GK0215 - Die Rache des Kreuzritters
Gott, daß du ohne Waffe gegen mich antreten willst?«
»Ich bin nicht waffenlos.«
»Dann zeig mir deine Waffe!«
John blickte den Totenkopf des Ritters an. Dann hob er langsam die Hände.
»Halt!« Jetzt berührte die Schwertspitze John Sinclairs Kinn. Dem Geisterjäger wurde ganz anders.
»Was willst du, Alexander von Rochas? Ich habe gedacht, du wolltest meine Waffe sehen?« John räusperte sich. »Dazu muß ich aber mein Hemd aufknöpfen. Gestattest du es mir?«
Der Kreuzritter überlegte.
Währenddessen schielte John an ihm vorbei. Irene Held schlich lautlos auf den Ausstieg zu. Sie ging nur auf Zehenspitzen. In ihrem Gesicht schienen die Züge eingefroren zu sein. Es mußte sie eine ungeheure Überwindung kosten, von der Spitze des Turmes zu verschwinden. Daß irgendwann der Zusammenbruch kam, war für John Sinclair klar. Er hoffte nur, daß es nicht in den nächsten Sekunden geschah.
»Zeig mir deine Waffe«, verlangte der Ritter. Die Schwertspitze zuckte etwas zurück.
John atmete innerlich auf. Er nestelte die Knöpfe seines Hemdes auf. Die vier obersten öffnete er. Dann zog er das Hemd auseinander, so daß seine Brust frei vor den Blicken des Kreuzritters lag.
Und mit ihr das silberne Kreuz!
Das Kreuz der Weißen Magie. Zeichen des Guten – Sieger über das Böse!
Der Kreuzritter stieß einen Fluch aus. Er deckte mit dem linken Arm sein Gesicht ab, drehte sich dabei zur Seite.
Das war genau in dem Augenblick, als Irene Held endgültig verschwand.
»Das Kreuz, für das du einst gekämpft hast, wird dich nun vernichten«, rief John Sinclair. »Du wirst dem Tod nicht entgehen!«
»Nein!« brüllte der Ritter, fuhr herum und sah, daß Irene Held verschwunden war.
Da wußte er, daß John ihn hereingelegt hatte.
»Stirb!« donnerte der Ritter, riß den Arm mit dem Schwert herum und führte einen mörderischen Streich gegen John Sinclairs Hals…
***
Irene Held stolperte die Stufen herunter. Ihre Gedanken waren nur auf ein Ziel hin programmiert.
Flucht!
Sie nahm nicht wahr, wo sie sich befand. Automatisch setzte sie ihre Füße. Die rechte Hand tastete über das Geländer. Ihr Herz schlug überlaut, stöhnend drang der Atem über ihre Lippen.
Und dann sah sie die offen stehende Zimmertür.
Irgend etwas in ihrem Hirn rastete ein.
Die Erinnerung kam.
Zimmer, Turm – Rainer!
Irenes Augen wurden weit. Der innerliche Schrecken spiegelte sich in ihren Pupillen wider. Deutlich hatte sie das Bild des Kreuzritters vor ihren Augen. Wie er in das Zimmer gestürmt war. Und wie er mit dem Schwert auf Rainer Schröder eingeschlagen hatte.
»Rainer!«
Der Schrei drang über ihre Lippen, schien ihr Flügel zu geben. Mehr stürzend als gehend rannte sie in das gemeinsame Zimmer.
Sie fand ihren Freund. Er lag auf dem Boden. Um die linke Schulter hatte er einen provisorischen Verband gewickelt. Er war blutdurchtränkt. Rainer mußte gräßliche Schmerzen haben. Das war auf seinem Gesicht deutlich abzulesen.
»Rainer!« schrie Irene. Sie ließ sich neben ihrem Freund zu Boden fallen und bedeckte sein Gesicht mit Küssen. Dabei schluchzte sie wie ein kleines Kind.
Rainer Schröder legte seinen gesunden Arm um Irenes Schulter. »Ich laß dich nicht mehr los«, flüsterte er. »Ich laß dich nicht mehr los.«
Gemeinsam warteten sie auf John Sinclair – oder den Tod…
***
Der Geisterjäger ging gedankenschnell in die Knie. Das Schwert pfiff über ihn hinweg, und John hatte das Gefühl, ein paar Haare verloren zu haben.
Besser das, als den Kopf, sagte er sich.
Er war plötzlich eiskalt. Jetzt, wo die Entscheidung dicht bevorstand, hatte er seine Nerven und Reflexe unter Kontrolle. Er wußte Irene Held in Sicherheit, brauchte nun auf keinen mehr Rücksicht zu nehmen.
Der Kreuzritter war von Johns Reaktion überrascht worden. Bisher hatte er jeden Gegner mit einem Streich getötet, und er begann zu ahnen, daß er diesmal nicht solch ein leichtes Spiel haben würde.
Du mußt ihn mit seinem eigenen Schwert töten! Die Worte des Wirtes gingen John Sinclair nicht aus dem Kopf. Und er versuchte alles, um dies in die Tat umzusetzen.
John schnellte zur Seite.
Damit entging er dem nächsten Hieb. Die Klinge des Schwertes knallte auf das Mauergestein und ließ Funken aufsprühen. Aber sofort kreiselte der Ritter herum und holte zum nächsten Streich aus.
John riß sich das Kreuz von der Brust. Er hatte soviel Kraft hineingelegt, daß die Kette entzweiging.
Wieder raste das Schwert auf ihn zu.
John
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