GK0200 - Das Todeskarussell
Mann ausging. Der gesamte Körper war jetzt von Flammenzungen umgeben. Sie erinnerten an rotgelbe Finger, die tanzend und zuckend über Kleidung, Gesicht und Hände huschten.
Aber nicht eine Flamme sengte den Mann an. Er war immun gegen das Feuer, ja, er schien es direkt zu beherrschen.
Einer aus der Menge faßte es mit einem Satz zusammen.
»Er steht mit dem Teufel im Bunde.«
Angst machte sich unter den Leuten breit. Sie, die vor wenigen Minuten noch von reiner Mordlust getrieben waren, begannen plötzlich zu zittern. Aber nicht vor Kälte. Die, welche ganz hinten standen, machten kehrt und schlichen zurück.
Auch Wilson war geschockt. Unentschlossen nagte er auf seiner dicken Unterlippe. Er war der Anführer des Mobs, und er wußte, wenn er jetzt einen Rückzieher machte, war er erledigt. Man würde ihn im Dorf schief ansehen, und seine Vormachtstellung war gebrochen. Entschlossen hob Wilson den Kopf. »Alles fauler Zauber!« rief er laut. »Lassen wir uns von diesen Hundesöhnen doch nicht einschüchtern. Los, zeigen wir ihnen, wer hier zu bestimmen hat.«
Wilson trat einige Schritte vor. Das Sturmgewehr hielt er mit beiden Fäusten umklammert. Schnee stiebte unter seinen Fellstiefeln auf. Dann blieb er stehen und sagte: »Gib den zweiten Mörder raus, Zigeuner!«
Chandra lachte. Dann spreizte er plötzlich die Hände, und aus allen zehn Fingern schossen Flammenblitze auf den Großbauern zu. Sie fegten durch den Schnee, schmolzen breite Bahnen hinein und zischten an Wilson vorbei, ohne ihn auch nur zu berühren. Wilson stand auf dem Fleck, als wäre er zu einem Eisklumpen geworden.
Und Chandra lachte. »Das war nur ein kleiner Vorgeschmack«, rief er, »beim nächstenmal wirst du verbrannt, dann bleibt nur noch Asche übrig. Sieh endlich ein, daß ich der Stärkere bin und hier die Befehle gebe. Die Magie der Hölle hat mir geholfen, und du kannst sie auch nicht brechen, du Narr! Es ist aus. Ihr seid gekommen, um uns zu töten. Jetzt hat sich das Blatt gewendet. Ich werde es sein, der euch zur Hölle schickt. Nicht alle, nein, aber eure Anführer werden dran glauben müssen. Ihr habt den Satan herausgefordert und zahlt jetzt den Preis.«
Wilson wußte, daß die Worte kein leeres Gewäsch waren. Ängstlich und gehetzt sah er sich um. Nur noch sein Sohn stand bei ihm. Die anderen hatten sich zurückgezogen. Schweigend, mit angstverzerrten Gesichtern. Wie weggeflogen war der Mordrausch, sie hatten nur noch Angst um ihr Leben.
Tatum Wilson biß die Zähne zusammen. Er war ein Mann von zweiundzwanzig Jahren, und er hatte auch Bela auf dem Gewissen. »Wir geben nicht auf«, sagte er. »Es wäre doch gelacht, wenn dieser dreckige Zigeuner es schaffen würde…«
»Genug geredet!« brüllte Chandra. Er hatte beide Arme erhoben.
Grausam war sein Gesicht verzerrt. »Der Fluch der Hölle wird euch treffen, verdammte Brut!«
»So nicht!« schrie Wilson zurück, ließ sich plötzlich auf die Knie fallen und drückte ab.
Die Kugel hämmerte aus dem Lauf, drang Chandra in die Brust und am Rücken wieder hinaus.
Chandra blieb – unverletzt.
Die Augen des alten Wilson wurden weit vor Entsetzen. Bis jetzt hatte er noch alles für einen Bluff gehalten, doch plötzlich war ihm klar, daß dieser Chandra wirklich mit dem Teufel im Bunde stand, und daß er – Wilson – ihm nichts entgegenzusetzen hatte.
Diese Nacht würde er nicht mehr überleben.
Die übrigen Zigeuner starrten ihren Anführer an. In vielen Blicken lag Unglauben, aber auch unbedingtes Vertrauen. Sie hatten gesehen, daß ihm eine Kugel nichts anhaben konnte, daß die Magie der Ahnen einen wirksamen Schutzschild gebildet hatte.
Nun kam die Stunde der Abrechnung. Jetzt würden die Dörfler für all das bezahlen, was sie den Söhnen des Windes angetan hatten. Doch plötzlich bekamen die Menschen von einer Seite Hilfe, an die sie gar nicht mehr gedacht hatten.
Ein Mann drängte sich durch die Menge.
Der Pfarrer!
Mit beiden Händen hielt er ein großes Kreuz umklammert. Es hing sonst hinter dem Altar, und er hatte es abgenommen, um damit in den Kampf gegen das Böse zu ziehen.
Schon hatte der Pfarrer den alten Wilson erreicht, stellte sich vor ihn und schrie mit gewaltiger Stimme: »Halte ein, Verdammter, und sieh dieses Kreuz an, das die Macht des Guten gegen die Angriffe der Hölle verteidigt.«
Chandra, der Flammenmann, zuckte zurück. Die geballte Kraft des Guten traf ihn mit voller Wucht. Er hatte die Arme erhoben und schützend vor sein
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