GK083 - Der Henker aus dem Totenreich
dir. Kirsten!«, schrie Wolf ärgerlich. »Es hat keinen Zweck, die Schlafende zu spielen. Komm heraus, sag zu meinem guten Freund Slim Colby guten Tag – oder gute Nacht, und mach uns Kaffee! Na! Wird’s bald! – Verdammt, wenn du dich nicht gleich zeigst, kannst du was erleben! Denkst du, ich lasse mich von dir vor meinem Freund bloßstellen? Es ist deine verdammte Pflicht, mir und Slim Kaffee zu machen, wenn ich welchen haben will! Schließlich bist du meine Frau! Ich kann verlangen…«
»Vielleicht ist sie gar nicht zu Hause!«, gab Colby zu bedenken.
»Blödmann! Wo soll sie den allein, mitten in der Nacht, hingegangen sein, eh?« Wolf schüttelte grimmig den Kopf. »Nein, nein. Ich sage dir, die hat sich die Decke über den Schädel gezogen, damit sie mich nicht rufen hört. Aber das wird ihr nichts nützen. Wir wollen Kaffee! Wir wollen Kaffee! Wir wollen Kaffee!«
»Wir wollen Kaffee!«, stimmte auch Colby in das Gejohle ein.
Als Kirsten auch darauf nicht reagierte, knurrte Herrmann Wolf: »Jetzt reicht’s mir aber!«
Er stürmte los.
Colby wieselte hinter ihm her.
Sie rannten in Richtung Schlafzimmer.
Vor der Tür entdeckten sie Kirsten, Herrmann Wolf blieb wie vom Donner gerührt stehen. Mit weit hervortretenden Augen starrte er auf die Tote.
Sie lag seltsam verrenkt auf dem Boden. Deutlich war die Nylonschlinge um ihren Hals zu erkennen.
Mit einem gequälten Schrei warf sich Wolf auf die tote Frau.
»Kirsten!«, brüllte er verzweifelt. »O Kirsten!« Er weinte. Er vergrub sein Gesicht in ihrem erkaltenden Körper. »Wer hat das getan? Wer hat meine Frau…? Kirsten! Kirsten, wer war das?«
Er begriff nicht, dass ihm Kirsten darauf keine Antwort mehr geben konnte.
Er heulte markerschütternd.
Slim Colby stand ratlos hinter ihm.
»Verdammt, Herrmann! Das ist das Schlimmste, was einem passieren kann.«
Er knetete nervös die dünnen Finger. Er nagte an der Unterlippe.
»Ich glaube, ich sollte jetzt lieber abhauen«, ächzte er.
Herrmann Wolf wandte ihm sein bleiches Gesicht mit den rotgeweinten Augen zu.
»Du darfst jetzt nicht gehen, Slim!«, flehte er. »Lass mich in dieser schweren Stunde nicht allein.«
»Was soll ich denn tun, Herrmann? Ich kann dir nicht helfen.«
»Ruf die Polizei an, Slim! Bitte! Tu mir den Gefallen. Ruf die Polizei für mich an. Sag, dass meine Frau ermordet wurde. Sag ihnen, sie sollen schnell kommen. Schnell, ja? Vergiss es nicht.«
Die Mordkommission wurde von Capitano Pedro Delgado angeführt.
Als Delgado die Nylonschlinge um den Hals der Schwedin sah, atmete er – so paradox das klingen mag – erleichtert auf. Was passiert war, war zwar in höchstem Maße bedauerlich. Aber dieser Mord war wenigstens nicht von der unheimlichen Garrotte begangen worden. In diesem Fall galt es, einen Mörder aus Fleisch und Blut zu fassen. Darauf verstand sich Delgado.
Der Assistent des Capitano fand das rote Nylonseil. Es baumelte vor dem offen stehenden Fenster.
Delgado schickte daraufhin drei Männer auf das Dach. Sie sollten etwaige Spuren sichern.
»Wie lange waren Sie von zu Hause fort, Señor Wolf?«, fragte der Capitano. Er kannte den Galeriebesitzer und dessen Frau. Sie waren einander in Carronas Haus vorgestellt worden.
»Ich war etwa vier Stunden weg«, sagte Herrmann Wolf. Der Schock hatte seinen Rausch abklingen lassen. Auch Slim Colby war wieder einigermaßen gut beisammen.
»Wir trafen uns auf der Plaza Espana«, sagte der Amerikaner, ohne gefragt worden zu sein. »Von da zogen wir durch einige Kneipen. Ich bin Maler, verstehen Sie? Und Herrmann will meine Bilder in seiner Galerie groß herausbringen. Wir hatten eine lange Besprechung. Vier Stunden lang. Dann machte Herrmann den Vorschlag, ich solle mit ihm noch auf einen Kaffee nach Hause kommen.«
»Kannten sie Señora Wolf?«, fragte Delgado den Amerikaner.
»Nicht persönlich. Aber ich habe einige Male mit ihr telefoniert.«
Delgado wandte sich an den Deutschen.
»Haben Sie einen Verdacht, wer diesen Mord begangen haben könnte, Señor Wolf?«
Der Galeriebesitzer schüttelte gebrochen den Kopf.
»Nein, Capitano.«
»Hatte Ihre Frau Feinde?«
Wolf schaute den Capitano erstaunt an.
»Kann eine Frau, die so schön ist wie Kirsten, Feinde haben? Die Männer lagen ihr zu Füßen.«
»Vielleicht war da ein hartnäckiger Verehrer, den sie abgewiesen hat. In einem solchen Fall kann aus Liebe sehr schnell Hass werden, Señor Wolf.«
»Sie hätte mit mir darüber gesprochen. Wir hatten keine
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