GK0202 - Der Fluch der schwarzen Hand
den Kamin zu, wo sie in einer langen Fahne verschwanden.
Von einer Sekunde zur anderen war von dem unheimlichen Spuk nichts mehr zu sehen.
Ritchie war wieder allein.
Aber er hatte einen Auftrag erhalten. Noch in dieser Nacht sollte er seinen zweiten Mord begehen.
Ritchie Parson war entschlossen, dies zu tun.
Hastig verließ er die Hütte.
Der Sturm hatte nachgelassen. Windstille empfing den Jungen. Der Mond verschwand hin und wieder hinter Wolkenbänken, deren faserige Rände silbrig schimmerten.
Ritchie umklammerte das Messer. Als er einige Schritte gelaufen war, gab es hinter ihm plötzlich einen berstenden Knall.
Ritchie wandte sich um. Wie in Zeitlupe flog die Hütte auseinander. Dabei stand sie in hellen Flammen. Glühende Holzteile flogen nach allen Seiten, zischten raketenartig in den nahen Wald.
Ritchie lief schneller. Er wollte nicht noch von einem der Hölzteile getroffen werden.
Der Kinddämon fieberte schon seinem zweiten Mord entgegen…
***
Lord Parson erwiderte erst einmal nichts. Er sah seine Frau nur an, die seinem Blick unbeteiligt standhielt.
Still war es zwischen den Eheleuten. Von unten vernahmen sie die Stimmen des Butlers und dem Dienstmädchen. Der Butler gab dem Girl einige Anweisungen.
»Du sagst ja nichts«, meinte Lady Parson mit leiser Stimme.
»Bitte, Dorothy, mach nicht diese Scherze mit mir. Dafür habe ich keinen Humor.«
»Es sind keine Scherze.« Lady Parson bewegte beim Sprechen kaum die Lippen.
Der Lord drehte sich langsam um und blickte wieder aus dem Fenster. Er war beherrscht wie immer. Und das regte seine Frau so auf. Dieser Mann erinnerte sie an eine Kühltruhe. Kalt wie Eis wirkte er. Gefühle hatte sie bei ihm so gut wie gar keine feststellen können. Sie war in den Jahren der Ehe immer frustrierter geworden und hatte sich nun gerächt.
Auf ihre Weise.
»Wenn du mich schon vor die Tatsache stellst, meine liebe Dorothy, dann erwarte ich von dir auch eine Erklärung«, sagte der Lord mit ruhiger Stimme. Daß er ebenfalls innerlich aufgeregt war, konnte Lady Parson nur an seinen Händen erkennen, die unmerklich zitterten.
»Die kannst du haben, Averell.«
»Dann bitte.«
»Es war vor dreizehn Jahren, da habe ich dich zum erstenmal betrogen«, begann Lady Parson, und es tat ihr gut, als sie sah, wie ihr Mann zusammenzuckte. »Es geschah auf einem Maskenball. Du wirst dich sicher erinnern. Wir waren damals in Paris. Ein Freund hatte uns eingeladen und auch diesen Ball arrangiert. Die Pariser Gesellschaft war geladen, und während du dich mal wieder um Geschäfte gekümmert hast, habe ich einen Mann kennengelernt. Er trug das Kostüm eines Teufels. Erinnerst du dich, Averell?«
»Nein.«
»Ich aber um so besser. Wir tanzten eine Stunde lang miteinander. Dieser Mann war ein Traum. Er machte mir Komplimente, die ich sonst nur in Liebesromanen gelesen habe, und sie gingen bei mir runter wie Öl. Es war ganz selbstverständlich, daß er mich in den Garten bat. Es gab ja dort das kleine Teehaus, wie es dein Freund selbst getauft hatte. Es stand ziemlich versteckt in dem großen Park, war aber für unser Vorhaben besonders günstig. Ich habe mich nicht einmal geziert, als mich der Mann, von dem ich noch nicht den Namen wußte, in das Haus geleitete. Willst du noch mehr hören, Averell?«
»Ja.«
»Also gut. Wie gesagt, wir gingen in das Haus. Der Mann schloß ab. Der Sekt stand schon kalt. Und es gab dort ein riesiges Bett. Rund und mit einer dunkelroten Decke bezogen. Wir tranken, tanzten, küßten uns und das andere kam automatisch. Ich fand mich plötzlich auf dem Bett und in den Armen des fremden Mannes wieder. Oh, es war wie ein Rausch, der uns beide gepackt hielt und forttrug. Irgendwann kam ich dann wieder zu mir. Der Mann stand neben dem Bett. Endlich kam ich dazu, nach seinem Namen zu fragen. Er hatte auch während der ganzen Zeit seine Maske nicht abgenommen und meinte plötzlich, daß er sich gar nicht maskiert habe, daß er tatsächlich der Satan sei. Ich lachte ihn aus, doch er sagte mir, daß ich in neun Monaten ein Kind zur Welt bringen würde und daß dieses Kind dem Satan gehöre. Dann verschwand er. Von einem Augenblick zum anderen. Er löste sich kurzerhand in Luft auf. Ich habe mich angezogen und bin wieder zu den anderen Gasten zurückgegangen. Du, Averell, hast meine Abwesenheit gar nicht bemerkt.« Lady Parson lachte. »Das ist also meine Geschichte.«
Der Lord blieb weiterhin beherrscht. Nur seine Haltung straffte sich. Er nickte und
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