GK0215 - Die Rache des Kreuzritters
geheult«, stellte Rainer Schröder fest. »Wieso denn das?«
Paulette drehte den Kopf zur Seite.
Rainer warf Michael einen verständnislosen Blick zu. »Ist was?« fragte er dann.
»Erzähle ich dir später«, erwiderte Michael Kramer. »Aber mal was anderes. Wo ist Irene?«
Irene Held war Schröders Freundin. Sie war Junglehrerin und erst ein halbes Jahr in ihrem Beruf tätig.
Rainer lachte. »Du kennst sie doch. Die hat auf der Hauptstraße einen kleinen Andenkenladen entdeckt und räumt den jetzt aus. Wir können solange in die Kneipe gehen«, schlug Rainer Schröder vor. »Ich habe vielleicht einen Brand, das gibt’s gar nicht.«
Die drei betraten das Lokal.
Der Wirt erwartete sie schon. Er lächelte freundlich. »Was darfs denn sein?« erkundigte er sich.
»Für mich ein Bier«, rief Rainer Schröder. »Schön vom Faß. Am liebsten wäre mir ja ein Alt.«
»Wir haben nur Flaschenbier.«
Rainers Gesicht verzog sich. »Meinetwegen auch das.«
Paulette Plura und Michael Kramer tranken Mineralwasser. Sie hatten sich an einen runden Tisch gesetzt. Die Sonnenstrahlen fielen schräg durch das Fenster und zeichneten ein helles Muster auf den Boden der Gaststätte.
»Ich finde es sagenhaft, daß wir in dieser Burg unseren Urlaub verbringen«, sagte Rainer. »Das wird eine Schau, kann ich euch sagen.«
»Man hat uns aber schon gewarnt«, warf Michael Kramer ein.
»Wieso? Etwa vor einem Geist?« Schröder lachte. »Wäre doch irre, wenn da ein Geist herumspukt.«
»Bitte laß das«, sagte Paulette.
Schröder grinste. »Hast du jetzt schon Angst?« Er legte seine Hand auf ihren Arm. »Keine Bange, Mädchen, ich bin ja bei dir.«
Paulette schüttelte die Hand ab.
Rainer hob die Augenbrauen. »Gnädige Frau sind wohl heute nicht in Form, wie?«
Der Wirt brachte die Getränke. Schröder bestellte gleich noch eine Flasche. Während er sich sein Glas vollschenkte, meinte Michael Kramer: »Sie hat angeblich eine Tote gesehen. Draußen im Stall.«
Schröder kippte vor Schreck zuviel Bier ins Glas. Die Flüssigkeit schäumte über. »Mensch, das ist ja was für mich«, rief er. »Ich als alter Schriftsteller baue daraus einen Roman. Okay?«
Rainer Schröder war tatsächlich Autor. Er schrieb Western, Krimis und auch Liebesgeschichten mit viel Schmalz und Herz. Wenn man ihn so betrachtete, konnte man das kaum glauben. Seine Spezialität jedoch waren Pornos. Da hatte er sich schon die Finger wundgeschrieben, und die Verleger hatten ihm diese Machwerke mit Kußhand abgenommen.
»Ich möchte nicht, daß du darüber redest«, sagte Paulette vorwurfsvoll zu Michael gewandt.
»Okay, schon gut.«
Das zweite Bier kam. Der Wirt nahm die leere Flasche gleich wieder mit. Michael Kramer warf einen Blick auf seine Uhr. »Es wird Zeit, daß wir langsam losfahren«, sagte er. »Ich möchte möglichst noch bei Tageslicht auf der Burg ankommen.«
»Das schaffen wir schon«, meinte Rainer Schröder. »Erst einmal muß Irene hier sein.«
Wie auf ein Stichwort hin öffnete sich die Tür, und Irene Held betrat die Gaststätte.
»Da bist du ja endlich«, rief Rainer Schröder. »Wir haben schon auf dich gewartet.«
»So schlimm wird es wohl nicht gewesen sein.« Irene lachte. Sie hielt eine Tragetasche aus Plastik in der Hand. Die Tasche war unten ausgebeult. Irene kam an den Tisch, stellte die Tasche ab und begrüßte die anderen. »Schön, dich wiederzusehen, Paulette«, sagte sie. Michael bekam einen Kuß.
Irene Held war ein zierliches Persönchen. Sie trug einen langen, bis zum Boden reichenden Rock und darüber eine bunte Bluse im Zigeunerlook. Die Bluse hatte weite, geschwungene Ärmel. Sie wurde durch ein Gummiband unter den nackten gebräunten Schultern festgehalten. Irenes Haar war pechschwarz. Sie hatte es wegen der Hitze hochgesteckt und im Nacken zu einem Knoten zusammengebunden. Ihr Gesicht war schmal, die Haut etwas blaß, was allerdings nicht störte, denn dadurch kamen die großen, dunklen Augen noch mehr zur Geltung.
»Möchtest du was trinken?« fragte Rainer.
»Nein, danke.« Irene schüttelte den Kopf. »Ich nehme nur ein Schluck Bier.«
Sie trank aus Rainers Glas.
Michael Kramer blickte auf seine Uhr. »Ich schlage vor, daß wir jetzt aufbrechen, sonst kommen wir wirklich zu spät.«
Die anderen waren einverstanden.
Michael beglich die Rechnung. Der Wirt sah ihn dabei seltsam an. »Noch können Sie es sich überlegen«, flüsterte er. »Fahren Sie nicht zu der alten Burg.«
»Unser Entschluß
Weitere Kostenlose Bücher