GK0176 - Der Alptraum-Friedhof
Leichenhalle zu gelangen und den Mann von der Wahnsinnstat abzuhalten. John versuchte es mit einem letzten Bluff.
Er zog seine Pistole.
»Wenn Sie springen, schieße ich!« brüllte John Sinclair so laut er konnte.
Professor Jurc lachte nur. Es war ein satanisches Gelächter voll abgrundtiefer Bosheit.
Hilflos starrte John Sinclair zu dem Selbstmordkandidaten hoch. Und dann sprang der Professor.
Er ging einfach einen Schritt nach vorn, stieß sich vom Dachrand heftig ab – und…
Das Seil straffte sich.
Der Professor kam auf John Sinclair zugeflogen. Nie würde John das schrecklich verzerrte Gesicht und den wahnsinnigen Ausdruck in den Augen des Mannes vergessen.
Das Seil pendelte zurück, und etwa einen Yard über dem Boden schwebten die Füße des Erhängten.
John Sinclair hob den Blick. Der Kopf hing seltsam schief in der perfekt geknüpften Henkersschlinge.
Professor Jurc konnte keiner mehr helfen. Er hatte sich selbst gerichtet.
Auch für einen Mann wie John Sinclair war dieser Selbstmord ein Schock gewesen. Hilflos hatte er mit ansehen müssen, wie sich ein Mann vor seinen Augen erhängt hatte.
Grauenhaft…
John wollte hingehen und den Erhängten aus der Schlinge lösen, aber er kam nicht mehr dazu.
Urplötzlich überstürzten sich die Ereignisse. John Sinclair wurde hineingerissen in den Strudel aus Grauen, Angst und Entsetzen…
***
Eine Windbö packte den Geisterjäger mit elementarer Wucht, warf ihn zurück, weg von der Leiche des Erhängten.
Der Sturm brauste mit solch einer Wucht, daß John Sinclair das Gleichgewicht verlor und zu Boden geworfen wurde. Er fiel auf den Weg. Kiessteine wurden hochgewirbelt, prasselten in sein Gesicht. Zweige rissen von den Bäumen ab, die Äste der Trauerweiden bogen sich dem Boden entgegen.
Es war ein Inferno. Kein natürlicher Sturm, sondern die Kräfte der Hölle hatten eingegriffen, und die Natur spielte verrückt. Mit einem Knall fiel das Friedhofstor zu. Der Gehängte schaukelte im Sturm, wurde gegen die Tür der Leichenhalle geworfen, daß es jedesmal dumpf aufdröhnte.
Mit aller Kraft stemmte sich der Geisterjäger auf die Beine. Er wollte den höllischen Kräften trotzen, die es auch auf sein Leben abgesehen hatten.
Splitternd brach der Ast einer alten Buche. John Sinclair sprang zur Seite, als er auf ihn zugewirbelt kam. Nur einen Meter entfernt sägte der Ast in den Boden.
Und der höllische Kampf ging weiter.
Grabkreuze wurden wie Papierstücke zur Seite geworfen, die schweren Steine gerieten ins Wanken, Blumenvasen lagen längst auf dem Boden, Dreck, Laub und Kränze tanzten über den Friedhof des Schreckens.
John Sinclair versuchte sich in Richtung Tor voranzukämpfen. Doch er hatte das Gefühl, auf der Stelle zu treten. Immer wieder wurde er zurückgeworfen, die Mächte der Hölle ließen ihn nicht aus den Krallen.
John ruderte mit den Armen. Dreck und Staub fegten in sein Gesicht, behinderten die Sicht.
John klammerte sich an einem Grabstein fest, um nicht schon wieder zurückgeworfen zu werden. Seine Kleidung knatterte im Wind, und er sah ein, daß er so diesen Ort nicht mehr verlassen konnte. Er mußte aber irgendwo Schutz suchen.
Da fiel John die Leichenhalle ein.
Wenn er es schaffte, dort hineinzukommen, war er vielleicht gerettet. John ließ den Grabstein los und wurde wieder zum Spielball der Gewalten.
Der mörderische Wind trieb ihn auf die Halle zu. Dicht vor sich sah John den Gehängten. Unwillkürlich hob der Geisterjäger den Blick, und das rettete ihm wahrscheinlich das Leben. Verschwommen sah er durch den Staub- und Dreckschleier das eiserne Kreuz auf der Leichenhalle.
Und er sah, wie es sich nach vorn bog.
Nur noch Sekunden, dann würde es herunterkippen.
Es würde dort aufschlagen, wo John Sinclair stand.
John mobilisierte noch einmal seine Kräfte, kämpfte gegen die wahnsinnige Natur an, die ihn auf der Stelle bannen wollte. Von oben hörte er das Kreischen des gebogenen Metalls. Das Kreuz brach!
Wie ein Geschoß kam es vom Dach der Leichenhalle nach unten gerast. Da warf sich der Geisterjäger in einem letzten Kraftakt zur Seite, vergrub den Kopf in seinen Händen – und…
Eine Handbreit neben seinem Körper wühlte sich das schwere eiserne Kreuz in den Boden. John spürte die Erschütterung. Er hatte unbewußt den Atem angehalten und die Augen geschlossen. Als er sie jetzt wieder öffnete und den Kopf zur Seite drehte, konnte er sehen, wie haarscharf er dem Tode entronnen war.
Das Kreuz hatte den
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