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GK198 - Der Stierdämon

GK198 - Der Stierdämon

Titel: GK198 - Der Stierdämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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hob erstaunt eine Braue. »Weshalb?«
    »Mr. Rodensky möchte Sie sehen.«
    Ich schien ziemlich dumm aus der Wäsche zu gucken, denn der Fremde lächelte wieder. »Wer sind Sie?« fragte ich ihn verwirrt.
    »Ich bin Rechtsanwalt«, antwortete er freundlich, und er deutete eine kleine Verneigung an. »Mein Name ist Mahmud Musa.«
    ***
    Sie waren genau so angekettet, wie es Melissa gewesen war: zwischen zwei mächtigen schwarzen Säulen. Man hatte ihnen die Kleider am Leib gelassen. Sie wußten nicht, wo sie sich befanden, und Melissa war nicht bei ihnen.
    Vladek Rodensky hob müde den Kopf. Die Beine schmerzten ihn fürchterlich. Er konnte kaum mehr auf ihnen stehen. Die Fußsohlen brannten wie Feuer. Hin und wieder sank er in den Knien ein. Dann hatten seine Schultergelenke das ganze Körpergewicht zu tragen, denn die Ketten gaben keinen Millimeter nach.
    Links von Rodensky stöhnte Snow. Seine Ketten klirrten. Er hob den Kopf. Rodensky schaute zu ihm hinüber. Er wollte dem Engländer Mut zusprechen, doch hatte das in dieser Situation noch einen Sinn? Mußte Snow darüber nicht in lodernder Verzweiflung hellauf zu lachen anfangen?
    »Ich glaube, ich verdurste«, sagte Snow mit blecherner Stimme. Er konnte kaum noch den Kopf geradehalten.
    »Sie dürfen nicht aufgeben, Hank«, sagte Vladek eindringlich.
    »Ach, hören Sie doch auf, Rodensky. Es hat keinen Zweck mehr, sich etwas vorzumachen. Wir sind verloren. Es gibt keine Hoffnung mehr für uns. Versuchen Sie nicht mir weiszumachen, Sie sähen unsere Lage anders. Wir werden krepieren. Sie wissen das so gut wie ich.« Der Brite knirschte mit den Zähnen. »Verdammt, ich würde alles ertragen, ohne zu klagen, wenn ich Melissa in Sicherheit wüßte.«
    »Was soll Ihr verfluchter Pessimismus?« schimpfte Rodensky ärgerlich. »Noch sind wir am Leben!«
    »Was für ein Leben ist das denn, he? Wir – jedenfalls ich… Zum Teufel, wir sind doch schon halb tot. Denken Sie, da kommt noch eine Chance für uns? Sind Sie wirklich so naiv, Vladek?«
    Snows Kopf sank langsam wieder nach unten.
    Rodensky blickte wütend in die Dunkelheit, die sie umgab. Nur zwischen den schwarzen Säulen war ein wenig Licht. Weiter als drei Meter konnten die Gefangenen nicht sehen.
    »Verflucht, warum müssen Dämonen nur so entsetzlich grausam sein?« stöhnte Snow. Sein Kinn lag jetzt auf der Brust.
    »Je grausamer sie sind, desto besser sind sie in der Hölle angeschrieben«, sagte Rodensky bitter.
    »Was wird man mit uns machen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Lassen die uns hier einfach hängen, bis wir selbst drauf gehen?«
    »Ich nehme an, der Stierdämon wird uns ins Schattenreich verbannen.«
    »Wie macht er das?« fragte Snow.
    »Keine Ahnung«, gab Rodensky zurück. Er wußte es wirklich nicht.
    Drüben bäumte sich Snow plötzlich kreischend auf. »Neiin!« schrie er. »Ich will nicht! Ich will nicht sterben! Ich will leben! Mit Melissa! Was habe ich denn schon verbrochen? Ich habe fotografiert. Es ist mein Beruf. Es war mein Auftrag, Mausoleen zu fotografieren! Ich habe doch keinerlei Schuld auf mich geladen? Warum muß ich sterben? Warum soll Melissa Dämonenkinder zur Welt bringen? Warum passiert all das Scheußliche?«
    Wie von Sinnen riß Snow an seinen klirrenden Ketten. Er warf sich hin und her, brüllte, schluchzte und tobte. Doch der Anfall kostete ihn zuviel Kraft. Ein letzter ersterbender Schrei entrang sich seiner ausgetrockneten Kehle. Dann sank er erschöpft in sich zusammen, soweit dies die dickgliedrigen Ketten zuließen.
    Rodensky hatte Mitleid mit dem Mann, und er war wütend darüber, daß es ihm nicht möglich war, Snow zu helfen. Nicht einmal Trost zusprechen konnte er ihm, denn es gab hier unten in diesem unendlichen Dunkel keinen Trost mehr.
    Plötzlich zuckte Rodensky zusammen.
    Er vernahm ein feindseliges Schnaufen, ein wütendes Stampfen, und es stank mit einemmal gräßlich nach Schwefel.
    Aus der Dunkelheit lösten sich zwei grausige Gestalten: der geflügelte Stier und Mesos, sein gesichtsloser Knecht, der auf seinem Rücken saß.
    Der Stierdämon hatte glühende Augen. Übelriechende Schwefelwolken fauchten aus seinen geblähten Nüstern. In seinem zotteligen Haar zwischen den schwarzen Hörnern blitzten winzige Goldklümpchen. Aus den kräftigen Schultern wuchsen die zuckenden Flügel. Mächtige Schwingen waren es, mit deren Schlag sich der Dämon weit in die Lüfte heben konnte.
    Laut stampften die schwarzen Hufe auf den Boden. Sie ließen die Säulen

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