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GK0200 - Das Todeskarussell

GK0200 - Das Todeskarussell

Titel: GK0200 - Das Todeskarussell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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stoßen ließ. Ich hoffe, Sie vergessen das.«
    »Keine Angst, Mister Wilson«, erwiderte der Pfarrer. »Schon vergessen. Nur hätte ich noch eine kleine Bitte. Gewissermaßen als Buße, Mister Wilson.«
    »Ja, reden Sie.«
    »Die Zigeuner, Mister Wilson, sind auch Menschen. Ich hoffe, Sie werden sie als solche behandeln. Sie sollen hierbleiben und sich bei uns wohl fühlen. Sagen Sie das auch den anderen Dörflern. Denn auch Sie haben schwere Schuld auf sich geladen. Sie haben einen jungen Menschen erschossen.«
    Wilson schüttelte den Kopf. »Ich war es nicht.«
    »Gut, Sie haben den Mörder aber nicht an seinem verwerflichen Tun gehindert. Auch das ist schlimm. Wir leben in einer schrecklichen Zeit, in der Haß und Rache regieren. Und ich möchte, daß wir ein wenig Menschlichkeit demonstrieren. Ich hoffe, es ist nicht zuviel verlangt, Mister Wilson.«
    Wilson biß die Zähne zusammen. Der Pfarrer konnte spüren, wie sehr der Mann an den Worten arbeitete. Dann sagte Wilson: »Dieser Zigeuner, er hat einen Knecht von uns niedergestochen. Er ist in den Stall eingedrungen und wollte stehlen. Dabei hat ihn der Knecht überrascht. Ich habe nicht angefangen.«
    Der Pfarrer legte seine Hand auf Wilsons Schulter. »Man soll nicht gleiches mit gleichem vergelten. Der junge Mann kann in einer Panikreaktion gehandelt haben. Wir kennen die näheren Umstände nicht. Und Sie wissen nicht, wer von den beiden Jungen ihren Knecht niedergestochen hat.«
    »Ich war es«, sagte plötzlich eine tränenerstickte Stimme hinter den beiden Männern.
    Der Pfarrer und der alte Wilson drehten sich um.
    Aus einer Bretterbude war der junge Marco getreten. In seinen Augen schimmerte es feucht. Er war nur noch ein erbärmliches Bündel Mensch.
    In Wilsons Augen blitzte es auf. Er wollte die Waffe heben, doch der Pfarrer drückte den Lauf zu Boden. »Denken Sie an meine Worte«, sagte er.
    Der Pfarrer wandte sich an den jungen Zigeuner. »Komm zu mir«, sagte er, »es geschieht dir nichts.«
    Den ängstlichen Blick auf den alten Wilson gerichtet, kam Marco an die Seite des Pfarrers. »Ich – ich wollte es nicht«, flüsterte er rauh. »Alles war so schrecklich. Es tut mir leid.«
    Der Pfarrer lächelte. »Ich weiß«, sagte er. »Laß es gut sein, mein Junge.«
    »Und was geschieht jetzt mit mir?« fragte Marco mit zitternder Stimme.
    »Das müssen wir noch abwarten«, erwiderte der Geistliche. »Du kannst erst einmal bei mir wohnen. Und für deine Sippe werden wir schon sorgen.«
    ***
    Der Pfarrer lehnte sich zurück. Nachdenklich blickte er John Sinclair und den Inspektor an. »Das war es, was ich Ihnen erzählen wollte, Gentlemen.«
    Der Geisterjäger wischte sich über die Stirn. Es war warm in dem Arbeitszimmer. In den hohen, altmodisch anmutenden Heizungsrippen sang das Wasser. Die Zigarre des Pfarrers war längst erloschen. Nun zündete er sie sich mit ruhigen Bewegungen wieder an.
    John nahm einen Schluck Saft. »Es war wirklich eine sehr interessante Geschichte, Herr Pfarrer. Ich glaube, wir haben einiges über das rätselhafte Karussell erfahren. Aber was geschah mit der Zigeunersippe? Und ist dieser Marco vor ein Gericht gestellt worden, genau wie der Sohn des alten Wilson?«
    »Viele Fragen auf einmal, Herr Oberinspektor. Ich will versuchen, sie der Reihe nach zu beantworten. Die Zigeuner haben den langen Winter hier bei uns in Brickaville verbracht. Mein Vorgänger hat den Einwohnern im Zuge einer Predigt noch einmal kräftig ins Gewissen geredet, so daß die Leute die Zigeuner wohl oder übel akzeptierten. Marco wurde nicht angeklagt. Der Knecht ist auch nicht gestorben. Er hatte eine hervorragende Konstitution und war nach zwei Monaten wieder auf den Beinen. Auch Tatum Wilson ist nichts passiert. Sie müssen die Situation verstehen, Herr Oberinspektor. Damals war Krieg, und dann kamen noch die Probleme im Dorf hinzu.«
    »Ich sage ja auch gar nichts«, lächelte John. »Außerdem ist die Tat verjährt.«
    »Natürlich.« Der Pfarrer nahm einen Zug aus seiner Zigarre. Durch den linken Mundwinkel stieß er den Rauch aus. »Im Frühjahr sind die Zigeuner dann weitergezogen, doch die Angst der Menschen blieb. Den Fluch hatte man nicht vergessen. Und auch die Zigeuner hatten Angst. Sie ließen alles liegen und stehen. Von den Einwohnern hier hatte auch keiner den Mut, das Karussell wegzuschaffen. So vergingen die Jahre, und das Gefährt rostete vor sich hin. Selbst die Kinder mieden es. Die Buden verfielen immer mehr, und man braucht

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