GK0196 - Die Spinnen-Königin
Schlange.
Doch dann hielt sie in ihren Bewegungen inne.
Der Mann, der plötzlich zur Tür hereintaumelte, nahm ihre gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch.
Er wankte die ersten Schritte ins Lokal hinein, stieß einen krächzenden Schrei aus und fiel hin.
Er landete genau zwischen zwei Tischen. Mit dem rechten Arm fegte er die Gläser von der Platte.
Die Gäste sprangen schimpfend auf. Es waren Dockarbeiter, die einen Teil ihres Wochenlohns versoffen. Einer von ihnen, ein stämmiger Kerl mit Bürstenhaarschnitt, zog Larry Lund hoch und schmetterte ihm die Faust ins Gesicht.
»Besoffenes Schwein!« knurrte er.
Lund flog gegen einen anderen Tisch.
Gleichzeitig begann die Stripperin zu kreischen. Aber nicht, weil sich eine Prügelei anbahnte, sondern weil sie das Spinnenmonster gesehen hatte, das plötzlich in der Bar stand.
Die anderen Gäste hatten nichts bemerkt. Ihre Aufmerksamkeit hatte sich auf den Mann konzentriert, der aus der Nase blutend quer über einem Stuhl lag.
Maja jedoch nahm schreiend Reißaus. Sie hielt ihre Arme vor die schaukelnden Brüste und verschwand durch eine Hintertür.
Der Barmixer sah der Spinnenmonster als zweiter.
Er riß sofort den Hauptlichtschalter nach oben.
Schlagartig flammte grelles Licht auf.
Da stürzte Chuck Manners vor.
Mit einem zischenden Laut warf er sich zwischen die Gäste, die noch gar nicht begriffen hatten, welch ein Gast sie beehrt hatte. Mit zwei Schlägen räumte Manners einen Mann beiseite und wollte Larry Lund zu sich heranziehen.
Doch ein mutiger Angestellter hatte einen Stuhl gepackt und schlug ihn auf den häßlichen Spinnenkopf.
Der Angriff wurde gestoppt.
Manners drehte sich. Seine Facettenaugen starrten die Gäste an. Zwei Frauen begannen zu kreischen.
Das Zeichen für einen allgemeinen Aufbruch. Wie eine Welle stürmten Männchen und Weibchen auf die Tür zu. Es gab ein unbeschreibliches Durcheinander. Schreie, Flüche, Verwünschen, Faustschläge, Tritte, es kam hageldicht.
Es war für Chuck Manners unmöglich, sich gegen den Strom zu stemmen. Er wurde mit der Woge aus Menschenleibern nach draußen gespült. Dicht vor seinen Augen tauchte ein entsetztes Frauengesicht auf. Dann erhielt er einen Schlag in den Rücken und stürzte zu Boden.
Beine trampelten über seinen Körper. Es gelang Manners nicht mehr, sich aufzurappeln.
Irgendwo schrillte die Trillerpfeife eines Bobby. Auch aus der Kneipe nebenan liefen die Menschen auf die Straße. Sie waren von dem Lärm aufgeschreckt worden, wollten sehen, was passiert war.
»Ein Monster!« brüllte jemand.
»Wo?« schrie eine andere Stimme.
»Da.«
Jetzt, wo mehr Platz war, spritzten die Menschen schreiend auseinander. Ohne rechts und links zu schauen, rannten sie über die Fahrbahn. Bremsen wurden getreten, Reifen radierten über den Asphalt.
Niemand sah in dem allgemeinen Chaos den schwarzen Mercedes, der langsam die Straße hinabfuhr.
Eine Frau lenkte den Wagen.
Madame Wu, die Chinesin.
Dann stoppte sie, kaum zehn Schritte von der Bar entfernt.
Plötzlich richtete sich das Spinnenmonster auf, schaute sich um.
Komm zum Wagen. Komm schnell, hörte Chuck die Stimme seiner Herrin. Er sah den Mercedes und das Gesicht von Madame Wu, das wie ein heller verwaschener Fleck hinter der Scheibe wirkte.
Wieder gellten Trillerpfeifen.
Mehrere Bobbys tauchten auf.
Es wird Zeit. Beeil dich. Laß den anderen liegen. Du kannst ihn später holen! Die Stimme drängte.
Da setzte sich Chuck in Bewegung. So schnell es ihm möglich war, ging er auf den Wagen zu.
Eine Tür schwang ihm entgegen.
Chuck stieg ein.
Die Tür fiel zu.
Der Wagen fuhr an, sanft wie auf Kissen getragen. »Duck dich auf den Boden«, sagte Madame Wu. Sie konnte jetzt direkt mit ihrem Schützling reden.
Die Scheinwerfer des Wagens zerrissen die Dunkelheit. Noch immer herrschte Panik und Aufregung. Madame Wu sah Menschen ziellos über die Straßen hasten. Viele von ihnen hatten das Spinnenmonster gesehen, doch sie hatten nicht bemerkt, wohin es verschwunden war.
Die Chinesin behielt die Nerven. Ruhig und sicher lagen ihre Hände am Lenkrad. Niemand hielt sie auf, als sie mit dem Mercedes in der nächsten Seitenstraße verschwand.
***
Sie waren schon in der Nähe des Flusses, als die Chinesin plötzlich stoppte. Madame Wu löschte die Scheinwerfer des Wagens, drehte sich auf ihrem Sitz und sagte: »Du kannst dich wieder aufrichten.«
Der Spinnenkopf tauchte auf. Die Facettenaugen bewegten sich unruhig. Manners hatte Angst. Madame
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