GK175 - Dämonenhochzeit
es Ihnen wieder gut?«
Bancroft schaute Vicky an, als wollte er sagen: Was soll die Frage?
Vicky fügte hinzu: »Hat sich dieser… Anfall wiederholt, Mr. Bancroft?«
Der Kassierer schüttelte den Kopf. »Nein. Er kam nicht wieder. Muß wohl daher gekommen sein, daß ich zuviel getrunken habe an jenem Abend.«
»Waren Sie deshalb schon beim Arzt?« erkundigte sich Vicky.
Bancroft schürzte die Unterlippe. »Nein. Ich dachte, wenn es noch mal passiert, dann gehe ich. Aber so… Man sollte sich wegen dieser Eintagsfliege nicht beunruhigen.«
Ich schaltete mich in die Unterhaltung ein: »Vicky machte sich Sorgen um Sie, Mr. Bancroft.«
Der Kassierer lächelte meine Freundin an. »Das ist zwar sehr nett von Ihnen, aber wirklich nicht nötig.«
Ich sagte: »Sie erzählte mir, Sie wären ihr, als sie in Ihrer Bank zu tun hatte, irgendwie verändert vorgekommen.«
Bancroft lachte, als wäre das der Witz des Jahres. Er legte beide Hände auf die Brust und sagte: »Ich bin Ihnen verändert vorgekommen?« Noch einmal lachte er. »Aber Miß Bonney. Wie kommen Sie denn darauf?«
»Sie waren so, so abweisend…« meinte mein Mädchen.
»Unsinn, Miß Bonney. Also wenn Sie das so empfunden haben, muß ich mich nachträglich dafür entschuldigen. Ich wollte bestimmt nicht abweisend zu Ihnen sein. Ich war nur… ein wenig überarbeitet, war in einer miserablen Verfassung. Der Filialleiter hatte mir gerade vorher wegen eines Fehlers die Hölle heißgemacht, und ich war noch wütend, verstehen Sie…?«
Noch vor ganz kurzer Zeit hätte ich ihm alles das abgenommen, was er jetzt zu seiner Rechtfertigung vorbrachte. Aber seit ich ihm gegenüberstand, fühlte ich, daß er nicht die Wahrheit sagte. Er wollte sich herausreden, wollte Vicky überfreundlich von ihrer Meinung abbringen, wollte uns einfach täuschen.
Aber ich merkte es. Dazu brauchte ich nicht einmal die Fähigkeiten von Mr. Silver.
Vicky gab sich mit seiner Rechtfertigung zufrieden. Sie warf mir einen raschen Blick zu. Ich fragte den Kassierer: »Wo ist Ihre Frau, Mr. Bancroft? Vicky hat mir so viel von Vilma erzählt, daß ich – ich hoffe, Sie können mir das verzeihen – neugierig geworden bin. Ich hätte Ihre Gemahlin gern kennengelernt.«
Wieder schoß er einen von seinen vernichtenden Blicken auf mich ab. Er konnte sich nicht gut genug beherrschen, das war sein Fehler. Als Vilmas Name fiel, wirkte Bancroft so, als hätte ich ihn mit einem glühenden Messer durchbohrt.
»Vilma…« stieß er erregt hervor. »Vilma ist nicht da.«
»Wo ist sie?« fragte Vicky. Wenn sie nicht diese Frage gestellt hätte, hätte ich es getan.
»Vilma ist…« Ich merkte, wie der Kassierer angestrengt nachdachte. »Vilma ist bei ihrer Schwester auf Andros Island«, sprudelte Roy Bancroft dann schnell heraus. Ich hätte meinen rechten Arm verwettet, daß das nicht stimmte. Immer öfter fragte ich mich, was dieser Mann vor uns zu verbergen versuchte.
Ich nahm mir vor, Bancroft im Auge zu behalten. Mr. Silver hatte eine dämonische Strahlung in Bancrofts Haus festgestellt. Möglicherweise hatte der Bankangestellte in irgendeiner Form damit zu tun. Das wäre eine plausible Erklärung für seine große Nervosität gewesen. Und auch für seine deutliche Abneigung Mr. Silver gegenüber.
Ich fand es taktisch nicht klug, Bancroft jetzt gleich festnageln zu wollen. Er sollte nicht ahnen, daß wir bereits Lunte gerochen hatten. Er sollte sich vorläufig noch in Sicherheit wiegen. Das brachte uns gewiß weiter, als wenn wir ihn jetzt frontal angegriffen hätten, denn darauf war er vorbereitet. Nicht jedoch auf einen Angriff auf die ungedeckte Flanke. Aber dafür mußte man die nötige Geduld aufbringen.
Man mußte warten, können. Ich konnte es.
Vicky bat ihn, Vilma von ihr zu grüßen.
»Das mache ich gern«, erwiderte Bancroft.
Mir fiel etwas ein.
Vielleicht war er zu uns nur deshalb so komisch, weil ihm die Angst im Nacken saß. Vielleicht hatte ihn irgendein Dämon unter Druck gesetzt.
Deshalb streckte ich ihm – bildlich gesprochen – die Hand entgegen und sagte versöhnlich: »Wenn Sie irgendwann mal Hilfe brauchen sollten, Mr. Bancroft…«
Er ließ mich gar nicht erst weiterreden, sondern schüttelte heftig den Kopf und knurrte: »Vielen Dank, Mr. Ballard. Aber ich habe niemandes Hilfe nötig.«
Er mußte es schließlich wissen. Wir verabschiedeten uns von ihm. Er blieb am Strand stehen, machte keine Anstalten, zu seinem Haus zurückzukehren. Kerzengerade stand er
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