GK170 - Die mordenden Bilder
jähzornig.
Meine Hand schnellte vorwärts. Meine Finger krallten sich in Kullmans Tweedjackett. Ich riss den Kleinen an mich und schrie ihm ins schmale Gesicht: »Jetzt hören Sie mir mal genau zu, Sie Zwerg! Ich bin nicht zu meinem Vergnügen hier. Man hat mir erzählt, dass Barry Gibbsons Tod eine reichlich mysteriöse Angelegenheit gewesen ist. Ich wurde gebeten, der Sache auf den Grund zu gehen, und ich habe zugesagt, mich darum zu kümmern. Nun ist es in der freien Wirtschaft so, dass man Erfolge aufweisen muss, um anerkannt zu werden. Vielleicht könnte ich mit Ihrer Hilfe meine Ermittlungen erfolgreich abschließen. Deshalb bitte ich Sie mit Nachdruck, dieses idiotische ›Ichsagnichts-Spiel‹ abzubrechen, ehe mir der Kragen platzt!«
Ich hatte die Sache vollkommen falsch angepackt.
Kullman ließ sich meinen Ton nicht bieten. Er schaltete auf stur und knurrte mich frostig an: »So kriegen Sie aus mir überhaupt nichts raus, Ballard!«, wieder presste er seine schmalen Lippen aufeinander, und ich konnte sicher sein, dass ich ihn mit nichts mehr zum Reden bringen würde.
»Darf ich mal, Tony?«, fragte Mr. Silver grollend.
»Prügel helfen da auch nicht«, sagte ich.
Mr. Silver griente. »Wer wird denn so primitiv sein und den Kleinen schlagen?«
Ich war gespannt, mit welchem Kunststück mein Begleiter Kullmans Zähne auseinander bringen wollte, und ließ den störrischen Jockey schnaufend los.
Auf den einfachsten Trick kam ich nicht. Silver baute sich vor Kullman auf und starrte ihm fest in die Augen. Nach dreißig Sekunden war der Mann hypnotisiert.
Der Hüne wandte sich an mich. »Jetzt kannst du ihm deine Fragen stellen. Er wird auf alles antworten.«
Ich machte einen Test. »Wie heißen Sie?«, fragte ich den Jockey.
»Leo Bradford Kullman«, antwortete der Kleine, ohne zu zögern.
Ich nickte meinem Freund zufrieden zu.
»Sie waren ein Freund von Gibbson«, fuhr ich fort.
»Ja«, bestätigte Kullman.
»Erinnern Sie sich an den Tag, an dem Gibbson starb?«
»Ja«, sagte der Jockey.
»Was war los an diesem Tag?«, wollte ich wissen.
Kullmans Augen schauten an mir vorbei in die Leere. Monoton begann er zu erzählen.
Ich erfuhr, wo der Jockey Gibbson begegnet war, hörte von Gibbsons Schulden und dass Kullman dem Freund achthundert Dollar geliehen hatte, aus denen dieser noch am selben Tag zehntausend gemacht hatte. Danach hatte Enzo Muratti erst mal seine viertausend Dollar von Gibbson bekommen. Und später hatte Barry Gibbson eine Party in seiner Wohnung steigen lassen.
Jetzt wurde es interessant.
Ich wies auf die Garderobenbank. »Setzen Sie sich, Kullman.«
Der Jockey kam meiner Aufforderung sogleich nach. Mr. Silver und ich nahmen ihm gegenüber Platz.
»Und nun will ich haarklein erfahren, was sich auf dieser Party ereignet hat, Leo. Haben Sie mich verstanden?«
»Ja.«
»Dann mal los«, nickte ich.
Kullman sprach vollkommen emotionslos. »Es war ein äußerst vergnüglicher Abend. Barry hatte für alles gesorgt. Wir hatten ein reichhaltiges Sortiment an Getränken. Ich brachte die Mädchen mit. Ireen, Mia und Diana…«
Silver und ich erfuhren, wer welches Mädchen bekommen hatte, und Kullman ging in der Folge mit seinen erotischen Schilderungen so weit ins Detail, dass ich ihn mit einigen gezielten Fragen von da wegholen und auf eine interessantere Spur setzen musste.
Schließlich langte er da an, wo Diana die Dia-Sammlung Gibbsons entdeckt hatte. Die Mädchen hatten die Aufnahmen sehen wollen, und so war es an jenem Abend zu einer Lichtbildvorführung gekommen.
Wieder hielt sich Kullman zu sehr mit Einzelheiten auf. Ich trieb ihn weiter.
Plötzlich sagte der Jockey: »Und dann passierte es. Zwölf Dias hatte uns Barry gezeigt. Der dreizehnte Rahmen war leer. Barry starrte entgeistert auf die Leinwand. Wir dachten zuerst, er wollte uns foppen. Das Licht des Projektors knallte auf die Vorführfläche. Es war nichts zu sehen. Und doch schien Barry etwas zu erblicken. Er war verblüfft.«
Leo Kullmans Fistelstimme wurde nun lauter.
Der Jockey erlebte die Aufregung noch einmal.
»Wir konnten immer noch nichts sehen«, fuhr Kullman fort. »Allmählich begann ich mich zu ärgern. Ich verlangte, dass Barry endlich weitermachte. Aber er schien mich nicht zu hören. Ich verlangte, dass jemand Licht machte. Georgie Snow suchte den Schalter. Barry sprang auf. Endlich fand Georgie den Lichtschalter. Barry stand zitternd vor uns. Mia hatte gedacht, er würde Spaß machen, aber ich
Weitere Kostenlose Bücher