab einen Fernsehapparat, einen Kühlschrank, ein Radio und Telefon. Die Wand mit den Einbauschränken wurde von einer Tür unterbrochen, die ins Bad führte.
Das war Johns erster Weg.
Er zwang Torkano, sich vor der Wanne niederzuknien. »He, was machen Sie mit mir? Wollen Sie mich umbringen?« beschwerte sich der Mann lallend.
»Das werden Sie gleich sehen«, erwiderte John. Er hielt schon die Brause in der Hand, drückte Torkanos Kopf noch etwas über die Wanne und drehte voll auf.
Die eiskalten, nadelfeinen Strahlen bliesen dem Mann einen Teil der Trunkenheit aus dem Schädel. Er schnaufte und spuckte wie ein altes Walroß, fuchtelte mit den Händen herum, doch John ließ nicht locker. Seine Fünf-Minuten-Radikalkur zeigte Wirkung.
Als er die Brause abdrehte, war Torkano wieder einigermaßen normal. Er saß auf dem Boden, hatte den Rücken gegen die Wanne gelehnt und prustete: »Mann, so etwas hat noch keiner mit mir gemacht.«
»Dann wurde es Zeit«, erwiderte John und warf ihm ein Handtuch zu. Rick Torkano fing es auf und trocknete sich sein Gesicht ab. Er war noch immer damit beschäftigt, als es an die Zimmertür klopfte. John öffnete.
Ein Ober mit rotumränderten Augen brachte den Mokka. John bedankte sich und gab etwas Trinkgeld. Dann ging er mit dem Tablett ins Zimmer zurück. Der Nachtportier war so schlau gewesen und hatte gleich zwei Tassen mitbestellt.
John füllte beide bis zum Rand. Schon als er den Mokka einschenkte, hatte er das Gefühl, Sirup würde aus der Kanne laufen. Genau die richtige Medizin für einen Mann wie Rick Torkano.
Torkano kam aus dem Bade. Er hatte sein Gesicht verzogen. »Sie hätten ja auch etwas mehr Rücksicht auf meinen Zustand nehmen können«, sagte er. »Der ganze Verband ist durchweicht.«
»Normalerweise hätte ich das auch gemacht.« John deutete auf einen Sessel. »Setzen Sie sich. Ich habe es verdammt eilig, und ich muß von Ihnen einige Auskünfte bekommen.«
Torkano hatte Platz genommen. Verständnislos schaute er den Oberinspektor an.
»Wüßte nicht, was ich Ihnen sagen könnte.«
John schob erst einmal die bis zum Rand gefüllte Mokkatasse über den kleinen Tisch. »Trinken Sie.«
Torkano beugte sich vor und schlürfte das heiße Getränk. Dann zuckte er zurück, als hätte ihn jemand vor den Kopf geschlagen. »Teufel«, fluchte er und preßte seine Hand gegen die Lippen. »Da verbrennt man sich ja den Mund.«
Beim nächsten Schluck war er vorsichtiger, und siehe da, es ging ohne weiteres.
John ließ ihm Zeit, die Tasse zur Hälfte zu leeren. Dann kam er zur Sache.
»Sie haben, wie Sie mir schon erzählten, Ihre Frau mehrmals während Ihrer Ehe betrogen.«
»Ja.«
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