GK0215 - Die Rache des Kreuzritters
übertönte. Dann hob er die rechte Hand mit dem Schwert.
Schröder war stehengeblieben.
Zwei, drei Sekunden brauchte er, um seine Überraschung zu überwinden. Er konnte, gar nicht begreifen, daß der Ritter ihn einfach niederreiten wollte.
Übergroß sah er den Kopf des Pferdes vor sich, sah plötzlich die Flammenzungen aus den Nüstern lecken und bekam mit, wie das Schwert mit ungeheurer Wucht auf ihn niederfuhr.
Die Waffe hätte Rainer Schröder in zwei Hälften gespalten.
Hätte…
Im letzten Moment jedoch warf sich der Schriftsteller mit einem verzweifelten Hechtsprung zur Seite. Flach flog er über den Boden, fiel mit dem Kopf zuerst ein ein Gebüsch. Er hörte dicht neben sich das Stampfen der Hufe und vermeinte auch das Pfeifen der Schwertklinge zu vernehmen, als sie die Luft zerschnitt.
Dann war der Spuk vorbei.
Rainer Schröder lag in dem Gebüsch.
Unverletzt!
Er sah nicht mehr, wie der Reiter das Pferd antrieb und es hoch über den gestürzten Baumstamm springen ließ. Dann galoppierte der Rappe dicht an dem Wagen vorbei.
Noch einmal hob der Ritter sein Schwert.
Die Klinge donnerte auf das Blech, und dort, wo sie getroffen hatte, riß der Kotflügel auf, als wäre er aus Papier.
Sekunden danach war der Kreuzritter im nahen Wald verschwunden. Nur das Höllengelächter gellte noch durch den schwindenden Tag. Schließlich verklang es ebenfalls.
Es dauerte einige Zeit, bis Rainer Schröder sich wieder gefangen hatte. Ächzend und keuchend wühlte er sich aus dem Gebüsch. Er war von oben bis unten schlammverschmiert. Blätter hingen in seinen Haaren und klebten an der Kleidung. Als er sich aufrichtete, merkte er, wie sehr seine Beine zitterten. Als wären seine Knie mit Pudding gefüllt.
So etwas hatte er noch nie erlebt.
»Der Kerl hätte mich doch glatt umgebracht«, sagte Rainer Schröder rauh.
Er ging zu seinem Wagen zurück.
Der Ritter war längst verschwunden.
Die Türen des 2 CV wurden aufgerissen. Nichts hielt die drei anderen Freunde mehr im Wagen. Auch ihnen saß der Schreck noch in den Knochen. Leichenblaß waren ihre Gesichter.
Der Regen hörte auf. Auch die schwarzen Wolken verzogen sich. Bald tropfte es nur noch von den Bäumen und Büschen.
Als Rainer Schröder über den Baumstamm kletterte, kam ihm Irene Held entgegengelaufen. Sie warf sich in seine Arme.
»Bist du verletzt? Ist etwas geschehen?«
»Beruhige dich, Liebling, es ist nichts«, erwiderte Rainer. »Aber wenn ich den Hundesohn kriege, kann er was erleben«, drohte er. »Der soll mir nur mal in die Finger laufen.«
Er legte einen Arm um Irenes Schulter und ging die paar Schritte bis zum Wagen.
Michael Kramer stand neben dem rechten hinteren Kotflügel. Kopfschüttelnd starrte er auf das Blech. »Der Kerl hat den mit dem Schwert glatt durchschlagen. Der muß wahnsinnig sein.« Michael sah Rainer an. »Was meinst du?«
»Eine andere Erklärung habe ich auch nicht. Hätte ich nicht so schnell regiert, könntet ihr jetzt meine Knochen zählen. Aber eins sage ich euch. Ich kriege noch heraus, wer sich hinter der Maske verbirgt. Und dann geht es rund.«
»Sollen wir überhaupt weiterfahren?« fragte Paulette. »Ich meine, bis zur Burg. Der Wirt hat uns ja gewarnt. Und dieser Kreuzritter ist tatsächlich aufgetaucht.«
Rainer Schröder holte seine Brille aus der Tasche, putzte die Gläser und setzte sich die Brille wieder auf die Nase. »Und ob wir zu dieser Burg fahren«, sagte er. »Jetzt erst recht. Ihr seid doch alle einverstanden – oder?«
Michael nickte. Paulette hatte den Blick gesenkt. Irene war für den Vorschlag ihres Freundes.
»Du bist überstimmt, Paulette«, sagte Rainer. »Kommt, Leute, räumen wir erst einmal den Baumstamm weg. Das weitere wird sich dann finden. Wäre doch gelacht, wenn uns solch eine komische Type Angst einjagen könnte.«
Rainer Schröder lachte nach seinen Worten. Allerdings konnte er zu diesem Zeitpunkt nocht nicht ahnen, wie sehr er noch kennenlernen sollte, was Angst ist…
***
Etwa zur gleichen Zeit in einer Pinte in Wiesbaden.
Stimmengewirr erfüllte den gemütlich eingerichteten Gastraum. Die Tür stand offen. Letzte Sonnenstrahlen fielen schräg durch die Öffnung, legten einen breiten Streifen über das kurze Ende des rechtwinkligen Tresens.
Die Theke war belagert. Männer, die ihren Arbeitstag hinter sich hatten, stillten ihren Durst. Der Wirt hatte alle Hände voll zu tun, genau wie die Bedienung, die das Bier oft gar nicht so schnell bringen konnte, wie es
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