GK0215 - Die Rache des Kreuzritters
reagieren zu können. Zum erstenmal sahen sie die unheimliche Gestalt so dicht vor sich. Sie sahen den häßlichen Totenschädel und die blutige Klinge des Schwertes.
Rainer packte seine Freundin und warf sie hinter sich auf das Bett.
Ein widerliches Lachen drang aus dem zahnlosen Maul des Kreuzritters.
»Sie entkommt mir nicht«, sagte er und machte einen Schritt in das Zimmer hinein.
Rainer Schröder sprang zurück und packte die Lehne eines Stuhls. Er wollte sein und Irenes Leben so teuer wie möglich verkaufen.
Da schlug der Ritter zu.
Blitzend zerteilte sein Schwert die Luft und genau da riß Rainer den Stuhl hoch.
Die Klinge war höllisch scharf. Sie zerteilte das Holz des Stuhles, als wäre es Butter. Schreiend ließ Rainer die beiden Hälften fallen. Der Schlag hatte noch soviel Wucht, daß Rainer Schröder an der linken Schulter getroffen wurde.
Die Klinge zerriß das Muskelgewebe. Rainer spürte den höllischen Schmerz. Er sah das Blut aus der Wunde quellen und brach zusammen. Dicht neben dem Bett blieb er liegen.
Der Kreuzritter aber lachte.
Wieder holte er mit dem Schwert aus. Er wollte den vor ihm liegenden Rainer Schröder endgültig töten.
Da sprang Irene Held auf. Mit einem verzweifelten Griff fiel sie dem Ritter in den Arm.
»Nicht!« rief sie. »Laß ihn leben!«
Der Ritter schüttelte Irene Held mit einer lässig anmutenden Bewegung ab. Dann drehte er den Kopf.
Irene sah in die schrecklichen Augenhöhlen.
Und da packte die linke Klaue des Ritters zu.
Es war ein mörderischer Griff. Irene Held fühlte sich hochgehoben und lag im nächsten Augenblick über der Schulter des Kreuzritters.
»Ich werde dich mitnehmen!« sagte er. »Oben auf dem Turm werde ich meinen Triumph erleben!«
Lachend verließ er mit Irene das Zimmer.
Verzweifelt schrie das Mädchen um Hilfe.
Doch es war keiner da, der sie aus den Klauen dieser Bestie befreien konnte.
Rainer Schröder lag blutend auf dem Boden des Turmzimmers und kämpfte gegen die Wellen der Ohnmacht an. Der Kreuzritter aber näherte sich mit seinem Opfer unbeirrt der Spitze des Turms.
Und niemand konnte ihn aufhalten…
***
John Sinclair sah die offenstehende Tür des Turmzimmers und bremste seinen Lauf.
Augenblicklich hörte er das schmerzvolle Stöhnen und die Hilferufe.
John stürmte in das Zimmer.
Rainer Schröder lag am Boden. Trotz seiner schweren Verletzung versuchte er zur Tür zu kriechen. Das Gesicht war verzerrt, der Mund stand halb offen, Speichel rann ihm über die Lippen.
Der junge Mann war am Ende seiner Kraft. Er war fertig!
»John!« stöhnte er. »John, ich…«
»Ruhig liegenbleiben, Rainer!« Der Geisterjäger ging neben Rainer Schröder in die Knie. Er sah die tiefe Schulterwunde und handelte kurzentschlossen.
John riß das Bettlaken entzwei, rollte daraus einen Verband und knotete ihn provisorisch um die Schulter des jungen Mannes, um wenigstens die Blutung zu stoppen.
»Nicht!« keuchte Rainer. »Nein! Kümmern Sie sich nicht um mich. Der Kreuzritter – er war da. Und hat Irene…«
»Wo ist er hingelaufen?« fragte John.
»Nach oben. Die Treppe hoch. Er will sie auf die Spitze des Turmes bringen. Bitte, John, retten Sie sie. Bringen Sie ihn um, diesen verdammten Ritter!«
John Sinclair sprang auf. Es kam jetzt wirklich auf jede Sekunde an. »Sie bleiben so liegen!« rief er Rainer Schröder noch zu, dann war er schon aus dem Zimmer.
Der Oberinspektor hatte sich mittlerweile an das Laufen über eine Wendeltreppe gewöhnt. Er nahm die Stufen, als hätte er nichts anderes vorher gemacht.
Weit war es nicht mehr bis zur Turmspitze. Die Treppe führte das letzte Stück nicht mehr in Kehren weiter, sondern gerade. Sie mündete vor einer Falltür, die allerdings jetzt hochgeklappt war. John konnte den Sternenhimmel sehen.
Er ging über die letzten Stufen. Bisher hatte er dem Ritter noch nicht gegenübergestanden. In wenigen Sekunden würde es soweit sein. Und dann würde sich entscheiden, wer Sieger blieb.
Die Chancen lagen allerdings auf Seiten des Kreuzritters.
Mit einem gewaltigen Satz überwand John Sinclair die letzten Stufen. Und stand auf der luftigen Plattform des Turmes!
Der Ritter hatte ihn schon erwartet.
Sein Gelächter schallte John Sinclair entgegen. Der Totenschädel unter dem Helm war zu einem häßlichen Grinsen verzogen. Kampfbereit hielt er das Schwert in seiner rechten Knochenhand.
Sekundenlang standen sich die beiden Gegner gegenüber. Die Szene hätte ein Drehbuchschreiber für
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