GK187 - Der Geisterberg
knapp. Er war müde.
»Kendal Blake ist Ihr Name, nicht wahr?«
»Stimmt.«
»Ich habe in Tokio vier Filme von Ihnen gesehen. Ich glaube, es gibt zur Zeit keinen besseren Regisseur als Sie.«
»Vielen Dank, Mr. Kabajashi.«
Der Japaner sprach ein leicht gefärbtes Englisch. Man konnte ihn aber sehr gut verstehen.
»Stört es Sie, wenn ich bei den Dreharbeiten zusehe, Mr. Blake?«
»Durchaus nicht – solange Sie mir, wenn ich arbeite, nicht vor den Füßen herumlaufen.«
»Oh, ich werde mich selbstverständlich im Hintergrund halten.«
»Dann können Sie gern zusehen.«
Zeno Kabajashi lächelte. »Ich hätte nie gedacht, daß Regie ein so harter Job ist. Sie haben es nicht leicht.«
»Es ist nicht immer so schlimm«, sagte Kendal Blake. Er holte seine Zigaretten hervor.
Kabajashi lehnte das angebotene Stäbchen ab. »Vielen Dank, Mr. Blake. Ich rauche nicht.«
»Dann leben Sie gesünder als ich. Ich rauche viel zuviel. Zwei Päckchen am Tag. Das macht der Ärger.«
»Was für eine Art von Film drehen Sie hier?« erkundigte sich der Japaner.
»Es wird ein Abenteuerstreifen, mit allem Drum und Dran. Liebe. Haß. Politik. Sex. Ein bißchen Horror-Touch. Wir versuchen, die brisanteste Mischung zusammenzukriegen.«
»Oh, ich bin sicher, daß Ihnen das gelingen wird. Mit den Schauspielern, die Ihnen zur Verfügung stehen… Ich hatte Gelegenheit, Angus Portland in einem Kriegsfilm zu sehen. Und Dorothy Fosse habe ich in zwei Krimis erlebt. Sie ist eine grandiose Schauspielerin.«
»O ja. Das ist sie.«
»Ich bin ein Fan von ihr.«
»Sie ist ein bißchen verrückt. Sie haben’s selbst gesehen.«
»Das stört mich nicht. Sind nicht alle Künstler mehr oder weniger verrückt?«
»Doch. Ja. Mehr oder weniger. Sie ist es mehr. Aber auch ich bin nicht ganz richtig im Schädel. Wie wäre es sonst zu erklären, daß ich die Fosse und Portland in einem Film herausbringen möchte.«
»Ob ich mir von Miß Fosse ein Autogramm holen darf?« fragte Zeno Kabajashi mit einem scheuen Blick.
Kendal Blake schüttelte mit einem schwachen Lächeln den Kopf. »Ich fürchte, dazu ist jetzt nicht der günstigste Zeitpunkt. Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf: Versuchen Sie’s lieber ein andermal.«
»Das mache ich«, nickte der Japaner. »Und… vielen Dank für dieses Gespräch, Mr. Blake.«
***
Der Mond verkroch sich langsam hinter einer düsteren Wolkenbank. Nur ab und zu schickte er sein fahles Licht zur Erde hinab. Es war windig. Die Wipfel der Palmen bewegten sich unruhig und knisterten geisterhaft. Oben beim Totenfelsen heulte der Wind ein schauriges Lied. Er fegte in die Leichenkörbe, rüttelte an den starren Toten, versuchte ihre dürren Arme und Beine zu bewegen.
Und plötzlich bewegte sich tatsächlich ein Leichnam.
Unendlich langsam hob er den Kopf. Die graue, eingetrocknete Haut knirschte an seinem Nacken. Der Schädel bleckte die verfaulten Zähne. Die knochendürren Hände öffneten und schlossen sich. Das schüttere weiße Barthaar, das am Kinn des Toten hing, zitterte im Wind.
Ächzend richtete sich das Monster auf.
Es streckte die starren Glieder. Ein grauenerregendes Knarren entstand in den trockenen Gelenken.
Der Leichnam beugte sich über den Rand des Totenkorbes. Mit unbeholfenen Bewegungen kletterte er zur Erde hinunter. Seine leeren Augenhöhlen wandten sich dem Wind zu. Die Kiefer klappten ächzend auseinander. Der Wind fauchte dem Unhold in den Mund. Es hatte den Anschein, als würde dem Leichnam in diesem Augenblick eine neue Seele eingehaucht.
Ohne Eile verließ der Tote das Felsengrab.
Seine mumifizierten Beine stampften hart auf den Boden. Er trat auf einen flachen Stein. Der Stein zersplitterte. Unheimliche Kräfte wohnten in dem dürren Leib.
Das Monster tauchte im Dickicht unter. Äste brachen. Junge Bäume wurden entwurzelt und zur Seite geschleudert. Unbeirrbar setzte der Tote seinen Weg fort. Es gab nichts, was ihn aufhalten konnte…
***
Portland trat grinsend in Lambeths Zelt. »Nun wohnen wir schon seit einer Woche in dieser gottverdammten Wildnis, und ich habe mich noch nicht darum gekümmert, wie du untergebracht bist«, sagte Angus freundlich.
Lambeth musterte ihn mißtrauisch. Der Kerl kam nicht ohne Grund zu ihm. Der wollte etwas von ihm. Lambeth saß auf seinem Bett. Er hatte schon wieder getrunken, obwohl Blake ihm das verboten hatte. Er scherte sich nicht um dieses Verbot. Sollte Blake sich lieber um Dorothy und Angus kümmern. Was die beiden täglich
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