GK225 - Die Puppen mit den Todeskrallen
Skipper.
»Ja. Ich werde da weitermachen, wo mein Vater aufgehört hat.«
Skipper zuckte zusammen, als wäre ein Stromstoß durch das Lenkrad gefahren. »Du willst das Sägewerk weiterbetreiben?«
»Ist das denn ein so abwegiger Entschluß?«
»Der Betrieb ist ziemlich heruntergewirtschaftet…«
»Ich werde ihn wieder in Schwung bringen«, sagte Ross zuversichtlich. »Es gibt zuwenig Aufträge.«
»Ich werde für neue Aufträge sorgen.«
Harry Skipper wiegte den Kopf. »Das wird nicht so leicht sein, Hector. Du mußt mit einer übermächtigen Konkurrenz rechnen.«
Ross’ Züge verdüsterten sich. »Warum nennst du das Kind nicht gleich beim Namen? Ich werde gegen den Riesen Brian Capone kämpfen müssen.«
»So ist es leider, Hector. Und über Capone brauchen wir beide wohl kein weiteres Wort zu verlieren. Er ist ein verdammt harter Geschäftsmann.«
»Ich werde das schon schaffen.«
»Er wird dich mit seinem Geld fertigmachen. Warum verkaufst du das Sägewerk nicht an ihn?«
»Warum hat mein Vater nicht an ihn verkauft?«
»Dein Vater war starrsinnig, das weißt du.«
»Und ich bin es auch!« sagte Ross frostig. »Was immer Capone mir anbieten wird, das Sägewerk bekommt er nicht, darauf kannst du Gift nehmen, Harry.«
Skipper seufzte und verdrehte die Augen. »Vielleicht wäre dein alter Herr noch am Leben, wenn er an Capone verkauft hätte.«
Ross’ Kopf ruckte herum. »Was willst du damit sagen, Harry?«
Skipper wehrte mit einer Hand fuchtelnd ab. »Nichts.«
»Raus mit der Sprache. Was ist passiert, Harry? Rede! Hat Capone sich etwa an meinem Vater vergriffen?«
»Lieber Himmel, geh doch nicht gleich in die Luft, Hector. Dein Vater ist tot, weil sein Herz stehengeblieben ist. Ich denke, das kann man Capone nicht in die Schuhe schieben, oder?«
»Warum sagst du mir nicht alles, was du weißt, Harry?« fragte Ross vorwurfsvoll.
»Sieh mal, Hector. Ich bin ein kranker Mensch. Mir schadet jede Aufregung… Wollen wir nicht über etwas anderes sprechen? Hm?«
Ross preßte die Kiefer zusammen und ballte die Fäuste. Er starrte mit kalten Augen durch die dreckige, zerkratzte Frontscheibe und dachte: Capone! Brian Capone! Verdammt noch mal, ich nehme den Kampf mit dir auf! Und solltest du Schuld am Tod meines Vaters haben, dann gnade dir Gott!
***
Er stand vor dem Sägewerk. Tränen schimmerten in seinen Augen. Wieder zu Hause. Aber kein alter Herr mit grauen Haaren kam aus dem Blockhaus, um ihn zu begrüßen, lachend in die Arme zu schließen und an die väterliche Brust zu drücken. Eine lähmende Stille lastete über dem Haus und dem dahinter liegenden Betrieb.
Hector Ross war gerührt und mußte mehrmals schlucken.
Harry Skipper war nicht ausgestiegen. Er war im Wagen sitzengeblieben, hatte bloß gewartet, bis Ross den Koffer aus dem Fond geholt hatte, und war dann nach Wantage zurückgefahren. Ross war allein mit seinem Schmerz und mit der quälenden Trauer um seinen alten Vater.
Vielleicht war es nicht richtig gewesen, nach Kanada zu gehen, aber Hector hatte hier keine Zukunftschancen für sich gesehen, und sein Vater hatte kein einziges Mal gesagt, er solle nicht fortgehen. Zum Teufel, hätte er es bloß gesagt, dann wäre er hiergeblieben, und es wäre vielleicht vieles anders geworden.
Ross nahm seinen schweren Koffer auf.
Da vernahm er plötzlich ein kurzes Rascheln im nahen Unterholz. Er zuckte mit finsterer Miene zusammen.
Dort!
Was war denn das? Spielten ihm seine Sinne etwa einen Streich? Für einen Sekundenbruchteil glaubte er, ein zwergenähnliches Wesen zu sehen. Schon war es wieder weg. So schnell, als wäre es niemals dagewesen. Hector schloß verwirrt die Augen. Eine Puppe? War das eben eine hölzerne Puppe gewesen? Er versuchte, sich das reglose Gesicht der Erscheinung ins Gedächtnis zurückzurufen und schauderte unwillkürlich. Eine grauenerregende Fratze war das gewesen. Dunkel. Mit häßlichen Beulen bedeckt. Und mit mordlüstern glühenden Augen.
Ross schüttelte verärgert den Kopf.
Was war los mit ihm? Fing er vielleicht zu spinnen an?
Holzpuppen, die lebten, gab es nicht. Das war wider jegliche Vernunft. Also warum redete er sich einen solchen Blödsinn ein? Wie konnte er dermaßen fest davon überzeugt sein, etwas gesehen zu haben, was es nicht geben konnte?
Wütend lief er zu der Stelle, wo die vermeintliche Puppe gestanden hatte. Der Boden war hier sandig. Nervös bückte sich Hector. Und dann weiteten sich seine Augen in grenzenloser
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