GK198 - Der Stierdämon
Beschreibung von Tätern vorhanden war, wurde sie an alle Polizeistationen ausgegeben. Ebenso eine Beschreibung der gekidnappten Person. Und wenn es ganz hoch herging, wurde die Öffentlichkeit über Rundfunk und Fernsehen um Mithilfe gebeten. Danach wurde nur noch abgewartet. Und das war mir zuwenig.
Selbstverständlich sagte ich das dem Inspektor nicht. Aber er schien meine Gedanken zu erraten, denn er zuckte bedauernd die Achseln. Mehr könne er im Moment leider nicht tun, meinte er.
Ich dachte, es wäre an der Zeit, das heikelste Thema anzuschneiden, das es zur Zeit in dieser Stadt gab. »Was halten Sie persönlich von der Bande des geflügelten Stiers, Inspektor?«
Ein Ruck ging durch Aftabe Jamshids schlanken Körper. »Was wissen Sie davon?« fragte er zurück.
Ich sagte ihm, was ich wußte, und hoffte, daß er mir ebenso ehrlich sagte, was er wußte.
Seine Brauen zogen sich zusammen. Sein dunkles Gesicht verfinsterte sich. »Diese Bande ist eine schlimme Plage, Mr. Ballard.«
»Wird von polizeilicher Seite etwas gegen sie unternommen?«
»Wir versuchen Leute, die im Verdacht stehen, Mitglieder dieser Bande zu sein, rechtzeitig aus dem Verkehr zu ziehen. Selbstverständlich können wir nicht so gegen diese Personen vorgehen, wie wir gerne möchten.«
»Wieso nicht?«
»Weisung von oben: Es gibt keinen Stierdämon. Sie verstehen?«
Ich nickte. »Man hat Angst, sich lächerlich zu machen.«
»Das auch.«
»Was noch?« fragte ich.
»Man befürchtet, die Öffentlichkeit zu beunruhigen.«
»Die ist schon beunruhigt.«
»Wenn die Existenz des Stierdämons offiziell anerkannt wurde, würde in Teheran eine Panik ausbrechen, die wir unter allen Umständen vermeiden müssen.«
»Verstehe. Deshalb versuchen Sie sozusagen hinter den Kulissen der Bande des geflügelten Stiers Herr zu werden.«
»Gewissermaßen.«
»Wie viele Mitglieder hat die Bande schätzungsweise?« erkundigte ich mich.
»Das weiß niemand genau.«
»Aber es gibt gewiß eine Dunkelziffer. Ihr Polizisten müßt doch mit irgendeiner Zahl jonglieren«, sagte ich grinsend.
»Es könnten zweihundert bis dreihundert Leute sein«, gab Inspektor Jamshid achselzuckend zurück.
Ich stieß einen erstaunten Pfiff aus. »So viele schon?«
»Der Stierdämon versuchte die einflußreichsten Leute in dieser Stadt auf seine Seite zu bekommen«, sagte Aftabe Jamshid mit grimmiger Miene. Das warf für mich die nächste Frage auf.
»Wie steht’s mit Ihnen?«
Er hätte jetzt beleidigt oder empört sein können, doch er blieb ernst, kühl und sachlich. »Ich hatte zum Glück noch keinen Kontakt mit dem Bösen.«
Ich wies auf meinen magischen Ring. »Bitte verstehen Sie mich jetzt nicht falsch, Inspektor. Aber wenn Sie die Sache objektiv betrachten, müssen Sie zugeben, daß ich Ihre Worte mit einiger Skepsis aufnehmen muß.«
»Sie meinen, ich könnte mit dieser Bande unter einer Decke stecken und Sie belügen?«
Ich lächelte kurz. »Wir wollen es nicht Lüge nennen. Es könnte ein Schachzug sein. Mit Hilfe dieses Ringes könnte ich einwandfrei feststellen, ob Sie… sauber sind.«
Jamshids Augen verengten sich. Hatte er Angst vor meinem Ring?
»Was ist das für ein Ring?« fragte er.
»In ihm wohnen magische Kräfte.«
»Woher haben Sie ihn?«
Ich erzählte dem Inspektor die Geschichte des schwarzen Steins, der einstmals weiß und ein Lebensstein von sieben schrecklichen Hexen gewesen war. Es hatte damals geheißen, man könne die Hexen nur dann vernichten, wenn es einem gelang, an ihren Stein, den sie streng bewachten, heranzukommen und seine höllische Glut mit dem eigenen Blut zu löschen. Das hatte ich getan. Ich war damals noch Polizeiinspektor in einem kleinen englischen Dorf gewesen…
»Und Sie wollen mich mit diesem Ring testen?« fragte Jamshid verwundert.
»Ja.«
Er zögerte. Dann fragte er: »Was muß ich tun?«
Ich legte meine Hand auf seinen Schreibtisch und verlangte von ihm, er solle seine Hand auf meinen Ring legen. Wieder zögerte er. Hieß das, daß er nicht in der Lage war, meinen magischen Ring zu berühren? Wenn es so war, dann schlummerte das Böse in ihm, dann mußte ich mich vor ihm verdammt in acht nehmen.
Er lachte verlegen. »Ehrlich gesagt, ich finde diesen Test albern, Mr. Ballard.«
»Warum sagen Sie nicht offen heraus, daß Sie sich vor der magischen Kraft meines Ringes fürchten, Inspektor?«
Niemand durfte Aftabe Jamshid nachsagen, er hätte vor irgend etwas Angst. Der Inspektor war nicht leicht
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