GK175 - Dämonenhochzeit
schon nicht mehr zu Gesicht bekommen.«
»Aus irgendeinem triftigen Grund?«
»Nein. Sie kommt nicht sehr regelmäßig zu mir herüber. Manchmal bleibt sie noch länger weg, ehe es ihr wieder mal einfällt, daß sie eine Schwester hat.«
»Besuchen Sie sie denn niemals?« fragte ich, während ich mich im Gemüsegarten umsah. Da war wirklich alles vorhanden, was Vitamine in sich barg.
»Ehrlich gesagt, ich komme mit Roy nicht ganz klar. Er ist zwar ein netter Junge, und er ist bestimmt sehr gut zu meiner Schwester. Aber er hat eben nicht meine Wellenlänge. Wir mögen einander nicht. Deshalb finde ich es vernünftiger, wenn Vilma zu mir kommt. Ohne ihren Mann.«
Karen bat mich ins Haus. Die Möbel waren schlicht, aber sehr bequem. Sie fragte, ob ich etwas zu trinken haben wollte. Ich sagte ja und bekam einen Bourbon mit viel Eis. Nachdem sie den Sonnenhut abgenommen hatte, brachte sie vor einem kleinen Spiegel schnell die Frisur in Ordnung. Sie war hübsch. Trotz der schäbigen Kleidung, die sie trug. Sie setzte sich mit, einem Drink zu mir.
»Wer hat Ihnen gesagt, daß Sie Vilma hier bei mir antreffen würden, Mr. Ballard?«
»Roy Bancroft. Ihr Schwager, Miß Craig.«
Karen schaute mich erstaunt an. »Roy? Wie kommt er denn darauf?«
Ich nippte vom Bourbon. Dann sagte ich: »Ich glaube, ich muß ein bißchen weiter ausholen, damit Sie mein Interesse an Vilma Bancroft verstehen können, Miß Craig.« Ich fing mit Roys Ohnmacht an, erzählte von Vicky Bonney und Barbara Fenton, die den Bankkassierer einen schrecklichen Schrei ausstoßen gehört hatten, erwähnte, daß Vicky kurz darauf aufgefallen war, daß sich Roy irgendwie verändert hatte und daß dies nun auch von Bancrofts Kollegen bestätigt worden war. In meiner Rede gab es keine Geister und keine Dämonen. Ich vermied das Thema der bösen Strahlung, die Mr. Silver -eindeutig festgestellt hatte, um Karen Craig nicht unnütz zu beunruhigen. Ich behauptete lediglich, daß ich den Eindruck gewonnen hätte, Roy hätte mir nicht die Wahrheit gesagt, als er behauptete, Vilma befände sich bei seiner Schwester. Und nun wollte ich wissen, warum er gelogen hatte.
»Das würde mich, auch interessieren, Mr. Ballard!« sagte Karen düster. »Was für einen Grund kann Roy haben, Sie zu belügen?«
Ich hob stumm die Achseln.
»Also gelogen hat Roy bis jetzt noch nie, das weiß ich von Vilma«, behauptete Karen. Sie trank nachdenklich. »Er muß einen triftigen Grund dafür haben.« Das Mädchen schaute mich plötzlich erschrocken an. »Mein Gott, Mr. Ballard, er wird doch meiner Schwester nichts… angetan haben.«
»Wäre er dazu fähig?«
»Ich weiß es nicht. Offengestanden, ich würde ihm – obwohl ich ihn nicht mag – kein Verbrechen zutrauen… Und doch… Wenn er Ihnen bewußt die Unwahrheit gesagt hat, muß mir das doch zu denken geben!«
»Da haben Sie recht, Miß Craig.« Ich sagte, daß Vilma Bancroft seit zwei Tagen nicht mehr zu Hause war.
Karen schaute mich mit ihren himmelblauen Augen bettelnd an. »Werden Sie Vilma suchen, Mr. Ballard?«
»Natürlich. Ich bin Privatdetektiv. Derzeit zwar auf Urlaub, aber wer kann schon völlig abschalten, wenn sich einem Ungereimtheiten wie diese aufdrängen.«
»Sollten wir nicht die Polizei einschalten?«
»Das habe ich vor. Ich will nur noch einen Tag abwarten. Wenn Vilma Bancroft dann immer noch nicht nach Hause zurückgekehrt ist, wende ich mich an die Behörden.«
»Ich bitte Sie, halten Sie mich auf dem laufenden, Mr. Ballard.«
»Das mache ich.«
»Herrje«, sagte Karen und blickte auf ihre zitternden Hände. »Wenn Vilma bloß nichts Schlimmes zugestoßen ist.«
Ich versprach, mich wie bisher um die Sache zu kümmern, leerte mein Glas, erhob mich, bedankte mich für den Drink und verließ das Haus. Karen begleitete mich bis zur Tür. Sie hatte feuchte Augen.
Zu Mittag war ich wieder in unserem Hotel. Ich aß mit Vicky, während Mr. Silver auf Roy Bancroft aufpaßte. Allmählich gewann ich allerdings den Eindruck, daß wir auf die Tour nicht weiterkommen würden. Wir mußten uns irgend etwas anderes einfallen lassen. Etwas, womit wir Roy Bancroft aus der Reserve locken konnten. Es war wichtig, ihn in eine Falle zu manövrieren und ihm dann blitzschnell die Maske vom Gesicht zu reißen.
Morgen! dachte ich grimmig. Morgen werden wir irgend etwas in dieser Hinsicht unternehmen. Ich hatte vor, Vicky und Mr. Silver zu Rate zu ziehen. Vielleicht hatte einer von ihnen eine brauchbare Idee, wie wir
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