GK0202 - Der Fluch der schwarzen Hand
Bentley auf der Straße geparkt und gut verschlossen. In dieser Gegend von Soho war das immer das beste.
Der Hinterhof war schmutzig wie ein alter Ziegenstall, und die Rückseiten der Häuser hätten nicht einmal vor der Nostalgiewelle Gnade gefunden.
John wurde gar nicht bemerkt. Gelassen klopfte er dem Schreiber auf die rechte Schulter.
Wie vom Blitz getroffen, wirbelte der Mann herum. Ehe er John anfauchen konnte, fragte dieser: »Sind Sie der Verleger von CRIME AND HORROR?«
»Ja.«
»Schön.« John präsentierte seinen Ausweis. Der Verleger bekam große Augen. Er hieß mit Namen Max Winter – das wußte John aus dem Impressum. Winter war aus Deutschland eingewandert und sah selbst fast aus wie ein Monster. Hervorquellende Augen, ein kantiger Schädel und spärliche rote Haare. Dazu mit einem Bauch versehen, der schon als tonnenförmig bezeichnet werden konnte.
Winters Gesichtshaut war meist krebsrot. Jetzt wurde er jedoch blaß, als er den Ausweis sah. »Scotland Yard«, murmelte er. »Ich weiß nichts«, er kam ins Stottern. »Ich habe nichts Ungesetzliches verlegt.«
John lächelte freundlich. »Darum geht es auch gar nicht.«
Augenblicklich bekam der Mann seine Selbstsicherheit wieder zurück. Die beiden Männer, die aufgehört hatten zu arbeiten, als John angekommen war, bekamen dies zu spüren. »Los, macht weiter. Ich habe mit dem Gentleman etwas zu besprechen. Darf ich Sie in mein Büro bitten, Herr Oberinspektor?«
»Danke.«
Das Büro befand sich in dem Ziegelsteinbau. Das heißt, es gab an sich nur einen Raum. Er war Redaktion, Druckerei und Herstellung in einem. Winters Schreibtisch war mit Papieren übersät. Dazwischen lagen postergroße Horrorbilder.
John hatte die Zeitschrift in der linken Hand gehalten. Jetzt hob er den Arm, schlug das Magazin auf und legte es auf Winters Schreibtisch.
Mit dem Finger deutete er auf den bewußten Artikel. »Darum geht es mir.«
Winter setzte sich eine Brille auf, las die Zeilen noch einmal und fragte dann: »Und?«
»Haben Sie den Artikel geschrieben?«
»Nein, das war Jo Brown, mein Reporter.«
»Kann ich ihn sprechen?«
Winter nickte. »Ja, das geht. Warten Sie. Jo ist im Anbau.« Der Verleger stemmte sich hoch und brüllte mit voller Lautstärke den Namen des Mannes.
Drei Sekunden später kam Jo angeflitzt. Er war ein spindeldürrer Kerl, hatte große abstehende Ohren, trug verwaschene Jeans und auf seinem blonden Haarschopf eine Armeemütze. Der braune Pullover war ihm viel zu groß und reichte fast bis zu den Kniekehlen.
Vor Winters Schreibtisch blieb Jo stehen. »Chef?« fragte er und kickte sich die Mütze in den Nacken.
Max Winter deutete auf den Geisterjäger. »Das ist Oberinspektor Sinclair. Er hat mit dir einiges zu besprechen.«
Jo Brown drehte sich um neunzig Grad. »Was soll ich denn angestellt haben, Mister Polizist?«
»Es geht um den Artikel.« John hielt dem Spargeltarzan die Zeitschrift vor die Nase.
»Ach, die schwarze Hand.« Der Reporter begann zu lachen. »Das war ‘n Ding, kann ich Ihnen flüstern. Die Leute hatten vielleicht eine Angst, sage ich Ihnen.«
»Erzählen Sie mal«, forderte John den Knaben auf.
»Das war so. Ich wollte eigentlich Urlaub machen. In Cornwall, wissen Sie. Da wo abends noch der Mond mit der Latte weitergeschoben wird. Ich kam also in dieses Nest Bodmin, und dann ging es rund…«
Jo Brown erzählte von seinen Abenteuern. Er schmückte sie sogar noch großartig aus, aber John merkte sehr schnell, was gelogen und was Wahrheit war.
»Das wär’s dann, Sir«, sagte der Reporter und rieb sich die Himmelfahrtsnase. »Mehr kann ich Ihnen auch nicht sagen.«
»Das reicht schon«, erwiderte der Geisterjäger. »Sie haben mir sehr geholfen, Mister Brown.«
»Freut mich. Aber sagen Sie mal, weshalb interessieren Sie sich eigentlich für die Geschichte? Sinclair, den Namen kenne ich auch. Den habe ich irgendwann schon mal gehört. Und zwar in einem ganz bestimmten Zusammenhang. Wenn ich nur wüßte, wo.«
»Es gibt viele Sinclairs«, erwiderte John, bedankte sich noch einmal und ging.
Kaum hatte sich die Tür hinter ihm geschlossen, als Max Winter wie von der Tarantel gestochen von seinem Stuhl hochsprang und Jo Brown auf die Schulter klopfte.
»Mann, Junge, da hast du ja einen Riecher gehabt.«
»Wieso?«
»Tu doch nicht so dumm. Dieser Sinclair ist von Scotland Yard und hat sich nach dem Kaff Bodmin erkundigt. Ein Ort am Ende der Welt. Der macht das doch nicht ohne Grund. Da steckt was
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