GK0215 - Die Rache des Kreuzritters
vorstellen«, sagte Mallmann.
»Der Kreuzritter. Die Spukgestalt.« Fritz Tennart beugte sich auf seinem Stuhl vor. Er atmete heftiger. Sein Gesicht war hochrot geworden. Die Erinnerung übermannte ihn. »Will, er saß auf einem Pferd. Es war ein Rappe. Aus den Nüstern drang Feuer. Wirklich! Feuer! Du kannst es dir nicht vorstellen. Und dann der verdammte Ritter selbst. Unter dem Helm ein grinsender Totenschädel. Dann die Rüstung und darüber noch ein Kettenhemd. Er hielt sein Schwert in der Hand. Dann ritt er los. Zum Glück an mir vorbei. Mensch, Will, ich hätte mir vor Angst bald in die Hose gemacht.«
»Das kann ich verstehen«, erwiderte Kommissar Mallmann. »Und du glaubst wirklich, daß dieser Ritter echt war. Ich meine, daß er sich nicht verkleidet hatte?«
»Der war echt, Will. Darauf kannst du dich verlassen.«
Will Mallmann nickte. Dann nahm er einen Schluck Bier. »Und weshalb erzählst du mir das alles?« fragte der Kommissar.
Fritz Tennart hob den Blick. »Kannst du dir das nicht denken? Du hast mir doch mal die Geschichte von diesem Hotel im Schwarzwald erzählt. Da sind doch sogar die Toten auferstanden. Ich habe das damals nicht geglaubt, doch heute denke ich anders darüber.«
Will Mallmann lächelte. »Hast du dir denn schon Gedanken gemacht, wie es weitergehen soll?«
Fritz Tennart nickte.
»Und?«
»Ich dachte, daß du unter Umständen mal in dieses Dorf fährst und der Spukerscheinung auf den Grund gehst.«
»Das geht nicht.« Will Mallmann schüttelte entschieden den Kopf. »Und weshalb nicht?«
»Weil ich keinen Urlaub habe.«
»Vielleicht geht es auf dem dienstlichen Weg«, schlug Fritz Tennart vor.
Will Mallmann begann zu lachen. »Was meinst du, was mir meine Vorgesetzten erzählen. Ich kann doch nicht einfach in das Elsaß fahren. Nur weil du einen Geist gesehen hast.«
»Aber einen, der existiert.«
»Ich glaube dir ja. Aber die anderen nicht.« Mallmann beugte sich vor. »Fritz, überlege doch mal. Du bist selbst beim BKA. Zwar in der Verwaltung, aber du kennst die Dienstvorschriften. Ich kann nicht einfach ohne einen offiziellen Auftrag irgendwohin brausen. Das geht nicht. Noch nicht einmal, wenn ich hin und wieder einen Sonderauftrag für Interpol übernehme, wie du ja weißt.«
»Dann hat es also keinen Zweck?« fragte Tennart kleinlaut.
»Wahrscheinlich.«
»Mist, verdammter.« Fritz Tennart stützte seinen Kopf in beide Hände. »Wenn es doch nur eine Möglichkeit gäbe«, murmelte er.
»Ein Bier noch, der Herr?« Die Bedienung sah Will Mällmann freundlich lächelnd an.
»Ja – aber ein kleines.«
»Bitte sehr.«
Tennart trank nichts. Er nagte an seiner Lippe. »Wahrscheinlich kann ich den ganzen Fall jetzt vergessen, nicht wahr?«
»So ist es«, erwiderte Mallmann.
Die Kellnerin brachte das Bier. Der Kommissar bedankte sich mit einem Lächeln.
Fritz Tennart hob mit einer resignierenden Geste beide Schultern. »Es tut mir leid, Will, daß ich deine Zeit in Anspruch genommen habe. Aber ich hatte gedacht…«
Mallmann winkte ab. »Macht nichts, Fritz. Du hast es gut gemeint.« Der Kommissar stand auf, weil sich Fritz Tennart ebenfalls erhoben hatte. Die beiden Männer reichten sich die Hände. Dann ging Fritz Tennart zur Theke und zahlte seine Rechnung.
Will Mallmann blieb noch sitzen. In langsamen Schlucken trank er sein Glas leer.
Diese Geschichte, die ihm Fritz Tennart erzählt hatte, interessierte ihn sehr. Er hatte es Tennart nur nicht gesagt. Sein Kollege brauchte nicht zu wissen, daß sich Kommissar Mallmann tatsächlich hinter den Fall hängen wollte. Mallmann wollte die Sache allein in die Hand nehmen. Das hieß, nicht selbst den Fall lösen, sondern einen Spezialisten damit beauftragen.
Und dieser Spezialist war John Sinclair, der Geisterjäger…
***
Rainer Schröder reckte und streckte sich, als wäre er der Star in einem Bodybuilding-Center. Er war soeben aufgewacht. Das Sonnenlicht hatte ihn aus dem Schlaf gerissen. In einem breiten Strahl fiel es durch das Spitzbogenfenster im Turm der Burg.
Rainer Schröder blickte nach links.
Neben ihm zeichnete sich Irene Heids Körper unter dem dünnen Laken ab. Irene schlief noch. Wie Rainer seine Freundin kannte, würde sie auch vor Mittag nicht aufwachen. Die Nacht war nur kurz gewesen. Sie hatten ziemlich lange gehext und waren dann todmüde in die Betten gefallen.
Rainer Schröder stand auf, griff nach seiner Brille und setzte sie auf. Auch er fühlte ein Brummen im Schädel, doch er
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