GK078 - Das Todeslied des Werwolfs
Vertrauen haben. Wenn Sie ein Problem haben, sagen Sie es. Wir werden versuchen, es gemeinsam zu lösen.«
»Dr. Cracken!«, röchelte Rack.
»Hm?«
»Dr. Cracken… Ich … Ich glaube … Ich weiß …. Dr. Cracken … Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll. Es ist so schrecklich. Es ist so grauenhaft. Ich wage kaum darüber zu sprechen.«
»Wenn Sie wollen, dass ich Ihnen helfe, müssen Sie es mir schon sagen, Mr. Rack.«
Rack hechelte.
»Es ist etwas Schlimmes, Dr. Cracken. Etwas sehr, sehr Schlimmes.«
»Was, Mr. Rack? Was ist es?«
»Vielleicht werden Sie denken, ich bin verrückt.«
»Lassen Sie mich mein eigenes Urteil bilden, Mr. Rack.«
Rack hüstelte.
»Ich glaube, ich weiß, wer meine Schwester getötet hat, Dr. Cracken!«
»Tatsächlich? Wer?«
»Ich! Ich, Dr. Cracken!«
Der Psychiater lachte verhalten.
»Na, hören Sie, Mr. Rack!«
»Ich wusste, dass Sie mir nicht glauben würden!«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Doch! Doch! Ich sehe es Ihnen an. Sie glauben mir nicht. Aber es ist die Wahrheit. Ich habe meine Schwester umgebracht. Ich bin ein Werwolf!«
»Wie kommen Sie denn darauf?«, fragte der Psychiater erregt.
»Tage vor dem Mord fühlte ich mich schrecklich unruhig«, sagte Rack. »Dann kam die Nacht, in der Alice starb. Ich kann mich an diese Nacht nicht erinnern, Dr. Cracken.«
»Es ist möglich, dass Menschen, manchmal solche Gedächtnislücken haben, Mr. Rack«, erwiderte der Psychiater. »Deshalb müssen Sie aber noch lange kein Werwolf sein.«
»Ich sage Ihnen, ich bin einer. Ich fühle so wie ein Wolf. Manchmal – tagsüber – habe ich den Wunsch, über einen Menschen herzufallen, ihn zu zerfleischen. Finden Sie das normal, Dr. Cracken?«
»Das kommt darauf an, was Ihnen dieser Mensch, über den Sie herfallen wollen, angetan hat. Wenn er Sie gereizt hat, ist eine solche Reaktion völlig normal.«
»Ich bin nicht normal, Dr. Cracken! Ich nicht! Ich sehne mich nach dem Vollmond. Ich habe im Lexikon nachgelesen. Werwölfe lieben den Vollmond.«
»Vielleicht sind Sie bloß romantisch veranlagt, Mr. Rack.«
»Wollen Sie nicht verstehen, Dr. Cracken? Wollen Sie mir nicht glauben?«
»Aber ja…«
»Ich habe nicht den Eindruck«, schrie Ken Rack außer sich.
»Sagen wir so, Sie haben mich noch nicht überzeugt, dass Sie tatsächlich ein Werwolf sind«, hörten wir den Psychiater sagen.
Ich biss aufgeregt auf meinem Lakritzbonbon herum. Vicky hielt ihr rechtes Knie umklammert. Dr. Cracken starrte gebannt auf das kleine Tonbandgerät.
»Ich soll Sie also davon überzeugen, dass ich die Wahrheit sage, Dr. Cracken!«, fauchte Ken Rack. Der drohende Unterton in seiner Stimme war nicht zu überhören. Vicky und ich schauten uns erschrocken an.
»Können Sie das denn?«, fragte Dr. Cracken.
»Ich glaube, ich kann.«
»Und wie?«
»Das werden Sie gleich sehen, Dr. Cracken!« Racks Stimme hatte sich verändert. Sie war heiser geworden. Manchmal klangen die Worte, die er sprach, mehr nach einem gefährlichen Knurren. »Es ist zu hell hier drinnen!«, fauchte er.
»Soll ich die Jalousie runterlassen?«, fragte Dr. Cracken.
»Ja, tun Sie das.«
Wir hörten Cracken die Jalousie bedienen.
»Sind Ihnen die Lichtverhältnisse so recht, Mr. Rack?«
»Ja«, knurrte Rack, dass es uns eiskalt über den Rücken rieselte. »Oja, Dr. Cracken. Und nun kommen Sie her. Setzen Sie sich zu mir. Ich will weiter beichten!«
Ich hatte das Gefühl, der Teufel würde mit einem Mal aus Rack sprechen. Er fauchte, zischte und knurrte immer wieder. Obwohl wir Rack nicht sehen konnten, konnten wir uns doch lebhaft vorstellen, was für eine erschreckende Wandlung mit ihm vorgegangen war.
Rack stieß bellende Laute aus. Dann begann er wie ein Wolf zu heulen. Zwischendurch hechelte er.
Dr. Cracken stand der Schweiß auf der Stirn. Er zitterte.
»Soll ich Ihnen etwas verraten, Dr. Cracken?«, keuchte Ken Rack aus dem Lautsprecher.
»Was, Mr. Rack?«
»Es gelüstet mich, über Sie herzufallen, Sie zu töten.«
»Können Sie mir erklären, weshalb es Sie danach gelüstet, Mr. Rack?«, fragte Dr. Cracken so nüchtern wie möglich.
»Ganz einfach zu erklären«, bellte Rack. »Ich bin ein Werwolf.«
»Dann könnten Sie sich vor meinen Augen in einen Wolf verwandeln.«
»Sie haben unverschämtes Glück, Dr. Cracken!«, knurrte Rack. »Es ist Tag. Am Tag bin ich dazu nicht in der Lage. Verwandeln kann ich mich nur nachts. Seien Sie froh, dass es noch hell ist. Sie würden unser Gespräch
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